Arzt soll mehr 250 Kinder missbraucht haben Vorwurf an Ex-Frau: "Sie hat nichts unternommen"
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Nach dem Fall Gisèle Pelicot erschüttert Frankreich der nächste Vergewaltigungs- und Missbrauchsprozess. Dabei wurden Vorwürfe gegen die Ex-Frau des Angeklagten laut.
Im französischen Missbrauchsprozess mit mehr als 250 betroffenen Kindern hat die Ex-Frau des Angeklagten, Joël Le Scouarnec, ihre Mitwisserschaft bestritten. "Es gab nichts, was darauf hingewiesen hätte, nichts und wieder nichts", sagte die 71-Jährige am Mittwochabend vor Gericht im nordwestlichen Vannes. "Ich habe nie die leiseste Ahnung gehabt."
Le Scouarnec, ein 74 Jahre alter ehemaliger Chirurg, steht wegen des Missbrauchs von insgesamt 299 Patienten vor Gericht. Die meisten Opfer waren Kinder und durchschnittlich elf Jahre alt. Der Arzt hatte zu Beginn des Prozesses seine Taten weitgehend gestanden. Nach Darstellung der Anklage verging er sich an seinen jungen Patientinnen und Patienten unter dem Vorwand von Untersuchungen oder während sie unter Narkose waren.
Die Ex-Frau erklärte vor Gericht, dass sie nicht einmal gewusst habe, dass ihr damaliger Mann bereits 2005 wegen Besitzes kinderpornografischer Bilder verurteilt worden war. Während der Ermittlungen hatte sie dies noch eingeräumt. "Das habe ich nie gesagt", erklärte sie nun angesprochen auf ihre frühere Aussage.
Auf die Vorlage von Briefen während der Verhandlung, in denen sie Kindesmissbrauch durch ihren Mann erwähnte, reagierte die Ex-Frau nicht. Sie weigerte sich auch, Nacktfotos anzusehen, die ihr damaliger Mann von einer schlafenden Nichte im Kindesalter gemacht hatte. Auf die Frage, warum sie nichts bemerkt habe, antwortete sie, dass sie "keinen Blick für das Böse" habe. Zudem führte sie ihre "Hyperaktivität" an. Wenn sie etwas erfahren hätte, wäre sie zur Polizei gegangen, erklärte sie. Sie sagt zudem aus, dass sie selbst als Kind zweimal von Onkeln vergewaltigt worden sei.
Kritik an der Frau kam vom Bruder des Angeklagten. Er beschuldigte sie, ihren damaligen Mann gedeckt zu haben. "Sie wusste über die Taten ihres Mannes Bescheid und hat nichts unternommen", sagte er. Er warf seiner früheren Schwägerin vor, aus finanziellen Interessen mit ihrem Mann zusammengeblieben zu sein.
Le Scouarnec drohen 20 Jahre Haft
Le Scouarnec war 2020 zu 15 Jahren Haft verurteilt worden, weil er vier Mädchen missbraucht hatte, unter ihnen zwei Nichten und die sechs Jahre alte Tochter seiner Nachbarn. Der Fall des Nachbarkindes hatte zu einer Hausdurchsuchung geführt, bei der die Tagebücher ans Licht kamen. Darin beschrieb er minutiös, wie er sich an den Kindern verging – teils im Krankenzimmer, teils sogar auf dem Operationstisch. Ermittler fanden außerdem rund 300.000 kinderpornografische Fotos und Videos.
Der Chirurg arbeitete in rund zwölf verschiedenen Krankenhäusern im Westen Frankreichs. Obwohl manche seiner Chefs und Kollegen wussten, dass er bereits früher wegen Kinderpornografie verurteilt worden war, behinderte dies nicht seine Karriere.
Der Prozess ist auf vier Monate angesetzt. Die Höchststrafe beträgt 20 Jahre.
- Nachrichtenagentur AFP
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