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Zum journalistischen Leitbild von t-online."Organic Tiny House" Innovatives Geschwisterprojekt gegen Wohnungsnot
In Deutschland herrscht akute Wohnungsnot. Eine ökologische Idee könnte dem Problem entgegenwirken.
Die Städte sind überfüllt, auf dem Land wäre potenziell Platz – und trotzdem besteht Wohnungsnot in Deutschland. Dazu kommen Faktoren wie hohe Mieten, Energie- und Rohstoffpreise. Wer kann sich in Zukunft noch ein Eigenheim leisten? Und wie kann ungenutzter Wohnraum doch Verwendung finden? Dabei spielen auch die Faktoren Klima- und Umweltschutz eine Rolle.
Die Geschwister Timo und Lisa Gelzhäuser aus dem Sauerland haben dafür ein gemeinsames Projekt entwickelt: das "Organic Tiny House". Dabei verfolgen sie einen ökologischen wie platzsparenden Ansatz. Denn diese kleinen Häuser können dazu beitragen, die Wohnungsnot einzudämmen. Solche Mini-Häuser sind unter anderem mobil und transportabel, können also ab- und wieder aufbaut werden.
Vor zwei Jahren war es noch ein Forschungsprojekt gemeinsam mit der Universität Dortmund und wurde ein Jahr lang vom Land Nordrhein-Westfalen finanziell gefördert. Jetzt hat sich ein eigenes Unternehmen daraus entwickelt.
Lösung für Ballungsgebiete?
"Für Tiny-Häuser werden ganz andere Flächen genutzt als für normale Häuser, beispielsweise Baulücken und temporäre Flächen, die sonst länger brachliegen würden – als Zwischenlösung", sagt Timo Gelzhäuser im Gespräch mit t-online. Interessant dabei ist vor allem die Möglichkeit, die kompakten Module als Erweiterung zu verwenden: "Tiny-Häuser kann man stapeln, aneinanderreihen oder auch auf bestehende Häuser mit Flachdach draufsetzen", sagt der Unternehmer.
In Ballungsgebieten, wo viel Wohnraum gebraucht wird, würden meist große Wohnhäuser gebaut. Doch gerade in Städten wären die kleinen Hausmodule eine Lösung für zusätzlichen Wohnraum. "Ich glaube, diese Vorstellungskraft ist noch nicht angekommen, was mit solchen Modulhäusern überhaupt möglich sein kann", so Lisa Gelzhäuser.
Dabei fangen die kleinsten Modelle der Geschwister bei 20 Quadratmetern mit Bad, Elektrik und Heizung an. Um die 85.000 Euro koste das, sagt sie. Je nach Größe variiere der Preis.
Idee durch den Klimawandel entstanden
Ausschlaggebend für das Projekt war der Klimawandel, der auch für das Waldsterben in Deutschland verantwortlich ist. Besonders die Borkenkäfer-Plage an den Fichten bereite den Förstern Sorge. "Das Sauerland gehört zu den nassesten Regionen. Es hat aber kaum geregnet, weshalb die Nadelbäume anfällig für den Borkenkäfer waren", sagt Timo Gelzhäuser. Der Käfer bohrt sich aber nur unter die Rinde, das Holz bleibt unberührt. Das machten sich die Geschwister zunutze.
Die organischen Häuser sind upgecycelt und "kreislauffähig". Timo und Lisa Gelzhäuser verwenden in der Produktion das Vollholz der abgestorbenen Fichten. So müssen keine gesunden Bäume gefällt werden. Dabei kann das organische Haus quasi ewig halten: Das Grundgerüst besteht aus Fichte, die Fassade aus Lärche und Douglasie. Der Vorteil der Holzarten sei dabei die Witterungsbeständigkeit, so der Unternehmer. Außerdem sei der ökologische Fußabdruck kleiner, denn das Holz speichert das CO2 aus der Luft. Da das Holz zusammengeschraubt wird, seien auch in der Produktion die Emissionen eher gering. Fenster und Türen müssten aber geleimt werden.
Durch ihre Größe und Mobilität könnten Tiny-Häuser womöglich das zukünftige Wohnen nachhaltig prägen. Es bedeutet auch ein minimalistischeres Leben. Die Frage ist, inwiefern die einzelnen Regionen die kompakten Häuser einsetzen wollen – und auch können.
- Gespräch mit Timo und Lisa Gelzhäuser, Gelzhäuser Forst
- Webseite des Gelzhäuser Forst