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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Saisonvorbereitung beim BVB Mats Hummels – zwischen Bankdrücker und erster Elf
Zum Vorbereitungsstart gab es ein Sonderlob für Mats Hummels, jetzt greift die neue Konkurrenz an. Und im Raum steht die Frage: Was wird künftig aus dem 33-Jährigen beim BVB?
Die ersten beiden Wochen der Saisonvorbereitung dürften Mats Hummels gefallen haben. Und irgendwie erinnerten sie an die guten alten Zeiten bei Borussia Dortmund. Der Verteidiger war ein Fixpunkt in Schwarz-Gelb, gleichermaßen auf und neben dem Platz.
In den Testspielen organisierte er die Abwehr, trug sich in Dresden sogar in die Torschützenliste ein. Wenn Autogramme und Selfies gefragt waren, war er begehrt und dicht umlagert und ging in Sachen Fannähe mit gutem Beispiel voran. Wenn die anderen Spieler schon zur Kabine trotteten, erfüllte der 33-Jährige noch jeden Wunsch. Beim ersten Auftritt in Lünen posierte er beim "Team Hummels", für das sich einige Anhänger mit entsprechenden Plakaten und Trikots auf der Tribüne aufgebaut hatten, mit breitem Grinsen für die Fotografen.
"Habe den Urlaub gut genutzt"
"Es geht wieder los", hatte Hummels zum Start der Vorbereitung getwittert, garniert mit einem schwarzen und einem gelben Herzchen. Vielleicht auch ein Signal an alle Skeptiker und Kritiker: Seht her, ich bin bereit, schreibt mich nicht zu früh ab! Nach einer mehr als durchwachsenen Saison und mit neuer Konkurrenz vor Augen scheint der Weltmeister von 2014 noch einmal angreifen zu wollen – und zu können.
Von seinem Trainer Edin Terzic gab es jedenfalls schon mal ein explizites Lob nach den ersten Trainingstagen: "Mats hatte eine gute Sommerpause. Er hat sie genutzt, nicht nur, um sich gedanklich und körperlich zu erholen, sondern auch, um hart zu arbeiten. Er ist extrem fleißig gewesen und ist jetzt frisch, motiviert und sehr fit."
Hummels selbst bestätigt diesen Eindruck: "Ich habe den Urlaub gut genutzt, ich bin in einem sehr guten Zustand wiedergekommen." Das große Ziel sei jetzt für ihn, fit in die Saison zu gehen – "ich weiß, wie wertvoll das ist". Da spricht einer, der selbstbewusst und mit breiter Brust auf die neue Spielzeit blickt. Und der in der vergangenen Saison erfahren hat, wie sehr ständige Verletzungen und Zwangspausen das Leistungsvermögen einschränken können.
Mit Problemen an der Patellasehne hatte der Innenverteidiger schon den Start verpasst und war eben nicht fit in die Spielzeit gegangen. Zwischenzeitlich fiel er mit einer Erkältung aus, wurde vom Coronavirus ausgebremst und musste nach dem 29. Spieltag mit einer Muskelverletzung komplett passen. Dazwischen lagen wechselhafte Auftritte als Abwehrchef, der einer anfälligen Defensive nicht den nötigen Halt und die nötige Ordnung geben konnte. 52 Gegentore kassierte der BVB in der Liga – bei Absteiger Bielefeld war es nur ein Treffer mehr.
"Stacheln uns gegenseitig zu Höchstleistungen an"
Auch aus diesem Grund hat sich der Verein in diesem Sommer zum Umbruch entschlossen. Verpflichtet wurden mit Niklas Süle und Nico Schlotterbeck gleich zwei neue Innenverteidiger, die Hummels in den letzten Monaten schon in der Nationalmannschaft den Rang abgelaufen haben. Kritik an dem 33-Jährigen – inzwischen auch in Dortmund – entzündet sich vor allem an zwei Dingen. Zum einen hat der 76-malige Nationalspieler ein Tempodefizit, zum anderen sorgt er immer mal wieder für knifflige Situationen, indem er im falschen Moment zu viel spekuliert.
Auf der anderen Seite – und auch das weiß man in Dortmund – profitiert Mats Hummels von seiner langjährigen Erfahrung, die ein potenzieller Kontrahent wie Schlotterbeck allein aufgrund seines Alters von nur 22 Jahren noch nicht haben kann. Er verfügt über ein ausgezeichnetes Kopfballspiel und kann mit seinen langen, öffnenden Pässen immer wieder Akzente im Offensivspiel setzen. Seine Pässe mit dem Außenrist sind nach wie vor Goldstandard – "aussenrist15" nennt er sich nicht zufällig selbst auf seinem Instagram-Account.
Wer von den drei "Schwergewichten" sich am Ende beim BVB durchsetzen kann, das ist eine der spannendsten Fragen in dieser Vorbereitung. Mats Hummels jedenfalls scheint nicht nur bereit zu sein, den Konkurrenzkampf anzunehmen. Er begrüßt ihn sogar ausdrücklich und spart zugleich nicht mit Selbstkritik: "Das sind zwei Top-Jungs, sowohl sportlich als auch als Typen. Ich freue mich, dass wir uns gegenseitig zu Höchstleistungen anstacheln. Jeder weiß, dass er seine absolute Topleitung bringen muss, wenn er bei Borussia Dortmund Stammspieler sein will. Natürlich habe ich mir viel vorgenommen, weil ich nicht zufrieden war mit meiner letzten Saison. Ich muss einer sein, der vorangeht."
Vielleicht kann er das aber auch gemeinsam mit den Neuzugängen. Gewinnt Edin Terzic im Training und in den Testspielen den Eindruck, eine Dreierkette könnte eine gute Lösung sein für Borussias Defensivprobleme, wären alle drei ambitionierten Innenverteidiger gefragt. Dann wäre Hummels gesetzt, allerdings hat Terzic in seiner ersten Amtszeit bei der Borussia in der Regel die Viererkette bevorzugt. In diesem Fall muss Mats Hummels ein Jahr vor Ablauf seines Vertrages um seinen Platz in der Startelf hart kämpfen. Dass er dazu bereit ist, hat er gezeigt.
- Eigene Recherchen