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Corona-Impfzentrum: Das sind die skurrilsten Anekdoten


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Beteiligte berichtet aus Leipzig
Die skurrilsten Anekdoten aus dem Impfzentrum


Aktualisiert am 13.07.2021Lesedauer: 5 Min.
Impfzentrum Leipzig: Offenbar eine Mitarbeiterin von dort berichtet freimütig von zum Teil bizarren Erfahrungen beim Impfen, ihr Beitrag verbreitet sich viral.Vergrößern des Bildes
Impfzentrum Leipzig: Eine Frau, die angibt, Mitarbeiterin des Zentrums zu sein, berichtet freimütig von zum Teil bizarren Erfahrungen beim Impfen, ihr Beitrag verbreitet sich viral. (Quelle: Hendrik Schmidt/dpa)
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Was müssen die Teams in Impfzentren alles ertragen? Eine anonyme Schilderung aus Leipzig gibt teils absurde Einblicke. Und zeigt, wie tief die Angst in Teilen der Bevölkerung sitzt.

Eine Tüte Bonbons von einer 93-Jährigen. Als Dank für die Impfung, die es ihr ermöglicht, bald wieder mit gutem Gefühl alle Enkel und Urenkel abzuklappern. Diese Erfahrung gehört zu den schönen, die Mitarbeiter von Impfzentren machen. Aber es gibt eben auch die weniger schönen. Oft wird nur mit einer Anzeige gedroht, manchmal aber auch mit dem Kriegstribunal wegen eines "Genozids an Deutschen".

All das sind Schilderungen aus dem Impfzentrum Leipzig, die sich zuletzt viral verbreitet haben. Sie kommen von einer Frau, die nach eigenen Angaben Medizinische Fachangestellte (MFA) ist – umgangssprachlich Sprechstundenhilfe –, und die manchmal offenbar fast an ihrer Aufgabe verzweifelt. Sie liebe ihren Job, sie möge Menschen – und die meisten Patienten im Impfzentrum seien nett und dankbar, berichtet sie.

Vom Ankläger bis zum "Forscher"

Doch es gibt eben auch all die anderen Fälle. Das zeigen ihre Anekdoten, die sie in der vor allem von jungen Menschen genutzten App Jodel erzählt hat. Ob sie alle stimmen, ist unklar. Allerdings berichteten auch andere an der Impfkampagne Beteiligte von ähnlichen Erfahrungen.

Deshalb dokumentiert t-online ein Dutzend der kurios-absurden Erlebnisse aus Leipzig.

Der Ankläger: Nach der Impfung trumpfte ein Mann auf: "Jetzt habe ich Sie!" Auf die verdutzte Reaktion erklärte er, er habe jetzt den Nachweis einer Körperverletzung. Nur zum Schein habe er sein Einverständnis gegeben, um beweisen zu können, dass er gegen seinen Willen geimpft worden sei.

Die Unentschlossene: Sie habe keine Fragen, sagte ein Frau. Und: "Ich will nicht." Was? "Mich impfen lassen." Müsse sie ja nicht, dann könne sie wieder gehen. "Aber ich bin doch hier für die Impfung." Dass sie gerade gesagt habe, sie wolle sie nicht: "Ja, stimmt." Aber sie nehme sie trotzdem.

Der "Zwangsgeimpfte": Ein Mann stellte sich vor, er sei für "die beschissene Zwangsimpfung" da. Die Mitarbeiterin widersprach, von Zwang könne keine Rede sein, er könne gehen und sich auch testen lassen, wenn es um Urlaub oder Restaurantbesuche gehe. Seine Reaktion: "Da werde ich heimlich geimpft!"

70 Impfungen pro Schicht
Im Impfzentrum Leipzig sind nach Zahlen des Landes Sachsen zusammen bisher mehr als 260.000 Erst- und Zweitimpfungen erfolgt. Eine Schicht für eine Medizinische Fachangestellte dauert dort laut Deutschem Roten Kreuz fünf Stunden, in denen sie rein rechnerisch bis zu 70 Personen impft. Wie viele es genau sind, variiert. Das Leipziger Zentrum öffnete am 11. Januar. Eine Medizinische Fachangestellte, die dort seit Monaten im Einsatz ist, kann es durchaus auf mehrere Tausend Impfungen gebracht haben.

Der Erbdrängler: Ein Mann, der eine ältere Frau im Rollstuhl zum Impfen gebracht hatte, kam noch mal zurück mit der Frage, wie lange es jetzt noch dauere. Doch er wollte nicht den Zeitraum bis zum vollen Impfschutz wissen, sondern wann die alte Dame nun sterbe. "Ich denke, mit Astrazeneca sterben die alle? Wir wollen erben."

Die Wankelmütige: Eine Frau wollte nach der Impfung nicht noch 15 Minuten warten. Die Erklärung, dass dieser Zeitraum dazu diene, zu schauen, ob es ihr gut gehe (und sie nicht eine seltene allergische Reaktion zeige), alarmierte sie: "Also doch tödlich, das Zeug! Holen Sie es sofort wieder aus mir raus!" Die Sprechstundenhilfe schreibt einordnend, Bedenken seien völlig in Ordnung. Aber: "Aus allgemeiner medizinischer Sicht spricht nichts gegen die Impfung und ich kann sie jedem empfehlen. Sprecht bei Unsicherheit euren Hausarzt an."

Der Zweifler: Sie sei bereits seit Wochen voll geimpft, erklärte die Medizinische Fachangestellte einem Mann. Der fragte nach: "Wasser oder Kochsalz – wie die ganzen Politiker und Stars und so?" Schließlich erhielten die doch "alle das ungefährliche Zeug und die Bevölkerung sind die Laborratten." Der Beteuerung, natürlich den echten Impfstoff erhalten zu haben, schenkte der Mann keinen Glauben. "Beweisen Sie es!" Impfen ließ er sich trotzdem.

Die Frau in Todesangst: Kurz vor dem Piks fing eine Frau plötzlich zu zittern und zu weinen an: "Ich will nicht sterben!" Als die Mitarbeiterin irritiert in den Unterlagen nachschaute, ob sie etwas übersehen hatte, bekam sie den Satz "Sie geben mir doch gleich diese Gegengiftspritze!" entgegengeschleudert. Selbst der Hinweis, dass es sich um ein mRNA-Vakzin und keine "Giftspritze" handle, nutzte nichts: "Mörderin!"

Der Schiffmann-Jünger: Ein Mann holte aus seiner Tasche einen Stapel Papiere: "Ich habe hier mal die wissenschaftliche Studienlage von Herrn Schiffmann mit." Bodo Schiffmann ist ein Impf- und Maskengegner, der wiederholt mit zum Teil bewusst falschen Informationen aufgefallen ist. Der Mann riet der Mitarbeiterin: "Lesen Sie das mal besser, damit Sie wissen, was Sie hier machen!" Die Sprechstundenhilfe kommentierte: "Ich bekomme eine gewisse Wut, aber im Endeffekt sind das arme Leute, die den Lügen von irgendwelchen Idioten aufgesessen sind."

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Die verhinderte Verhütung: Eine Frau überraschte nach der zweiten Impfung mit dem Satz, jetzt müsse sie ja nicht mehr zur Frauenärztin: Sie sei doch jetzt durch die Impfung unfruchtbar. Der energische Widerspruch, dass die Impfung nicht unfruchtbar mache, verunsicherte sie auch: "Aber ich hatte Sex! Ohne Verhütung!"

Die Hypochonderin: Beim Piks sagte eine Frau: "Das tut weh. Ich habe Schmerzen." Es sei doch schon vorbei, erhielt sie als Antwort – aber die Frau brach in Tränen aus und begann zu hyperventilieren. Sanitäter konnten keine Ursache finden, es ging ihr bestens.

Die "Forscher": Die Polizei wurde wegen eines Ehepaars gerufen, das sich bei der Impfung des Ehemanns als "Forscher" vorstellte. Auf Nachfrage erklärten sie, sie machten eine Studie, wer besser klarkomme: der geimpfte Mann oder die mit Corona infizierte Frau. Sie habe sich in Portugal angesteckt – und war als Begleiterin ins Impfzentrum gekommen.

Echtheit nicht überprüfbar

Unterhaltsam sind diese Geschichten durchaus. Aber stimmen sie auch?

Überprüfen lässt sich das kaum. Andere Nutzer kommentierten allerdings, in Impfzentren ähnliche Erfahrungen gemacht zu haben. Die Sprechstundenhilfe selbst berichtet von beleidigenden Nachrichten, sie sei eine "Pharma-Nutte" und habe das erfunden. Ihr sei das egal: "Ich kenne meinen Arbeitsalltag. Und die Erlebnisse der Kollegen des DRK bei Einsätzen in der Pandemie sind viel schlimmer."

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Das Deutsche Rot Kreuz Sachsen als Betreiber der Impfzentren äußert sich zurückhaltend: Man könne keine Aussagen dazu treffen, ob diese Gespräche oder Geschichten in Leipzig sich alle so abgespielt hätten. Aber: "Im Rahmen der sächsischen Impfkampagne haben sich alle Beteiligten mit mental und emotional fordernden bis hin zu belastenden Situationen, Gesprächen und Menschen auseinandersetzen müssen."

Es kam sogar zu mehreren Polizeieinsätzen. Allerdings weiß zumindest die Leitung des Impfzentrums Leipzig auf Nachfrage nichts von einem Einsatz, bei dem ein Mann für eine Impfung bewusst von einer infizierten Frau begleitet worden sei und das Paar von "Forschung" gesprochen habe.

Zumindest auf den ersten Blick irritierend ist auch, dass die Medizinische Fachangestellte in ihrem Beitrag Impflingen Dino- und Teddypflaster in Aussicht stellt. Die gibt es zumindest offiziell im Impfzentrum Leipzig nicht. Allerdings wurden laut DRK durchaus Pflaster mit Herzen mitgebracht und verteilt. Sie stammten offenbar aus Arztpraxen.

Die mitteilsame Arzthelferin auf Jodel muss sich aber offenbar keine Sorgen machen, ausfindig gemacht und zur Rede gestellt zu werden. Denn für ihre durchaus unterhaltsame Form der Impfaufklärung gibt es wahrscheinlich nicht nur auf Jodel viel Beifall. Insgeheim könnte sie auch den Mitarbeitern des Roten Kreuzes und vielen anderen an der Impfkampagne Beteiligten gefallen.

Verwendete Quellen
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