Polizeieinsatz Falschmeldung über bevorstehendes Erdbeben: Tausend in Panik
Eine Falschmeldung über ein unmittelbar bevorstehendes Erdbeben in Nordrhein-Westfalen hat in der Nacht zum Mittwoch mehrere Tausend Menschen ins Freie getrieben. Die Warnung habe sich über die sozialen Medien vor allem in der rumänischen Community verbreitet, teilte die Polizei in mehreren Städten mit. Einsatzkräfte hatten in Duisburg, Köln, Hagen und vielen weiteren Städten vor allem im Ruhrgebiet Mühe, die Menschen zu beruhigen. Einige hätten aus Sorge vor einstürzenden Häusern stundenlang im Freien gestanden, andere hätten in ihren Autos übernachten wollen. Hunderte besorgte Anrufe gingen bei der Notrufnummer der Polizei ein.
"Das ist natürlich eine absolut schändliche Falschmeldung", sagte ein Sprecher der Landesleitstelle. "Vor dem Hintergrund des Erdbebens in Syrien und der Türkei ist natürlich klar, dass die Leute sensibel sind und entsprechend reagieren." Gerade die rumänische Community war beunruhigt, da es am Dienstag auch im Südwesten Rumäniens ein stärkeres Beben gegeben hatte.
Wo die Warnung vor einem bevorstehenden Erdbeben in NRW ihren Ursprung hatte, war für die Polizei am Mittwoch noch unklar. Jedenfalls habe sie sich in der Nacht sehr schnell über die sozialen Medien verbreitet. Teilweise brach Panik aus. "Die Leute haben sich gegenseitig aus dem Bett geklingelt, um sich zu warnen", sagte eine Polizeisprecherin in Duisburg. Rund 1000 Personen seien schließlich allein in Duisburg auf den Straßen gewesen, weil sie fürchteten, ihre Häuser könnten durch die Erdstöße einstürzen. "Wir haben versucht, die Menschen zu beruhigen. Aber viele waren wirklich sehr, sehr ängstlich."
Die Beamten fuhren schließlich mit Lautsprecherwagen durch einige Straßen, um den besorgten Menschen mitzuteilen, dass es sich bei der Erdbebenwarnung schlicht um ein Fake handelte. "Aber viele haben sich trotzdem erst deutlich nach 2.45 Uhr - also der Zeit, zu der das Erdbeben angeblich stattfinden sollte - wieder in ihre Wohnungen getraut", sagte die Polizeisprecherin.
Auch in Hagen gab es viele Notrufe wegen des angeblichen Erdbebens. "Die Anrufer waren massiv beunruhigt, weil sie diese Warnmeldung auf ihren Handys hatten", sagte eine Sprecherin. Rund 250 bis 300 Menschen seien im Stadtteil Wehringhausen mitten in der Nacht auf den Straßen gewesen, die meisten aus der rumänischen Community. "Viele wollten in ihren Autos übernachten aus Sorge, dass es zu einem Erdbeben kommt und die Häuser einstürzen." Die Beamten hätten sich dann noch einmal bei Fachleuten rückversichert und anschließend versucht, den Menschen zu erklären, dass keine Gefahr bestehe.
In Köln verbreitete sich die falsche Erdbebenwarnung vor allem im markanten Hochhauskomplex Kölnberg. "Von da aus haben uns zahlreiche Notrufe erreicht", sagte ein Sprecher. 500 Bewohner seien aus ihren Wohnungen geflüchtet und hätten sich auf Parkplätzen im Umfeld gesammelt. Auch in anderen Städten musste die Polizei teilweise mehrere Hundert Menschen beruhigen und überreden, bei den kalten Nacht-Temperaturen zurück in ihre Wohnungen zu gehen.
Mit solchen Falschmeldungen werde mit der Angst der Menschen gespielt, sagte der Sprecher der Landesleitstelle. In sozialen Medien verbreite sich sowas wie ein Lauffeuer. "Zum Glück hat es bei der Panik in den Treppenhäusern immerhin keine Verletzten gegeben." Den Urheber ausfindig zu machen, sei aber sehr schwer.
"Eine präzise Prognose ist bei Erdbeben ohnehin nicht möglich", betont Sebastian Busch, Leiter Geophysik beim Landeserdbebendienst Nordrhein-Westfalen. Fachleute könnten nur mit statistischen Wahrscheinlichkeiten arbeiten: Demnach kommt es in der niederrheinischen Bucht alle 100 bis 150 Jahre zu einem Erdbeben der Stärke 6. Das letzte größere Beben gab es 1992 mit einer Stärke von 5,9 - das Epizentrum lag damals in Roermond. "Wir wissen: Irgendwann wird so ein Ereignis wieder stattfinden. Aber niemand kann sagen, es passiert heute Nacht um 2.45 Uhr", sagte Busch.
- Nachrichtenagentur dpa