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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Abschied für BVB-Legende Reus bleibt hungrig: "Wir können Geschichte schreiben!"
Choreo, Traumtor, Freibier und stehende Ovationen – nach seinem emotionalen letzten Heimspiel schwört Marco Reus den BVB auf das Champions-League-Finale ein.
Selbst die BVB-Fans, denen Marco Reus nach Spielende Freibier spendiert hatte, hatten das Stadion schon verlassen. Die Mannschaft war ebenso wie das Trainerteam längst nicht mehr da, als Marco Reus ein letztes Mal aus der Dortmunder Kabine kam. Beim 4:0-Sieg über Darmstadt hatte er seine Borussia noch einmal als Kapitän aufs Feld geführt, ein Freistoßtor der Marke Weltklasse erzielt und war von den Fans nach Abpfiff noch minutenlang inmitten der Südtribüne gefeiert worden.
Entsprechend emotional und dankbar präsentierte sich der 34-Jährige, auch wenn er seine perfekte Abschiedsvorstellung inklusive Traumtor selbst fast schon "ein bisschen kitschig" fand. Aber Marco Reus richtete den Blick auch voraus auf das eine große Spiel, das seine Karriere krönen und den BVB auf Europas Fußballolymp heben soll. Am 1. Juni steigt das Champions-League-Finale in Wembley – und dort will Marco Reus Geschichte schreiben.
Marco Reus über…
… seine Emotionen an diesem besonderen Tag:
Ich wollte es einfach genießen. Ich wusste, das hier ist das letzte Mal Zuhause. Der ganze Tag war sehr emotional. Das letzte Mal im Hotel, die letzte Busfahrt zum Stadion, das letzte Warmmachen. Es war noch einmal etwas ganz Besonderes. Ich hatte mir vorgenommen, es nochmal komplett zu genießen, auch noch lebhafter zu genießen als in anderen Spielen. Es war rundum perfekt. Ich habe es echt genossen.
… seine Gefühlswelt nach dem letzten Heimspiel:
Ich musste mich erst einmal sammeln, musste ein paar Minuten für mich haben. Es ging zuletzt alles Schlag auf Schlag, vor allem natürlich an diesem Tag. Ich bin unfassbar dankbar für die Liebe, die die Leute mir in den letzten Jahren entgegengebracht haben. Ich hoffe, ich konnte ein bisschen zurückgeben.
… sein Erlebnis, inmitten der BVB-Fans beim Capo auf der Südtribüne zu feiern:
Auf dem Platz bekommst du natürlich auch die Stimmung mit. Aber wenn du da oben auf der Tribüne bist, ist es noch einmal ein anderes Gefühl. Da sieht man, was die Jungs dort Woche für Woche abreißen. Ich bin sehr dankbar, dass sie mir die Möglichkeit gegeben haben, zum Abschluss noch einmal dort oben hinzugehen. Es hat richtig Spaß gemacht. Wenn ich wiederkomme, werde ich den Jungs dort auf jeden Fall einen Besuch abstatten.
… sein Freistoßtor in den Winkel:
Es war fast ein bisschen kitschig. Es war wirklich perfekt, wie gemalt. Ich wusste, dass alle davon ausgegangen sind, dass ich den Ball reinmache. Das ist dann nochmal was anderes. Ich freue mich wirklich sehr, ich hatte es mir vorgenommen. Ich hatte vorher 99 Tore in Heimspielen, jetzt habe ich die 100 vollgemacht – das ist schon schön.
… die Aussichten auf einen letzten großen Titel in Wembley:
Wir haben jetzt zwei Wochen Zeit, ab Dienstag geht die volle Konzentration auf Madrid. Wir haben jetzt noch dieses eine Spiel vor der Brust und dem werden wir alles unterordnen. Wir können wirklich Geschichte schreiben. Dafür lohnt es, jetzt den vollen Fokus daraufzulegen. Und dann geht es einfach darum, in wahrscheinlich 90 Minuten alles abzurufen und alles rauszuhauen.
… die Chancen gegen Real Madrid:
Der Glaube muss in den nächsten Tagen wachsen, dass wir Geschichte schreiben können. Wir müssen bereit sein. Am Ende steht dort kein Geringerer als Real Madrid, die in den letzten zehn Jahren fünfmal den Titel gewonnen haben. Da kommt etwas auf uns zu. Aber es sind 90 Minuten, es ist ein Fußballspiel – und da ist alles möglich. Wir werden daran glauben und alles versuchen. Aber du brauchst in einem Finale auch ein bisschen Glück.
… seine Erfahrung von 2013, wie sich ein Champions-League-Finale in Wembley anfühlt:
Es ist auf jeden Fall nochmal etwas ganz anderes, in einem solchen Finale zu stehen. Jeder guckt zu bei diesem Spiel. Aus unserem Kader standen noch nicht viele in einem solchen Finale, sie werden entsprechend nervös sein. Aber das ist eher gut, weil es die Konzentration fördert.
… die Frage, ob man ein derartiges Finale auch genießen darf:
Das Finale musst du genießen! Wenn du die Möglichkeit hast, musst du alles aufsaugen. Du bist natürlich in deinem eigenen Tunnel, wenn es Richtung Stadion geht. So soll es auch sein. Aber ich denke schon, dass man es auch genießen kann.
… seinen Entschluss, die Karriere auch nach seinem Abschied vom BVB fortzusetzen:
Ich will einfach noch weiterspielen, weil ich mich gut fühle und weil ich es mir zutraue. Warten wir mal ab. Jetzt gilt der Fokus erstmal dem 1. Juni, danach wird es eine Entscheidung geben.
… Mats Hummels, den er nach Abpfiff zu einem Sonderapplaus vor die Südtribüne geschickt hatte:
Ich weiß auch nicht, wie es bei ihm weitergeht. Aber man muss seine Leistung in den letzten Wochen und Monaten einfach honorieren. Das hat er sich verdient, und das tut ihm wahrscheinlich auch gut.
- Gespräch mit Marco Reus nach dem Spiel in der Mixed Zone des Stadions