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RS-Virus in den NRW-Kliniken: "Im ganzen Ruhrgebiet sind wir am Anschlag"


RS-Virus in Kinderkliniken
"Im ganzen Ruhrgebiet sind wir hier am Anschlag"

Von t-online, dpa
Aktualisiert am 22.10.2021Lesedauer: 3 Min.
Dominik Schneider bei einer Pressekonferenz (Archivfoto): Der Direktor der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin aus Dortmund sorgt sich wegen des RS-Virus.Vergrößern des Bildes
Dominik Schneider bei einer Pressekonferenz (Archivfoto): Der Direktor der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin aus Dortmund sorgt sich wegen des RS-Virus. (Quelle: Marcel Kusch/dpa)
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Wegen des RS-Virus schlagen die Krankenhäuser in Nordrhein-Westfalen Alarm. Vielfach müssen demnach kranke Kinder an den Kliniken abgewiesen werden. Ein Verband sieht dringenden Handlungsbedarf.

Kliniken in Nordrhein-Westfalen beobachten derzeit eine hohe Zahl an Kindern, die mit Atemwegserkrankungen in den Krankenhäusern behandelt werden. "Im ganzen Ruhrgebiet sind wir hier am Anschlag", berichtete Dominik Schneider, der Direktor der Dortmunder Kinderklinik. Auch Kliniken in Münster, Düsseldorf, Duisburg und Köln beobachten eine frühe und starke Krankheitswelle.

Diese habe mit den ersten Fällen an der Uniklinik in Köln bereits im August eingesetzt, sagte Jörg Dötsch, Direktor der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin der Uniklinik Köln. "Wir waren auch während der Pandemie nicht unterbelegt, aber jetzt sind wir sehr stark belegt". Diese Entwicklung gebe es bundesweit, wie der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ) weiter berichtete.

Kliniken in NRW am Limit: Wenig freie Kinderbetten

Auch der NRW-Verband Leitender Kinder- und Jugendärzte und Kinderchirurgen (VLKKD) ist alarmiert. In einem Brief an das Gesundheitsministerium des Landes berichtet er von einem "dramatischen Versorgungsengpass".

"Vielfach werden kranke Kinder abgewiesen, weil kein Platz vorhanden ist, vielfach müssen Rettungswagen lange Wege in Kauf nehmen, um eine aufnahmebereite Klinik zu finden, vielfach telefonieren niedergelassene Kinderärzte oder Eltern herum, um ein freies Klinikbett zu finden", heißt es dort.

Viele Säuglinge und Kinder brauchen zusätzlich Sauerstoff

Den Angaben Schneiders zufolge leiden die Patienten in Dortmund in diesem Jahr "ungewöhnlich früh und stark" unter anderem an sogenannten Respiratorischen Synzytial-Virus-Infektionen (RSV), einer Atemwegserkrankung.

Während sie etwa bei größeren Kindern für Schnupfen oder Husten sorge, könnte die Erkrankung bei Frühgeborenen oder vorerkrankten Patienten auch schwerere Verläufe verursachen. Ein Viertel der Belegung sei in der Dortmunder Kinderklinik auf das RS-Virus zurückzuführen. Viele Säuglinge und Kinder bräuchten zusätzlich Sauerstoff – dies ist auch in den Duisburger Sana Kliniken laut Angaben einer Sprecherin der Fall.

Verschlechterung der Situation erwartet

"Wir sehen einen im Vergleich zu den Vorjahren deutlich stärkeren Anstieg an kleinen Patienten, die bereits so früh im Jahr am Respiratorischen Synzytial-Virus erkrankt sind", sagte Martin Andree Berghäuser, Chefarzt der Klinik für Kinderheilkunde am Florence-Nightingale-Krankenhaus in Düsseldorf.

Dort werden aktuell sieben Kinder mit schweren RSV-Atemwegserkrankungen behandelt. Aber auch hartnäckige Erkältungen oder Lungenentzündungen beobachten die Mediziner dort bei ihren Patienten.

Normalerweise erlebten die Ärztinnen und Ärzte etwa zwischen November und Ostern, dass sich solche Infektionen bei Kindern häufen. Die aktuelle Entwicklung hänge unter anderem noch mit der Corona-Pandemie zusammen, erklärte Axel Gerschlauer, Sprecher des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte Nordrhein. Demnach hatte das Immunsystem etwa durch die Kontaktbeschränkungen, den Lockdown und die Corona-Regeln "ein Jahr lang Pause".

Außerdem sei die starke Auslastung in der Pädiatrie ein "altbekanntes Strukturproblem": "Bei den Fallpauschalen wird nicht sinnvoll differenziert zwischen Kindern und Erwachsenen, dabei ist die Kinderpflege viel aufwendiger", sagte Gerschlauer. Die Kinderkliniken sollten daher besser finanziert werden, forderte er.

Verband sieht dringenden Handlungsbedarf

Der VLKKD erwartet für den Winter eine Verschlechterung der Situation. Der Hauptgrund dafür werde im Mangel an Pflegepersonal liegen, heißt es. Einer aktuellen Umfrage des VLKKD zufolge hält sich ein Drittel der Kinderkliniken an die sogenannte "Pflegepersonal-Untergrenzenverordnung" (PPUGV). Das heißt: Sie schließen konsequent Betten, wenn nicht ausreichend Personal zur Verfügung steht.

Um einen "Kollaps in den Kinderkliniken" zu vermeiden, sieht der Verband daher dringenden Handlungsbedarf. Unter anderem solle das Gesundheitsministerium über eine befristete Aussetzung des PPUGV nachdenken, so der Vorschlag.

DGKJ-Präsident Dötsch betonte indes, dass die Kliniken gut miteinander zusammenarbeiten. "Wichtig ist, dass wir über gute Netzwerke verfügen." Bei Engpässen könnten Patientinnen und Patienten verlegt werden. Gerade jetzt im Herbst und vor dem Winter sollten sich Erwachsene unbedingt gegen die Grippe und auch gegen das Coronavirus impfen lassen, riet der Mediziner.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
  • Brief vom VLKKD NRW (per Mail)
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