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Selten: Niedrige Pegelstände lassen Hungersteine in Elbe und Rhein auftauchen


"Wenn du mich siehst, dann weine"
Trockenheit lässt Hungersteine in Elbe und Rhein auftauchen

Von t-online, dpa, afp, sje

Aktualisiert am 15.08.2022Lesedauer: 3 Min.
Hungerstein: Der Spruch "Wenn du mich siehst, dann weine" soll aus dem 19. Jahrhundert stammen – mittlerweile wurde ein Teil der Inschrift ausgewaschen.Vergrößern des Bildes
Hungerstein: Der Spruch "Wenn du mich siehst, dann weine" soll aus dem 19. Jahrhundert stammen – mittlerweile wurde ein Teil der Inschrift ausgewaschen. (Quelle: Twitter @BlakesWort)

Hungersteine werden Felsen in Flüssen genannt, die nur bei großer Trockenheit frei liegen. Nun sind sie wieder zu sehen – künftig wird das wohl öfter passieren.

Die Trockenheit in Deutschland hält an – und lässt erschreckende Warnungen aus vergangenen Zeiten wieder auftauchen. Sogenannte Hungersteine sind aufgrund der niedrigen Pegelstände von Elbe und Rhein nun freigelegt worden. Der Rhein meldete am Montag einen historischen Tiefstand – schlechte Nachrichten für die Binnenschifffahrt.

Forschende in Sachsen fanden im freigelegten Ufergebiet der Elbe Dutzende Hungersteine, die zuvor teils noch nicht bekannt waren, berichtet die "Sächsische Zeitung". Traditionell ritzen Anwohner die Jahreszahl in den Stein, wann immer dieser frei liegt – in Sachsen stammt die älteste bekannte Zahl aus dem Jahr 1417 und liegt in der tschechischen Stadt Decin nahe der Grenze zu Sachsen. Dazu tragen die Felsen Warnungen, etwa "Wenn du mich siehst, dann weine". Dieser Spruch stammt den Forschenden zufolge aus dem 19. Jahrhundert und bezieht sich wohl auf die aufgrund der Trockenheit erwartbare schlechte Ernte.

Auch in der Talsperre Werda, die im sächsischen Vogtlandkreis den Geigenbach staut, und am Rhein sind solche Hungersteine aufgetaucht, wie der "Kölner Stadtanzeiger", der "General-Anzeiger" und die "Freie Presse" berichten. Einige von ihnen tragen auch Markierungen von 2015 oder 2018 – auch in diesen Jahren hatte es in Deutschland deutlich zu wenig geregnet.

Pegel des Rheins könnte auf null sinken

Der Pegelstand des Rheins in Emmerich kurz vor der niederländischen Grenze hat am Montagmorgen einen Tiefststand erreicht. Es seien nur noch vier Zentimeter gemessen worden, teilte die Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung über ihr Portal Elwis mit. Der bisherige historische Tiefstand hatte bei sieben Zentimetern Ende Oktober 2018 gelegen.

Für die kommenden Tage erwartet die Behörde noch weiter fallende Wasserstände. Am Dienstagnachmittag soll in Emmerich sogar ein Pegelstand von null erreicht werden. Der Pegelstand ist nicht zu verwechseln mit der Fahrrinne. Dort werden in Emmerich 1,80 Meter für die Berufsschifffahrt frei gehalten. Eine Rheinfähre bei Rees wurde wegen des Niedrigwassers eingestellt, wie der Fährbetrieb mitteilte.

Der Pegelstand des Rheins bei Köln lag am Montagmorgen bei 76 Zentimetern – sieben Zentimeter über dem bisherigen Tiefststand von 69 Zentimetern. In Düsseldorf wurden 34 Zentimeter gemessen. Dort liegt der niedrigste bisher gemessene Wert bei 23 Zentimetern.

Nur kurzfristige Entspannung erwartet

"Solange es nicht regnet, geht es weiter bergab", hatte ein Sprecher des Wasser- und Schifffahrtsamts Rhein am Sonntag der dpa gesagt. Außergewöhnlich sei, dass niedrige Stände schon so früh im Jahr erreicht würden. Erst ab Mitte der neuen Woche erwartet die Behörde eine leichte Entspannung bei den Wasserständen.

Auch die Bundesanstalt für Gewässerkunde (BfG) prognostizierte zuletzt einen "leichten Anstieg der Wasserstände". Die erwarteten Niederschlagsmengen würden jedoch zu gering ausfallen, "um an den größeren Flüssen eine nachhaltige Entspannung der Niedrigwassersituation zu bewirken". Es sei daher auch weiterhin mit Einschränkungen bei der Schifffahrt zu rechnen.

Wissing: Klimawandel verschärft das Problem

Verkehrsminister Wissing warnte am Montag jedoch davor, dass sich das Problem der niedrigen Wasserstände für die deutsche Binnenschifffahrt in Zukunft noch weiter verschärfen könnte. "Wir müssen der Tatsache ins Auge sehen, dass wir uns langfristig aufgrund des Klimawandels immer wieder auf extreme Niedrigwasser-Situationen einstellen müssen", sagte er der "Rheinischen Post" vom Montag.

Der Rhein ist die wichtigste Wasserstraße Deutschlands. Wegen der niedrigen Wasserstände können Schiffe derzeit deutlich weniger Ladung transportieren. Dies erhöht die Transportkosten für die Industrie und verschärft die ohnehin angespannte Lage in der Logistik.

Verkehrsminister Wissing sprach sich für einen Ausbau der Infrastruktur aus. Es sei "wichtig, dass wir Maßnahmen, wie etwa die Engpassoptimierung am Mittelrhein, möglichst schnell umsetzen", sagte er der Zeitung. Auch der Bundesverband der Deutschen Binnenschifffahrt (BDB) hatte zuletzt eine rasche Umsetzung geplanter Baumaßnahmen gefordert. Notwendig seien insbesondere Vertiefungen der Fahrrinnen in Rhein und Donau.

Verwendete Quellen
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