Proteste von Umweltgruppen Melone bis Gänseblümchen: Kritik an Patenten auf Züchtung
München (dpa) - Umweltgruppen sowie Politiker von SPD und Grünen haben die Patentpraxis, aber auch die Strukturen am Europäischen Patentamt (EPA) kritisiert.
Mit herkömmlichen Methoden gezüchtete Pflanzen und Tiere dürften nicht patentiert werden, forderten Patentgegner am Mittwoch in München anlässlich einer turnusmäßigen Sitzung des Verwaltungsrats der Europäischen Patentorganisation (EPO) als Aufsichtsorgan des EPA. Es dürfe keine Monopolisierung der Tier- und Pflanzenzüchtung geben.
Trotz eines Verbots habe das EPA Patente auf gezüchtete Melonen, Tomaten, Zwiebeln, Salat, Petersilie und sogar Gänseblümchen erteilt, monierten Vertreter von rund 30 Organisationen bei einer Demo vor dem EPA. Die Demonstranten zogen mit einer riesigen aufblasbaren Melone vor das Amt. "Hände weg von unseren Saatgut" und "Natur ist nicht patentierbar", hieß es auf Transparenten.
Hintergrund der Proteste ist, dass eine technische Beschwerdekammer des EPA im Dezember 2018 überraschend entschieden hatte, dass gezüchtete Pflanzen und Tiere doch patentierbar sein sollen - entgegen politischen Aussagen und entgegen einer Entscheidung des Verwaltungsrates vom Juni 2017. Das Gremium aus den 38 Mitgliedsländern hatte damals beschlossen, dass ausschließlich mit herkömmlichen Verfahren wie Kreuzung und Selektion gezüchtete Pflanzen keinen Patentschutz mehr erhalten.
Die nun vorgebrachte Kritik zielt aber nicht nur auf bestimmte Patente, sondern auch auf strukturelle Abläufe. Der SPD-Fraktionsvize im Bundestag, Matthias Miersch, forderte eine Debatte über die Finanzierung des EPA, um seine Unabhängigkeit zu gewährleisten. Das EPA finanziert sich aus Patentgebühren. "Hier wünsche ich mir für die Zukunft ausdrücklich eine trennschärfere Lösung." Alle laufenden Verfahren zu entsprechenden Patenten müssten mit sofortiger Wirkung ausnahmslos ausgesetzt werden. "Solange keine rechtliche Klarheit herrscht, dürfen keine neuen Fakten geschaffen werden."
EPA-Pressesprecher Rainer Osterwalder sagte, das EPA arbeite mit seinen Mitgliedstaaten daran, die jetzt entstandene rechtliche Situation bezüglich der Patentierung von Pflanzen und Tieren aus konventioneller Züchtung so schnell wie möglich zu klären. Die Arbeit des EPA als zwischenstaatliche Organisation beruhe auf dem europäischen Patentübereinkommen. "Es gibt klare Strukturen und einen Instanzenweg, der dem EPA von seinen Mitgliedsstaaten vorgegeben worden ist und von diesen überwacht wird."
In diesem Vertrag sei auch festgelegt, "dass sich das EPA selbst zu tragen und einen ausgeglichenen Haushalt vorzuweisen hat". Das EPA sei gegründet worden, um für Europa ein einheitliches Patentierungsverfahren umzusetzen - und zwar vor dem Grundsatz der Gleichbehandlung aller Parteien und aller Technologien. "Wir bevorzugen nicht große Firmen vor kleinen."
Der Agrarexperte der Grünen im Bundestag, Harald Ebner, kritisierte: "Es kann doch nicht sein, dass eine Verwaltungsinstanz den erklärten politischen Willen von 38 Staaten unterläuft, die sich 2017 klar für ein Patentierungsverbot ausgesprochen haben." Die Bundesregierung dürfe nicht länger tatenlos zusehen.
"Das EPA stellt sich gegen Beschlüsse der Europäischen Kommission und des Europäischen Parlaments - zum Wohle der Konzerne", sagte der Landesvorsitzende des Bundes Naturschutz in Bayern, Richard Mergner. "Mit immer neuen juristischen Winkelzügen wird versucht, Beschlüsse der Politik und die gesetzlichen Verbote ins Leere laufen zu lassen." Notfalls müsse der Text der Gesetze so geändert werden, dass kein Spielraum bleibe für fragwürdige Auslegungen.