Erfurt Studie: Tausende Erzieher für mehr Kita-Qualität nötig
In Thüringen wären einer Studie zufolge Tausende zusätzliche Erzieherinnen und Erzieher nötig, um die Betreuungsqualität in den Kindergärten signifikant zu verbessern. Demnach müssten im Freistaat bis 2030 rund 6000 Erzieherinnen zusätzlich eingestellt werden, um eine Betreuung zu erreichen, die wissenschaftlichen Empfehlungen entsprechen würde, wie aus dem am Dienstag vorgelegten Ländermonitoring Frühkindliche Bildungssysteme der Bertelsmann-Stiftung hervorgeht.
Die Studienautoren zufolge muss sich in Thüringen eine Kita-Erzieherin um zu viele Kinder kümmern. Rechnerisch komme in dem Krippengruppen eine Vollzeitbeschäftigte auf 5,4 Kinder, in den Kindergartengruppen seien es 11,1 Kinder. Demnach müsse eine Erzieherin oder ein Erzieher in Thüringen rechnerisch drei Kindergartenkinder mehr betreuen als in westdeutschen Bundesländern.
"Thüringen bietet seinen Kita-Kindern - gemessen an den Personalschlüsseln - demnach noch immer deutlich schlechtere Bildungschancen als westdeutsche Bundesländer", teilte die Bertelsmann-Stiftung mit.
Der Bedarf von 6000 zusätzlichen Erzieherinnen und Erziehern bis 2030 sei weder durch die Aufstockung der Ausbildungskapazitäten zu schließen noch durch Quereinsteiger, heißt es in einer Mitteilung. Als Etappenziel schlagen die Studienautoren daher eine Angleichung des Personalschlüssels zunächst an das West-Niveau vor.
Erneut hoben die Autoren jedoch das Betreuungsangebot und die Teilhabechancen im Freistaat positiv hervor. Demnach besucht mehr als die Hälfte der unter Dreijährigen in Thüringen (55 Prozent) eine Kita oder Kindertagespflege. In westdeutschen Ländern sind dies dagegen nur 31 Prozent dieser Altersgruppe. In Thüringens Nachbarland Sachsen-Anhalt lag der Anteil sogar noch höher - bei 58 Prozent.
Bereits in den vergangenen Jahren hatte das Ländermonitoring der Bertelsmann-Stiftung den Personalschlüssel an Thüringer Kitas kritisiert. Das Thema wird auch zwischen den im Thüringer Landtag vertretenen Parteien kontrovers diskutiert - etwa in der Abwägung, ob etwa in weitere beitragsfreie Kita-Jahre oder stärker in eine Personalaufstockung investiert werden sollte.
So pochen die Grünen seit Längerem darauf, die Betreuungsqualität zu verbessern. Dies sei ihnen wichtiger als ein weiteres beitragsfreies Kita-Jahr, wie die Grünen-Fraktion zuletzt immer wieder klar machte.
Ähnlich äußerte sich der bildungspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Thomas Hartung: "Bevor wir wichtige Projekte wie ein drittes beitragsfreies Kita-Jahr angehen, müssen wir die Kita-Qualität deutlich verbessern." Die Linke forderte zuletzt, sowohl den Personalschlüssel zu verbessern als auch ein drittes kostenloses Kita-Jahr einzuführen.
Der bildungspolitische Sprecher der Linke-Fraktion, Torsten Wolf, erklärte, die Ergebnisse der Bertelsmann-Studie seien für Thüringen "wenig belastbar". "Anders als in den West-Bundesländern können sich die Thüringer Familien darauf verlassen, dass im Kindergarten im Ganztag betreut und gebildet wird", erklärte Wolf. Außerdem gelte in Thüringen eine einhundertprozentige Fachkräftequote, "während in den alten Bundesländern selbst Gemeindehelfer als "Fachkraft am Kind" mitgerechnet würden.
In Thüringen besuchten zum Stichtag 1. März 93.130 Kinder im Alter von unter 14 Jahren eine der 1335 Kitas oder wurden von den 262 Tagesmüttern und -vätern betreut, wie das Statistische Landesamt mitteilte. Dies seien 2328 Kinder und damit 2,4 Prozent weniger gewesen als ein Jahr zuvor.
Den Daten zufolge arbeiteten Anfang März 18 547 Menschen in den Thüringer Kindertageseinrichtungen und damit 1,7 Prozent mehr als im Vorjahr. Der Anteil der Männer in diesem Beruf ist weiterhin gering: Nur 966 Männer arbeiteten zum Stichtag als Erzieher. Damit war nur rund jeder 17. Beschäftigte in den Kitas ein Mann.