Arzt über den Anschlag von Magdeburg "Wenn wir diese Ausländer nicht gehabt hätten"
Im Dezember ist ein Mann mit einem Auto in den Weihnachtsmarkt in Magdeburg gefahren. Ein isländischer Herzchirurg schildert seine Eindrücke.
Bei einem Angriff auf den Weihnachtsmarkt in Magdeburg sind am 20. Dezember mehr als 200 Menschen verletzt worden. Ein Herzchirurg des Universitätsklinikums, Henning Busk, äußerte sein Unverständnis darüber, wie ein Auto so viele Menschen in so kurzer Zeit verletzen konnte. Besonders betroffen machten ihn die zahlreichen verletzten Kinder, wie der isländische öffentlich-rechtliche Kanal RÚV berichtet.
Das Universitätsklinikum in Magdeburg ist das größte Krankenhaus im nördlichen Sachsen-Anhalt und war zentraler Anlaufpunkt für die Versorgung der Opfer. Nach dem Anschlag gäbe es neben großer Trauer auch großen Hass auf Ausländer in Magdeburg, schildert Busk die Stimmung in der Stadt. Dabei hätten gerade ausländische Ärzte einen erheblichen Beitrag zur Rettung der Verletzten geleistet.
Der Grundtenor in der Stadt sei "all diese Ausländer, nur weil wir so viele Ausländer haben, passiert das". Doch Busk stellt auch klar: "In unserem Krankenhaus waren es beispielsweise über 20 Ärzte aus 20 verschiedenen Ländern, die für die Betreuung der Opfer zuständig waren. Wenn wir diese Ausländer nicht gehabt hätten, hätten wir diese Menschen nicht retten können. Deshalb brauchen wir diese Leute.“ Mehr zu dem Anschlag lesen Sie hier.
Schwerste Attacke seit dem Zweiten Weltkrieg
Der Angriff gilt als die tödlichste Attacke in Magdeburg seit den Bombenangriffen im Zweiten Weltkrieg im Jahr 1945. Fünf Menschen verloren ihr Leben bei dem Vorfall. "Man kann nicht verstehen, dass ein Auto über 200 Menschen verletzen kann", sagte Busk.
Er arbeitete zu dieser Zeit an einer Notoperation, als er über Lautsprecherdurchsagen von dem großen Anfall von Verletzten erfuhr und alle anderen Operationen abgebrochen werden mussten, um Platz für die vielen Patienten zu schaffen. Im gesamten Krankenhaus habe man nie zuvor eine solche Anzahl an Verletzten gesehen.
Angespannte Stimmung in der Stadt
Besonders schockierend sei es gewesen, dass viele der Opfer junge Kinder und Jugendliche waren. Zwölf schwer verletzte Patienten seien auf die Intensivstationen verteilt worden; auch andere Krankenhäuser der Stadt nahmen zahlreiche Verletzte auf.
Die Einwohner von Magdeburg seien tief erschüttert von den Ereignissen und legten Blumen und Kuscheltiere am Tatort nieder. Viele würden sich jedoch auch aus Angst vor weiteren Vorfällen vom Stadtzentrum fernhalten, berichtete Busk im Gespräch mit RÚV.
"Normalerweise steht dort immer ein Polizeiwagen, aber dieses Mal war keiner da", erklärte Busk zu den Sicherheitsvorkehrungen am Marktgelände. Der Täter hatte eine Lücke genutzt, um mit seinem BMW durch das Gelände zu rasen.
Busk äußerte zudem Bedenken hinsichtlich der politischen Auswirkungen des Angriffs. Er fürchtet eine Zunahme fremdenfeindlicher Stimmungen und deren Einfluss auf kommende Wahlkämpfe in Deutschland. Die Alternative für Deutschland (AfD) könnte das Thema stark für ihre Zwecke nutzen, so Busk.
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- ruv.is: "Íslenskur skurðlæknir í Magdeburg: 'Það er alveg rosalega mikil sorg'" (isländisch)