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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Meteorologin zum drohenden Hochwasser "Die Lage ist wirklich ernst"
Am Wochenende wird es in Europa zu schweren Regenfällen kommen. Für Meteorologin Michaela Koschak ist klar: Es muss jetzt sofort gehandelt werden.
Ein sogenanntes Vb-Tief, auch bekannt als Mittelmeertief, zieht über Europa hinweg. Im Gepäck hat es enorme Regenmengen, die es im Mittelmeer aufgesammelt hat. In Deutschland ist womöglich der Südosten betroffen. Schon seit Wochenbeginn warnen Wetterportale vor dem Unwetter. Auch Schneefälle werden erwartet.
Meteorologin und t-online-Kolumnistin Michaela Koschak erklärt, wie viel Regen voraussichtlich fallen wird, welche Regionen es besonders hart trifft und was dagegen getan werden muss.
t-online: Frau Koschak, welche Regenmengen werden für die nächsten Tage vorhergesagt?
Michaela Koschak: Nach derzeitigen Modellen lokal zwischen 300 und 500 Liter pro Quadratmeter Regen bis Montagfrüh. Zum Vergleich: Im Ahrtal fielen 150 Liter pro Quadratmeter in 24 Stunden.
Wie kommt es zu dieser Wetterlage?
Durch den Klimawandel werden die Meere immer wärmer. In diesem Jahr war das Mittelmeer so warm wie nie zuvor. Dadurch verdunstet mehr Wasser, der Wasserdampf ist das Futter für Tiefs wie dieses sogenannte Vb-Tief oder auch Genuatief. Durch die rekordwarmen Meere ist deutlich mehr Feuchtigkeit in solchen Tiefs vorhanden als vor dem Klimawandel. Bei der aktuellen Wetterlage bewegt sich dieses Tief recht langsam, somit werden diese Regenmengen innerhalb von drei Tagen fallen, aber es ist wirklich enorm viel und besorgniserregend.
Zur Person
Michaela Koschak hat an der FU Berlin Meteorologie studiert und ist vielen Menschen aus dem Fernsehen bekannt. Sie hat unter anderem für Sat.1, MDR und NDR das Wetter präsentiert. Außerdem ist sie Buchautorin. Seit 2019 arbeitet Michaela Koschak auch als Kolumnistin für t-online, kommentiert und erklärt bei uns regelmäßig Wetter- und Klimaphänomene.
Welche Regionen werden davon betroffen sein?
Im Moment scheinen Tschechien und Polen den meisten Regen abzubekommen, aber auch in Österreich werden unglaubliche Regenmengen und Schneemassen fallen. Zudem kann man noch nicht genau sagen, wo das Tief entlang ziehen wird. Wenn es nur 50 bis 100 km weiter westlich zieht, sind auch der Süden und Osten Bayerns (Donau), sowie in Sachsen das Erzgebirge, das Zittauer Gebirge und die Oberlausitz stärker betroffen. Wenn es so zieht, wie im Moment berechnet, wird dennoch in Teilen von Ostsachsen und Südostbayern Dauerregen mit 80 bis 150 Liter pro Quadratmeter fallen.
Zudem haben wir das Problem, dass Flüsse wie die Elbe, Oder, Neiße, Spree aus Tschechien und Polen entspringen – das heißt, wenn es hier so viel regnet, werden auch bei uns die Flüsse enorm anschwellen und ein Hochwasser bringen. Die Lage ist wirklich ernst, und es ist zu hoffen, dass die Modelle übertreiben.
Wie sicher sind denn die Vorhersagen der Modelle?
Die Intensität und die Zugbahn sind noch unsicher. Klar ist: Am kommenden Wochenende wird es irgendwo in Mitteleuropa eine schlimme Hochwasserlage, ein neues Jahrhunderthochwasser geben. Da stimmen alle Wettermodelle überein.
Nun fällt der Begriff Jahrhunderthochwasser in immer kürzeren Abständen und nicht nur alle hundert Jahre.
Stimmt. Daher finde ich das Wort Jahrhunderthochwasser mittlerweile auch selbst schwierig, da es "jedes zweite Jahr" ein neues Jahrhundertereignis durch den Klimawandel gibt. Wir müssen klar kommunizieren, dass durch den Klimawandel Extremwetter immer häufiger und heftiger auftreten und wir langsam wach werden sollten, weil die Schäden immer schlimmer und teurer werden. Wir Meteorologen sehen klar auf den Modellkarten, was uns erwartet, aber können nur hilflos zusehen, wie Regionen absaufen werden.
Was könnte denn dagegen getan werden?
Dringend nötig sind Klimaschutz und Klimaanpassung in vielen Bereichen. Es muss jetzt und effektiv gehandelt werden. Wir brauchen eine wirkliche Transformation Richtung Klimaneutralität, sonst werden solche Wetterkapriolen immer häufiger und immer heftiger.
Frau Koschak, vielen Dank für das Gespräch.
- E-Mail-Interview mit Michaela Koschak