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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Nach 2:2 gegen Mainz weiter sieglos Last-Minute-Drama beim VfL Bochum: "Ich könnte heulen!"
Frust ohne Ende beim VfL Bochum: Nach dem 2:2 gegen Mainz samt Last-Minute-Gegentor hat Keven Schlotterbeck seinen Gefühlen freien Lauf gelassen.
95 Minuten lang sah alles nach dem großen Befreiungsschlag aus. Der VfL Bochum war gegen Mainz durch den späten Kopfballtreffer von Keven Schlotterbeck in der 82. Minute mit 2:1 in Führung gegangen. Der erste Saisonsieg war zum Greifen nah, das Ruhrstadion feierte eine große blau-weiße Party. Aber auf einmal herrschte nur noch Stille: Mit der letzten Aktion in der sechsten Minute der Nachspielzeit erzielte Mainz 05 noch den Ausgleich und sorgte für Fassungslosigkeit auf den Rängen und dem Rasen.
Torschütze Schlotterbeck versuchte danach im Interview, das Last-Minute-Drama und seine Emotionen in Worte zu fassen, seinen Mitspielern aber trotz allem Frust auch Mut zu machen für die nächsten Aufgaben.
Keven Schlotterbeck über…
…sein Fazit zum Spiel:
Wir haben über 95 Minuten ein sehr gutes Spiel gemacht und die Fans mitgenommen. Wir haben vor allem eine sehr gute erste Halbzeit gespielt. Man kann den Jungs wirklich nicht viel vorwerfen. Ich bin stolz auf die Mannschaft. Wir sind auf jeden Fall auf dem richtigen Weg. Dieses Ding gewinnst du normalerweise. Aber der Fußballgott hat uns bestraft nach 90 plus sechs Minuten.
…das Gegentor nur Sekunden vor dem Abpfiff:
96. Minute, letzte Aktion und du bekommst so ein Scheißtor. Unbeschreiblich, unfassbar! Der Ball fliegt wahrscheinlich durch sechs Männer durch, wird abgefälscht, Manu kommt nicht hin. Ich könnte wirklich im Strahl kotzen! Es hat vielleicht auch etwas mit Pech zu tun. Trotzdem musst du diese Aktion einfach verteidigen und irgendwie klären.
…seine Gefühlswelt zwischen eigenem Torjubel und Gegentor-Frust:
Es ist eine unglaubliche Emotion. Auf der einen Seite bist du glücklich. Auf der anderen Seite könnte ich heulen und einfach ins Bett gehen. Die drei Punkte hätten in Bochum bleiben müssen, das ist Fakt. Du bekommst in der 96. Minute so ein krummes Ding, dass du dir denkst: Irgendwie schaut der Fußballgott herunter und denkt sich, die machen wir heute noch kaputt. Es ist sehr traurig, darüber muss man erst einmal eine Nacht schlafen.
…seinen Kopfballtreffer zur 2:1-Führung:
Ich habe den Ball voll getroffen. Was man nicht sieht, das kann man nicht halten. Das habe ich früher so in Backnang gelernt von meinen Jungs. Es war eine einstudierte Variante. Genau so muss es sein – wir müssen uns Gedanken machen, wie wir den Gegner knacken. Mit dem Standard haben wir das gegen Mainz geschafft.
…den Elfmeter für Bochum, der erst nach Videobeweis gegeben wurde:
Genau für solche Situationen ist der VAR da. Ich spitzel‘ den Ball weg, da Costa trifft mich klar, der VAR sieht es. Elfmeter, Schluss, aus, Ende.
…seine Auswechslung in der 85. Minute:
Ich hatte muskuläre Probleme. Ich fühle mich natürlich, als hätte ich die Mannschaft in den letzten zehn Minuten im Stich gelassen. Lieber wäre ich dringeblieben und hätte das 2:1 gehalten. Aber wenn es der Körper nicht zulässt, dann ist es leider so. Ich muss mich jetzt pflegen und dann hoffe ich, dass es zur nächsten Woche wieder reicht.
…die Lehren aus dem Spiel:
Wir brauchen in der ersten Halbzeit die Zielstrebigkeit, auch das zweite Tor zu machen. Wir haben guten Fußball gespielt, aber der letzte Punch im Strafraum hat gefehlt. Wir müssen noch gefährlicher werden. Die Bälle müssen gefährlich in die Box. Da werden die Tore gemacht. Wir müssen die Flanken auf den zweiten Pfosten bringen und den Mann treffen, dass er vielleicht reingeht. Daran müssen wir arbeiten.
…seinen Rat, wie der VfL mit dem Last-Minute-Rückschlag umgehen sollte:
Es gibt immer Positives. Und das musst du mitnehmen nach Darmstadt. Wir haben über weite Strecken ein gutes Spiel gemacht. Was gefehlt hat, waren die drei Punkte. Uns fehlt im Moment einfach das Spielglück. Mehr kannst du nicht machen, als zu fighten und zu versuchen, den Gegner zu erdrücken mit deinen Fans im Rücken.
…den Schulterschluss mit den Fans schon vor dem Anpfiff, als man sich in der Fankurve gemeinsam eingeschworen hat:
Toto Losilla hat uns vor dem Spiel gesagt, dass die Jungs uns noch ein bisschen was sagen wollen. Sie haben uns heiß gemacht. Genau das ist es, was den VfL Bochum auszeichnet. Man hat es gehört, 90 Minuten lang. Am Ende wurde es ganz still, weil alle einfach enttäuscht waren über das Ergebnis. Aber ich ziehe den Hut vor den Fans. Du stehst mit fünf Punkten da, aber sie feiern uns bis zur letzten Sekunde ab. Das ist genau das, was wir Jungs auf dem Platz brauchen. Wir müssen zusammenstehen als VfL Bochum. Das brauchen wir in den nächsten Wochen noch mehr.
- Recherche und Interview von der Redaktion