Nach tödlichen Schüssen in Dortmund Polizisten müssen in NRW jetzt Bodycams tragen
Der Innenminister kündigt die Tragepflicht für Bodycams an. Eine Pflicht, die Kamera auch jederzeit anzuschalten, wird es aus rechtlichen Gründen aber nicht geben.
Innenminister Herbert Reul (CDU) hat eine Pflicht zum Tragen von Bodycams bei der Polizei angekündigt. Dies sei eine der Maßnahmen nach den tödlichen Schüssen auf einen 16-jährigen Flüchtling in Dortmund, sagte Reul am Donnerstag im Innenausschuss des Landtags. Die Tragepflicht betrifft rund 18.000 Streifenpolizisten im Land. Eine Pflicht, die Kamera auch jederzeit anzuschalten, wird es aus rechtlichen Gründen allerdings nicht geben.
Laut Reul wurden entsprechende Gespräche mit dem Hauptpersonalrat geführt. Nach dpa-Informationen könnte die Verpflichtung für Polizisten bereits im April kommen. Reul stellte im Innenausschuss ein Maßnahmenpaket mit fünf Punkten vor.
Für Bodycams – Kameras, die an der Uniform befestigt sind – gibt es in NRW bisher nur eine Trageempfehlung, keine Pflicht. Im Fall des getöteten Jugendlichen in Dortmund hatten Polizisten zwar Bodycams dabei, sie aber nicht eingeschaltet. Hintergrund: Der Einsatz lief anfänglich als Einschreiten bei einem Suizidversuch. Der Flüchtling aus dem Senegal soll zunächst gedroht haben, sich mit einem Messer zu töten. Reul empfiehlt, die Kamera möglichst oft einzuschalten. Die Polizei in NRW hat 9.000 Bodycams, die die Beamten sich in ihren Schichten teilen.
Verpflichtender Podcast für Einsatzkräfte
Das verpflichtende jährliche Einsatztraining wird Reul zufolge um zwei auf dann sieben Tage ausgeweitet. Die Zusatzzeit solle genutzt werden, um den Umgang mit Menschen in psychischen Ausnahmesituationen zu trainieren. Zudem werde es einen internen Podcast geben, den die Beamten sich verpflichtend anhören müssen, so Reul.
Der nordrhein-westfälische Innenminister kündigte an, dass schriftliche Anleitungen wie die sogenannte Wachdienst-Fibel überarbeitet werden. Sie solle zukünftig besonders die Bedeutung zwischenmenschlicher Kommunikation beim Einschreiten noch stärker betonen.
Bereits nach dem tödlichen Einsatz in Dortmund, bei dem Kommunikationsschwierigkeiten mit dem Jugendlichen aus dem Senegal bestanden haben sollen, hatte Reul eine Liste von mehrsprachigen Polizeibeamten in Auftrag gegeben. Sie könnten einspringen, wenn ein Dolmetscher gerade nicht verfügbar sei. Reul sagte am Donnerstag, dass auch die sogenannte Internetwache der Polizei in weitere Sprachen übersetzt werden soll.
Analyse von 48 Einsätzen erbrachte keine systematischen Defizite
Nach den tödlichen Schüssen gegen den 16-Jährigen wurden im Auftrag des Innenministeriums alle 48 Polizeieinsätze nachbereitet, die in den letzten fünf Jahren tödlich endeten. Systematische Defizite habe man bei der Analyse nicht festgestellt, sagte Reul.
Im Dortmunder Fall ist der Schütze inzwischen wegen Totschlags angeklagt worden. Der Einsatzleiter wurde wegen Anstiftung zur gefährlichen Körperverletzung und drei Beamte wegen gefährlicher Körperverletzung angeklagt.
- Nachrichtenagentur dpa