Chemnitz Sachsen bereitet Aufnahme von Ukraine-Flüchtlinge vor
Sachsen hat der Ukraine erneut Beistand zugesagt und bereitet sich auf die Aufnahme von Flüchtlingen vor. Bislang seien zwar nur 132 Menschen aus dem Land nach Sachsen gekommen, die Zahlen würden aber erwartbar steigen, sagte Innenminister Roland Wöller (CDU) am Dienstag nach einer Sitzung des Kabinetts. "Es ist nicht nur ein Gebot der Humanität, sondern auch der europäischen Solidarität, dass wir Menschen aufnehmen."
Wie viele Menschen in den Freistaat kämen, sei noch unklar, so Wöller. Sachsen sei jedoch das Bundesland, in dem die Geflüchteten zuerst ankämen, vor allem über den Grenzübergang bei Görlitz. Die Menschen könnten etwa in den Erstaufnahme-Einrichtungen aufgenommen werden, dort seien mehr als 2000 Plätze frei, sagte Wöller. "Wir sind dabei, weitere Flächen und Kapazitäten zu erschließen."
Nach Angaben der Regierung wurde inzwischen ein Ukraine-Ausschuss gebildet, dem neben der Staatskanzlei mehrere Ministerien, kommunale Spitzenverbände und die Landesdirektion angehören. Ziel sei es, die Hilfen zu koordinieren. Die Betroffenen sollten möglichst kurze Zeit in Erstaufnahmeeinrichtungen verbringen und schnell in Städten und Dörfern untergebracht werden, sagte Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU): "Die Kinder sollen in Kindergärten und Schulen gehen können. Wir wünschen uns sehr, dass die Frauen und Männer auch arbeiten können."
Noch in dieser Woche soll dafür auch ein digitales Portal des Freistaats freigeschaltet werden, in dem Hilfsangebote gebündelt werden könnten. Nach dem Worten Kretschmers will Sachsen 250 000 Euro in konkrete Hilfsmaßnahmen stecken. Man sei mit den Johanniter im Gespräch, ein Zeltlager zu errichten.
Kretschmer und sein Stellvertreter Wolfram Günther (Grüne) zeigten sich über den Angriff Russlands auf die Ukraine entsetzt. Kretschmer sprach von einer "dramatischen Situation". Hunderttausende Menschen seien auf der Flucht. "Vor uns steht eine wirklich große Herkulesaufgabe." Diesmal sei Sachsen das erste deutsche Bundesland, das Flüchtlinge erreichten.
Günther nannte das Vorgehen Russlands einen verbrecherischen Angriffskrieg. Junge russische Soldaten hätten geglaubt, sie würden in ein Manöver geschickt und nun verheizt.
Laut Kretschmer ist es aber auch notwendig, mit Blick auf Russland zu differenzieren. Man müsse unterscheiden zwischen der "aggressiven russischen Regierung" und dem Volk, dem Land. Zugleich zeigte er sich fassungslos über das Verhalten des russischen Präsidenten Wladimir Putin. Kretschmer hatte ihn 2019 in St. Petersburg getroffen und im April 2021 bei einem Besuch in Moskau mit ihm telefoniert.
"Das ist ein Mensch, der viele getäuscht hat", sagte Kretschmer nun. Auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hätten sicher nicht erwartet, dass sie betrogen würden, sagte der CDU-Politiker. In der Ukraine werde auf erschreckende Weise Völkerrecht verletzt.
Angesprochen auf die Frage, ob er sich aktuell mit dem russischen Präsidenten treffen würde, sagte Kretschmer: "Ich möchte mich mit so jemandem, der so was macht, nicht an einen Tisch setzen. Ich wüsste nicht, was ich mit ihm besprechen sollte."
Kretschmer hält eine Stärkung der russischen Zivilgesellschaft für geboten. "Je schwieriger die Situation ist, und je mehr sich ein Land auch in Richtung Diktatur und Unfreiheit entwickelt, je mehr müssen diejenigen, die in so einem Land als Demokraten, als aufrechte Bürger leben, unterstützt werden."