Corona-Pandemie Spahn weicht von Empfehlungen für Impfstoff ab
Spahn unterzeichnet am Freitag die Impfverordnung für Deutschland. Darin ist festgelegt, welche Gruppen zuerst geimpft werden sollen. Spahn folgt dabei nur teilweise den Empfehlungen der Impfkommission.
Die Vorbereitungen für den direkt nach Weihnachten geplanten Start der Corona-Impfungen in Deutschland nehmen weiter Fahrt auf. An diesem Freitag will Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) die Verordnung vorstellen und in Kraft setzen, die festlegt, in welcher Reihenfolge die Bürger Anspruch auf die Impfung haben. Das von den Firmen Biontech und Pfizer entwickelte Vakzin dürfte am Montag in der EU und damit auch in Deutschland zugelassen werden.
Impfungen starten im Dezember
Die zuständige europäische Arzneimittelbehörde EMA hatte ihre Entscheidung über den Impfstoff um acht Tage vorgezogen. Es wird allgemein mit einem positiven Entscheid gerechnet. Auch ihre Entscheidung über ein zweites Vakzin gegen das Coronavirus - jenes des US-Herstellers Moderna - will die EMA vorverlegen, nämlich um sechs Tage auf den 6. Januar, wie sie am Donnerstag mitteilte.
EU-weit sollen die Impfungen mit dem von der Mainzer Firma Biontech und deren US-Partner Pfizer entwickelten Impfstoff laut Spahn am 27. Dezember starten. Da anfangs nur eine begrenzte Menge an Dosen zur Verfügung steht, kommt der Abfolge der Impfkampagne nach Bevölkerungsgruppen eine große Bedeutung zu. Spahn hat seine entsprechende Verordnung am Freitag um 11 Uhr in einer Pressekonferenz erläutert. Alle Informationen zur Pressekonferenz finden Sie hier.
Wie das Redaktionsnetzwerk Deutschland unter Berufung auf den Verordnungstext berichtete, folgt Spahn offenbar nur teilweise den Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (Stiko) beim Robert Koch-Institut. In seiner Verordnung seien nur drei Gruppen aufgeführt, die hintereinander geimpft werden sollen. Die Stiko hatte fünf Kategorien vorgeschlagen.
"Wir fangen jetzt mit den über 80-Jährigen an"
Die Menschen, die als erstes geimpft werden sollen, seien in drei Gruppen eingeordnet, sagte er am Freitag im ZDF-"Morgenmagazin". Angefangen werde bei jenen, für die der Impfschutz zusätzliche Gesundheit und Lebensjahre bringe. "Wir fangen jetzt mit den über 80-Jährigen, den Höchstbetagten, den Pflegebedürftigen und denjenigen, die sie pflegen und betreuen, an." Diese Gruppe sei schon sehr groß – und besonders gefährdet.
Zur zweiten Kategorie mit hoher Priorität zählen demnach alle Menschen ab 70 Jahren sowie Menschen mit einem hohen Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf. Auch enge Kontaktpersonen von Pflegebedürftigen und Schwangeren dürfen sich laut RND dann impfen lassen, dasselbe gilt für Menschen in Asyl- oder Obdachlosenunterkünften.
Die dritte Gruppe beinhaltet dem Bericht zufolge alle Menschen ab 60 Jahren oder mit erhöhtem Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf. Auch Mitarbeiter "in besonders relevanten Positionen in staatlichen Einrichtungen", wie etwa in den Regierungen, bei der Polizei, Feuerwehr, im Bildungssektor und in der Justiz sollten dann geimpft werden.
Ärztepräsident Klaus Reinhardt forderte eine bevorzugte Impfung auch von niedergelassenen und ambulant tätigen Ärzten. Es sei für die Bewältigung der Pandemie "riskant", wenn diese Ärzte in der Prioritätenliste "weiter unten" stünden, sagte er der "Rheinischen Post".
Mehrere Staaten starten Massenimpfungen
Die Arztpraxen bildeten "einen wichtigen Schutzwall für die ohnehin schon stark belasteten Kliniken", betonte der Präsident der Bundesärztekammer. Dieser Wall dürfe "keine Risse" durch krankheitsbedingte Ausfälle bekommen. Deshalb müssten die niedergelassenen Ärzte und ihre Mitarbeiter "so frühzeitig wie möglich" geimpft werden. Besonderen Schutz benötigten auch ambulant tätige Ärzte. Sie stünden bei der Versorgung von Corona-Infizierten in der ersten Reihe.
In mehreren Staaten ist das Biontech-Pfizer-Vakzin bereits zugelassen und haben die Impfkampagnen begonnen, darunter in Großbritannien, den USA und Kanada. In den USA dürfte auch das Mittel von Moderna in Kürze zugelassen werden. Eine Impfkommission votierte dort am Donnerstag für die Zulassung dieses Impfstoffs.
Die EU-Kommission verhandelt zudem mit dem US-Unternehmen Novavax über den Kauf von 100 Millionen Dosen Corona-Impfstoff. Es handelt sich um den siebten Vertrag, den die EU mit einem Pharmahersteller schließen will, um sich Chargen zu sichern. Europa stünden bei Vertragsabschluss insgesamt mehr als zwei Milliarden Impfdosen zur Verfügung.
- Nachrichtenagentur dpa und afp