In Portugal BKA bat um neue Suchaktion im Fall Maddie
Vor etwa 16 Jahren verschwand die damals dreijährige Maddie in Portugal. Auf Wunsch deutscher Ermittler wird nun ein Stausee im Süden des Landes abgesucht.
Im Süden Portugals ist am Dienstag auf Bitten des Bundeskriminalamtes (BKA) eine neue Suchaktion nach der vor 16 Jahren spurlos verschwundenen Madeleine "Maddie" McCann aus Großbritannien angelaufen. Neben einheimischen Beamten waren Medienberichten zufolge auch deutsche und britische Polizisten vor Ort.
Das teilte die Staatsanwaltschaft im niedersächsischen Braunschweig am Dienstag mit. Sie ermittelt in dem Fall wegen Mordverdachts gegen den mehrfach vorbestraften deutschen Sexualstraftäter Christian B., der derzeit in anderer Sache in Haft sitzt.
Auf Fernsehbildern war zu sehen, wie Polizisten am portugiesischen Arade-Stausee den Uferbereich durchkämmten. Taucher fuhren mit einem Schlauchboot auf den See hinaus. Dutzende Fahrzeuge und Spezialisten sowie ein Spürhund waren an dem Einsatz beteiligt, Zelte dienten als Koordinationszentrum. Der See war schon am Vortag weiträumig abgeriegelt worden. TV-Teams durften nur aus der Ferne von außerhalb filmen.
Neue Entwicklungen
Was genau die neue Suche ausgelöst hat, darüber hüllten sich die Behörden in Schweigen. Hans Christian Wolters, Sprecher der Staatsanwaltschaft Braunschweig, die in dem Fall gegen den vorbestraften Christian B. wegen Mordverdachts ermittelt, sagte der Deutschen Presse-Agentur am Dienstag nur, die Aktion beruhe auf "Entwicklungen in jüngster Zeit"
Es müsse auch offen bleiben, ob nach Beendigung der Aktion über mögliche Ergebnisse informiert werden könne, sagte Wolters. "Nähere Informationen zu den Hintergründen werden derzeit aus ermittlungstaktischen Gründen nicht herausgegeben." Auch die portugiesische Polizei äußerte sich nur knapp. "Über den Ausgang des Verfahrens wird zu gegebener Zeit informiert" hieß es in einer Stellungnahme.
Suchaktion auf Wunsch deutscher Behörden
Bereits am Montag hatte die portugiesische Polizei bestätigt, dass sie in den kommenden Tagen im Rahmen internationaler Zusammenarbeit "auf Wunsch der deutschen Behörden weitere Suchaktionen" organisieren werde. Diese würden von der Kriminalpolizei koordiniert und in Anwesenheit britischer Behörden erfolgen, hieß es weiter. Auch die portugiesische Polizei führt Christan B. seit vergangenem Jahr offiziell als Tatverdächtigen im Fall "Maddie".
Der deutsche Anwalt des Verdächtigen Christian B., der wegen eines anderen Verbrechens in Deutschland eine mehrjährige Haftstrafe absitzt, wollte die Entwicklungen in Portugal auf dpa-Anfrage nicht kommentieren. Portugiesische Medien gingen davon aus, dass bei den Ermittlungen in Deutschland irgendwelche neuen Hinweise aufgetaucht sein könnten.
Der Stausee liegt rund 50 Kilometer nordöstlich des Algarve-Badeortes Praia da Luz, wo Madeleine am Abend des 3. Mai 2007 aus dem Zimmer einer Ferienanlage verschwand. Die Eltern hatten sie und ihre jüngeren Geschwister im Appartement gelassen, als sie in einem Restaurant zu Abend aßen. Seitdem fehlt von Maddie jede Spur. Ermittler vermuten, dass sie entführt und ermordet wurde. Eine Leiche wurde nie gefunden.
Haftstrafe wegen Vergewaltigung
Dass es einen deutschen Mordverdächtigen gibt, war erst im Sommer 2020 bekannt geworden. Die Ermittler gehen davon aus, dass der heute 46-jährige Madeleine entführte und umbrachte. Es gebe viele Hinweise, aber die Beweiskette sei nicht geschlossen, hieß es seitdem von der Staatsanwaltschaft. Es gelte der Grundsatz der Unschuldsvermutung.
Christian B. ist wegen Sexualdelikten vorbestraft und lebte von 1995 bis 2007 regelmäßig an der Algarve. B. verbüßt aktuell eine mehrjährige Haftstrafe nach einer rechtskräftigen Verurteilung wegen einer Vergewaltigung in Portugal im Jahr 2005. Parallel klagte ihn die Staatsanwaltschaft Braunschweig im vergangenen Jahr wegen mehrerer weiterer Sexualverbrechen an, die er zwischen 2000 und 2017 ebenfalls in Portugal begangen haben soll.
Laut der portugiesischen Wochenzeitung "Expresso" war B. während seines Aufenthalts in Portugal öfter an der Arade-Talsperre nahe der Kleinstadt Silves gewesen. Nach Berichten portugiesischer Medien suchten Taucher das Gebiet schon 2008 ab, fanden aber nur Überreste von Tieren.
Letzte Suchaktion vor drei Jahren
Trotz internationaler Fahndungen wurde der Fall Maddie nie aufgeklärt, von dem Mädchen fehlt bis heute jede Spur. Die letzte bekannte größere Suchaktion nach ihr fand vor knapp drei Jahren im Sommer 2020 statt.
Wie bei früheren Operationen war damals wieder praktisch jeder Stein umgedreht worden. Im Juli jenen Jahres wurde unter anderem mithilfe von Tauchern in drei seit Jahren stillgelegten Brunnen in Vila do Bispo gesucht. Erfolglos.
Die Eltern Kate and Gerry haben die Hoffnung nicht aufgegeben. "Die polizeilichen Ermittlungen gehen weiter und wir warten auf einen Durchbruch", schrieben sie in einer ihrer seltenen Mitteilungen. Und fügten am 3. Mai, dem 16. Jahrestag des Verschwindens ihrer Tochter, hinzu: "Immer noch verschwunden. Immer noch so sehr vermisst."
- Nachrichtenagenturen AFP und dpa