Erfurt Thüringer wollen Neuwahl: Mehrheitsverhältnisse schwierig
Auch nach der gescheiterten Landtagsauflösung wünscht sich eine deutliche Mehrheit der Thüringer eine vorgezogene Neuwahl. In einer Umfrage von Infratest-dimap im Auftrag des MDR befürworteten dies 67 Prozent, also rund zwei Drittel der Befragten. Für eine Fortsetzung der aktuellen Minderheitsregierung aus Linker, SPD und Grünen sprach sich dagegen nur ein Viertel (25 Prozent) aus.
Nach einer Vereinbarung von Linker, SPD und Grünen mit der CDU hätte der Landtag am 19. Juli seine Auflösung beschließen sollen. Allerdings wurde die Sondersitzung abgesagt, weil sich abgezeichnet hatte, dass die erforderliche Zweidrittelmehrheit nicht zustande kommen würde.
Auch der Weg über die Vertrauensfrage des Ministerpräsidenten zu einer Neuwahl gilt als versperrt, weil jede Fraktion innerhalb von drei Wochen nach einer gescheiterten Vertrauensfrage eine neue Ministerpräsidentenwahl beantragen könnte. In weiten Teilen der Abgeordneten gibt es die Befürchtung, dass die AfD diesen Schritt gehen und einen eigenen Ministerpräsidentenkandidaten aufstellen könnte.
Gegner einer Neuwahl hatten argumentiert, dass sich im Zuge einer Landtagswahl wohl nichts an den schwierigen Mehrheitsverhältnissen in Thüringen ändern würde. So hatte unter anderem FDP-Fraktionschef Thomas Kemmerich die Ablehnung einer Landtagsauflösung seiner Fraktion begründet.
Der neuen Umfrage zufolge hätte Rot-Rot-Grün weiterhin keine Mehrheit in Thüringen. Zwar bliebe die Linke mit 27 Prozent stärkste Kraft. Sie büßte aber im Vergleich zur vorherigen Umfrage im März zwei Prozentpunkte ein. Die SPD käme auf 11 Prozent (plus 1), die Grünen erreichten 6 Prozent (plus 1). Zweitstärkste Kraft würde laut der Sonntagsfrage mit 22 Prozent die AfD (minus 1), gefolgt von der CDU mit 21 Prozent (minus 1). Die FDP käme unverändert auf 6 Prozent.
Linksfraktionschef Steffen Dittes schrieb am Dienstag beim Kurznachrichtendienst Twitter, die Thüringer erwarteten klare Verhältnisse. "Es liegt nach gescheiterten Neuwahlen in Verantwortung der demokratische Fraktionen zu zeigen, dass auch unter diesen Bedingungen im @ThuerLandtag Aufgaben verantwortungsvoll angegangen werden."
Die Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen, Astrid Rothe-Beinich schrieb ebenfalls bei Twitter, das Scheitern der Landtagsauflösung sei "bitter". "Nun gilt es, uns zusammenzuraufen, den #Haushalt auf den Weg zu bringen und notwendige Entscheidungen für #Klimaschutz und gute #Bildung - aber sicher zu treffen - im Sinne der Menschen in #Thueringen."
Thüringens CDU-Generalsekretär Christian Herrgott sieht in der neuen Umfrage ein sinkendes Vertrauen in Landesregierung. "Die überwiegende Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger hat sich daher Neuwahlen gewünscht, weil sie sich nach einer stabilen Regierung sehnt – und nicht nach Stillstand, wie ihn Bodo Ramelow verkörpert", teilte Herrgott mit.
Die Auflösung des Landtages war unter anderem gescheitert, weil vier CDU-Abgeordente entgegen der Vereinbarung mit Rot-Rot-Grün nicht für die Auflösung stimmen wollten. Im Zuge dessen weigerten sich zwei Linke-Abgeordnete ihre Stimmen zu geben, um zusammen mit einer Abgeordneten der FDP-Fraktion die Auflösung zu verabschieden.
Nach dem Auslaufen des sogenannten Stabilitätsmechanismus' mit der CDU fehlen Rot-Rot-Grün im Landtag vier Stimmen für eine Mehrheit. Bislang ist völlig unklar, wie angesichts dieser Situation ein Haushalt für 2022 verabschiedet werden kann.