Erfurt Neue Lockerungen geplant: Streit um Testpflicht an Schulen
Keine Kontaktbeschränkungen, keine Testpflicht an Schulen, Perspektiven für Clubs und Veranstaltungen: Die Thüringer Landesregierung plant angesichts niedriger Inzidenzwerte weitere Lockerungen von Corona-Maßnahmen. Das geht aus einem Verordnungsentwurf hervor, der dpa vorliegt. Demnach sollen unter anderem die Kontaktbeschränkungen komplett wegfallen und nur noch als Empfehlung gelten. Nach bisherigen Plänen soll die Verordnung am 1. Juli in Kraft treten. Bis dahin sind noch Änderungen möglich.
Nach dem Entwurf sollen die landesspezifischen Inzidenzwert-Grenzen von 35 und 50 wegfallen. Strengere Regeln würde es dann automatisch erst wieder bei einer Inzidenz von mehr als 100 Neuinfektionen pro 100 000 Einwohnern geben, wenn die Bundesnotbremse dann wieder greift. Allerdings sollen die Landkreise gegensteuern, wenn die Inzidenzen zum Beispiel die 50er-Schwelle überschreiten. Schon ab einem Wert von 35 sollen strengere Maßnahmen geprüft werden. Am Mittwoch lag die Sieben-Tage-Inzidenz in Thüringen bei 6,2.
Bei einer gemeinsamen Ausschusssitzung des Gesundheitsausschusses mit dem Bildungsausschuss begrüßten viele Abgeordnete teils auch von der Opposition die geplante Verordnung. Es seien die richtigen Schritte, die nun gegangen würden, sagte etwa der CDU-Abgeordnete Thadäus König.
Auf breite Ablehnung stießen aber Pläne von Bildungsminister Helmut Holter (Linke), die bisher geltende Testpflicht an Schulen abzuschaffen. Ein Überblick über die geplanten Maßnahmen:
KONTAKTEMPFEHLUNGEN:
Es soll kein Verbot und keine Einschränkung mehr geben, sondern nur noch Empfehlungen. Damit würde sich die neue Verordnung klar an den Regeln des vergangenen Sommers im Corona-Jahr 2020 orientieren, als Thüringen mit sehr niedrigen Inzidenzen relativ unbeschwert über die Sommermonate kam. Nach dem Verordnungsentwurf soll den Menschen trotzdem empfohlen werden, sich nur mit Angehörigen des eigenen und eines weiteren Haushaltes zu treffen oder mit nicht mehr als zehn anderen Menschen.
MASKENPFLICHT
In geschlossenen Räumen, die öffentlich zugänglich sind oder wo Publikumsverkehr besteht, sollen Mund-Nasen-Bedeckungen getragen werden müssen. Kinder und Jugendliche bis 16 Jahren sollen dafür auch selbstgenähte oder andere Stoffmasken verwenden können. Für alle anderen sollen weiterhin medizinische oder FFP2-Masken Pflicht sein - zum Beispiel beim Shoppen, in Bussen oder der Straßenbahn und bei Sitzungen kommunaler Gremien.
DISKOTHEKEN/CLUBS
Bisher konnten Diskotheken und Clubs nur unter bestimmten Voraussetzungen öffnen - wenn die Inzidenz im jeweiligen Landkreis unter 35 lag und die zuständigen Behörden die entsprechenden Anträge genehmigten. Mit der neuen Verordnung soll es generell keine Schließungen mehr geben. Allerdings müssen Diskos und Clubs die Kontaktnachverfolgung weiterhin sicherstellen und Besucher brauchen einen aktuellen negativen Test, einen Impfnachweis oder müssen belegen, dass sie die Krankheit bereits durchgemacht haben.
TESTPFLICHT
Nach dem Verordnungsentwurf soll es kaum noch Bereiche geben, wo Tests erforderlich sind. Neben dem Besuch von Clubs und Discos wäre ein negativer Test auch bei körpernahen Dienstleistungen, bei Tanz- und Ballettunterricht Chor- und Orchesterproben und bei sexuellen Dienstleistungen noch nötig.
Wegfallen soll nach Plänen von Bildungsminister Helmut Holter (Linke) auch die Testpflicht an Schulen, was in den Reihen seiner eigenen Partei sowie bei SPD, Grünen und der CDU auf Skepsis stieß. Seine Fraktion empfehle, die geplanten Veränderungen bezüglich der Testpflicht zu prüfen, sagte der Linke-Abgeordnete Christian Schaft am Mittwoch im Thüringer Landtag.
"Wir sind auch etwas unglücklich und sehr skeptisch mit dem faktischen Fast-Wegfallens des Testens an Kindergärten und an Schulen", sagte SPD-Abgeordnete Dorothea Marx. Es sollte nicht von dem engmaschigen Testangebot abgewichen werden.
Holter wies in der gemeinsamen Ausschusssitzung im Landtag darauf hin, dass man sich trotz des geplanten Wegfalls der Testpflicht vorbehalte, dies auch wieder rückgängig zu machen, sollte dies nötig sein.
VERANSTALTUNGEN
Öffentliche Veranstaltungen müssen der jeweils zuständigen Behörde - in der Regel dem Gesundheitsamt - angezeigt werden. Ausdrücklich soll es möglich bleiben, Veranstaltungen zu verbieten, wenn damit gerechnet werden muss, dass dadurch die Ausbreitung der Corona-Pandemie gefördert werden könnte.
Außerdem soll nach Größe der Veranstaltungen entschieden werden. Kommen draußen mehr als 1000 Teilnehmer zusammen, soll ein Antrag nötig werden, der genehmigt werden müsste. Nicht öffentliche Veranstaltungen im Freien müssen angezeigt werden, wenn mehr als 70 Menschen zusammenkommen, in geschlossen Räumen bei mehr als 30 Menschen. Nach den geplanten Regelungen sollen auch Abibälle und Abschlussfeiern möglich sein. Je nach Größe und Art der Feier kann es dafür aber nötig sein, das jeweilige Gesundheitsamt zu informieren.