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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Gespenstisch leere City Ausgangssperre in Dortmund – So war die erste Nacht
Die Bundesnotbremse und die damit verbundenen Ausgangsbeschränkungen sorgen für historische Bilder von menschenleeren Straßen und Plätzen. In Dortmund musste die Polizei kaum eingreifen.
Ab 0 Uhr griffen am Samstag die Ausgangsbeschränkungen in Dortmund. Sie sind Teil der Maßnahmen der Bundesnotbremse zur Bekämpfung der Corona-Pandemie. Mit wenigen Ausnahmen, wie zum Beispiel der Berufsausübung oder dem Spaziergang mit dem Hund, darf sich in der Zeit von 22 bis 5 Uhr niemand mehr außerhalb seiner Wohnung aufhalten. Bis 0 Uhr ist allerdings noch die "im Freien stattfindende allein ausgeübte körperliche Bewegung" – also Spaziergänge oder Joggen – erlaubt.
Schon gegen 21 Uhr hat es sich in der Nordstadt, wo meist bis spät in die Nacht noch Leben auf den Straßen ist, merklich geleert. Nur vereinzelt sind noch Fußgänger unterwegs. Die meisten von ihnen sind auf dem Weg nach Hause oder wollen sich noch schnell am Kiosk mit Getränken oder Zigaretten eindecken.
Ein junger Mann, der gerade von der Arbeit kommt, hält die Ausgangssperre für "unsinnig": "Was bringt das denn? Tagsüber sitzen wir hier alle rum, aber abends ist das wegen Corona nicht erlaubt?"
Ausgangsbeschränkungen als effektives Mittel gegen Autoposer
Auch in der Innenstadt und ihren Einkaufsstraßen ist es kurz vor 22 Uhr schon menschenleer. Die meisten Geschäfte sind aber ohnehin geschlossen. Ein ähnliches Bild bietet sich auf dem Wall. Sonst treffen sich hier jedes Wochenende Hunderte Autoposer, doch an diesem Abend sind nur einige wenige unterwegs – und diese werden schnell von Polizeistreifen angehalten. "Effektiver als das Tempo 30", kommentiert ein Twitter-Nutzer später.
Nicht nur bei den Journalisten, die die Ausgangssperre dokumentieren, ist der leergefegte Wall ein beliebtes Fotomotiv. Ein älterer Mann, der noch schnell mit seinem Hund draußen ist, hält den Moment mit seinem Handy fest: "Das sieht man ja sonst auch nicht so häufig", fügt er schmunzelnd hinzu.
Die Polizei und das Ordnungsamt sind an diesem Abend, neben meist leeren Taxen oder Lieferdiensten, die häufigsten Gäste auf Dortmunds Straßen. Auch ihre Präsenz nahm ab 23 Uhr merklich ab. Es gibt kaum wen, den man noch kontrollieren könnte.
Obdachlose werden bei Verstößen nicht belangt
In den Fußgängerzonen sind nur vereinzelt Obdachlose zu sehen, die hier ihr Nachtlager eingerichtet haben. "Zuhause bleiben" können sie nicht. Die Wohnungslosenhilfe "BODO" berichtete zuvor, dass die Stadt Dortmund Obdachlose wegen Verstößen gegen die Ausgangssperre nicht belangen werde.
Gegen 0 Uhr verschwinden auch die letzten vereinzelten Spaziergänger von der Straße. In der Nähe des Walls spaziert ein Fuchs mit seiner Beute seelenruhig über die Straße. Es ist niemand da, der ihn stören könnte.
Polizei schreibt mehrere Anzeigen – Nacht insgesamt aber ruhig
Auf der Mallinckrodtstraße streitet sich ein Autofahrer mit zwei Polizisten. Er hatte sein Auto auf der mehrspurigen Straße abgestellt, um seinen Laden abzuschließen. Für ihn ist die Kontrolle und die Ausgangssperre an sich "Quatsch". Ein Kioskbesitzer in der Nordstadt ist ebenfalls unzufrieden mit der Situation. Er habe mal schauen wollen, wie viele Kunden nach 22 Uhr kämen.
Das Ergebnis fällt mager aus: "Es waren nur vier Leute da, die haben was zu trinken gekauft, aber nur Cola und Fanta. Alkohol darf ich ja so spät abends eh nicht mehr verkaufen." In den kommenden Tagen will er bereits um 22 Uhr schließen. "Das lohnt sich nicht, da kann ich lieber zu Hause sitzen", sagt er. Die Ausgangssperre akzeptiert er, dennoch findet er sie unnötig. Die Politik solle sich lieber was Vernünftiges einfallen lassen.
Um 1.45 Uhr endete an diesem Abend auch der gemeinsame Kontrolleinsatz von Polizei und Ordnungsamt. Wie die Polizei am Sonntagvormittag bilanzierte, wurden dabei insgesamt 53 Personen kontrolliert und gegen 21 von ihnen ein Ordnungswidrigkeitenverfahren wegen des Verstoßes gegen die Corona-Schutzverordnung eingeleitet. Dabei handelte es sich aber meist um Einzelpersonen, größere Vorkommnisse gab es laut Polizei nicht.
- Eigene Recherche
- Wohnungslosenhilfe "BODO": Pressemitteilung vom 22. April