Erfurt Minister gegen mehr verkaufsoffene Sonntage in Thüringen
In Thüringen wird es nach dem Corona-Lockdown wahrscheinlich keine zusätzlichen Ladenöffnungszeiten an Sonntagen in diesem Jahr geben. Wirtschaftsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) lehnte entsprechende Forderungen nach einer Ausweitung der verkaufsoffenen Sonntage ab. Jeder Euro könne nur einmal ausgegeben werden, sagte der Minister der Deutschen Presse-Agentur. Dafür reichten die derzeit in Thüringen pro Jahr erlaubten vier verkaufsoffene Sonntage neben den regulären Öffnungszeiten aus.
Angesichts der Probleme vieler Einzelhändler, die ihre Geschäfte während der Corona-Pandemie monatelang geschlossen halten mussten, hatte sich das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) für eine Lockerung der Ladenöffnungszeiten ausgesprochen. Für flexiblere Öffnungszeiten als Konjunkturhilfe hatten auch der Städtebund und der Handelsverband Deutschland (HDE) plädiert.
Nach Meinung von Tiefensee bringen weitere Öffnungen nicht unbedingt mehr Wertschöpfung. Zudem habe der Sonntag als Tag der Ruhe in Deutschland eine lange und gute Tradition, betonte der Minister. Gerade die Beschäftigten im Einzelhandel seien während der Corona-Krise besonderen Belastungen ausgesetzt gewesen. "Der Sonntag ist als Erholungs- und Familienzeit jetzt nötiger denn je."
Hingegen sieht die Südthüringer Industrie- und Handelskammer (IHK) größere Spielräume bei der Sonntagsöffnung. "Es darf nicht sein, dass gesetzliche Regelungen fairen Wettbewerb verhindern", kritisierte IHK-Hauptgeschäftsführer Ralf Pieterwas mit Blick auf den ständig verfügbaren Online-Handel. "Im Gastgewerbe ist die sonntägliche Öffnung die Regel." Der stationäre Handel werde hier im Branchenvergleich überreguliert.
Die IHK in Suhl verlangte bis zu sechs verkaufsoffene Sonntage pro Jahr und Kommune mindestens in diesem und dem nächsten Jahr. Zudem müsse die Möglichkeit der Sonntagsöffnung radikal vereinfacht werden: weg vom bürokratisch aufwendig nachzuweisenden Anlassbezug durch ein Fest oder eine Veranstaltung, hin zu einer einfachen Anzeige beim örtlichen Ordnungsamt.
Auch die FDP-Landtagsfraktion forderte die rot-rot-grüne Landesregierung auf, rechtliche Voraussetzungen für weitere Öffnungen zu schaffen. "Während große Online-Händler von der Pandemie profitieren und von einem Umsatzrekord zum nächsten steuern, sind in unseren Innenstädten bereits viele Geschäfte gestorben", erklärte FDP-Fraktionschef Thomas Kemmerich.
Durch Sonntagsöffnungen müsse zudem kein Beschäftigter mehr als vereinbart arbeiten; es komme nur zu geringfügigen Arbeitszeitverlagerungen an wenigen Tagen, so Kemmerich. Die Kopplung der Sonntagsöffnung an Großveranstaltungen, die noch immer nicht stattfinden könnten, hält die FDP ebenso für kontraproduktiv. "Wir müssen es den Einzelhändlern unbedingt erleichtern, die Krise zu überwinden."
Der Thüringer Handelsverband regte an, über Ausnahmen bei der Sonntagsöffnung in diesem Jahr nachzudenken. Der Einzelhandel und die Innenstädte seien aufgrund der im Vergleich zu anderen Bundesländern längeren Schließungen besonders gebeutelt, sagte Landesgeschäftsführer Knut Bernsen.
Die CDU-Landtagsfraktion will an der Gesamtzahl von vier verkaufsoffenen Samstagen pro Jahr nicht rütteln - sieht aber dennoch Handlungsbedarf. Die Corona-Pandemie habe gezeigt, dass die Regelungen für die Anmeldung zu unflexibel seien und der bürokratische Aufwand enorm sei. "Das wollen wir ändern", sagte der parlamentarische Geschäftsführer Andreas Bühl und verwies auf einen Gesetzentwurf der CDU, der derzeit im Sozialausschuss beraten werde.
Auch aus Sicht der CDU braucht es nicht unbedingt einen besonderen Anlass für einen verkaufsoffenen Sonn- oder Feiertag. Die Einzelhändler vor Ort sollten gemeinsam mit der Kommune entscheiden, wann ein verkaufsoffener Sonn- oder Feiertag sinnvoll sei.