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USA: Atomare Eskalation mit Iran?


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Atomare Eskalation mit Iran?
"Trefft den Iran jetzt"


Aktualisiert am 29.01.2024Lesedauer: 5 Min.
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Satellitenbild des Stützpunkts: Hier kam es zum Drohnenangriff. (Quelle: reuters)
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Erstmals beklagen die USA eigene tote Soldaten im aktuellen Nahostkonflikt. Jetzt werden direkte Vergeltungsschläge gegen den Iran gefordert. Die Gefahr einer kriegerischen Eskalation wächst.

Bastian Brauns berichtet aus Washington

Das, was jetzt folgen könnte, wäre die denkbar schlimmste Abwärtsspirale für den Nahen Osten und für die ganze Welt. Denn der Iran könnte innerhalb weniger Wochen erstmals bereit sein, Atomwaffen zu besitzen und einzusetzen. Vor diesem Szenario warnt zumindest ein Amerikaner, der sich mit der nuklearen Situation im Iran lange auskennt.

David Albright ist ehemaliger UN-Waffeninspektor und Leiter des in Washington ansässigen "Institute for Science and International Security". Und seine Warnung vor einer nuklearen Bewaffnung des Iran stieß er aus, gleich nachdem US-Präsident Joe Biden am Sonntag bekannt geben musste: Drei amerikanische Soldaten wurden bei einem Drohnenangriff von islamistischen Rebellen in Jordanien getötet und viele weitere schwer verletzt. Biden machte "vom Iran unterstützte militante Gruppen" für die Attacke verantwortlich.

Schon lange richtet David Albright das Augenmerk auf die nuklearen Kapazitäten des Iran. In zahlreichen Analysen legt er seit Jahren dar, wie viele Atomsprengköpfe das Land theoretisch innerhalb weniger Wochen produzieren könnte. Zuletzt schrieb er in einem Report vom Januar dieses Jahres: Das Ergebnis der iranischen nuklearen Fähigkeiten sei es, "dass westliche Geheimdienste statt einer sechsmonatigen Warnung möglicherweise weniger als zwei Monate Zeit haben, um zu reagieren."

Jetzt warnte der Militärexperte im britischen "Mirror" außerdem, das Regime in Teheran könnte zu der Annahme verleitet werden, den Bau von Atomsprengköpfen als "besten Ausweg" anzusehen. Nämlich dann, wenn die USA nach der tödlichen Attacke auf die eigenen Soldaten den Iran direkt ins Visier nehmen sollten.

Albright betont zwar die Bedeutung einer "klaren Botschaft" durch die USA, indem man die für den Anschlag verantwortlichen Terroristen ins Visier nimmt. Zugleich fordert er Präsident Joe Biden aber dazu auf, keine direkten Angriffe auf den Iran zu starten, um einen größeren Konflikt angesichts der zunehmenden Spannungen abzuwenden. Die Botschaft an den Iran müsse lauten: "Haltet eure Stellvertreter unter Kontrolle." Aber nicht mehr.

Der Iran dürfe nicht das Gefühl bekommen, in eine Ecke gedrängt zu werden, eben weil Atomwaffen dann als bester Ausweg erscheinen würden, so Albright. "Der Iran verfügt über ein beachtliches Atomwaffenpotenzial, das er in den vergangenen 20 Jahren aufgebaut hat."

Die Zwänge der Biden-Regierung

Was Albrights These außerdem besorgniserregend macht: Am Sonntag gab der Iran bekannt, dass man erfolgreich drei Satelliten in eine erdnahe Umlaufbahn gebracht habe. Nach Ansicht der USA könnte Teheran damit viel genauer Interkontinentalraketen steuern, die auch tragfähig für Nuklearsprengköpfe sind. Das iranische Programm für solche Raketen war einst von den Vereinten Nationen sanktioniert worden. Die Maßnahmen sind aber im vergangenen Oktober ausgelaufen.

Tatsächlich zerbricht man sich angesichts dieser massiven Gefahr im Weißen Haus und im Pentagon gerade den Kopf darüber, wie eine angemessene Reaktion der USA aussehen könnte – ohne dass es zu einer noch schlimmeren Eskalation im Nahen Osten kommt.

Klar ist: Erstens können die USA ihrem Selbstverständnis als Weltmacht entsprechend den Tod eigener Soldaten nicht ungesühnt lassen. Zweitens wird Biden parteiintern vom linken Flügel für seine Unterstützung von Israel kritisiert. Drittens wächst aber auch der Druck auf die Biden-Administration durch den politischen Gegner.

Hochrangige Politiker der Republikaner fordern in Washington seit der Attacke öffentlich direkte Vergeltung gegen den Iran.

Direkte Schläge gegen den Iran

Der Minderheitsführer im US-Senat, Mitch McConnell, forderte etwa "schwerwiegende Konsequenzen", die den Iran "lahmlegen" sollten. Der mächtige Republikaner forderte dabei explizit eine amerikanische Reaktion auf die toten eigenen Soldaten, "nicht nur für die terroristischen Stellvertreter an vorderster Front, sondern auch für ihre iranischen Auftraggeber, für die amerikanisches Blut als Ehrenabzeichen diene", so McConnell.

Auch der eng mit Donald Trump verbandelte Senator Lindsey Graham kritisierte, dass Angriffe der USA alleine auf iranische Stellvertreter außerhalb des Iran "die iranische Aggression nicht abschrecken werden". Graham forderte von Biden eindeutig, "bedeutsame Ziele innerhalb des Iran anzugreifen". Auf der Plattform X (ehemals Twitter) schrieb Graham. "Trefft den Iran jetzt. Trefft sie hart."

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Grahams Senatskollege Tom Cotton reagierte nicht weniger scharf. "Die einzige Antwort auf diese Angriffe muss eine verheerende militärische Vergeltung gegen die terroristischen Kräfte des Iran sein, sowohl im Iran als auch im gesamten Nahen Osten", sagte Cotton. Alles andere würde Joe Biden als einen Feigling bestätigen, der es nicht wert sei, der Oberbefehlshaber der amerikanischen Streitkräfte zu sein.

In einem Meinungsartikel im konservativen "Wall Street Journal" wird ebenfalls das Bild von Biden als zauderndem Präsidenten gezeichnet. "Die schwache Reaktion des Oberbefehlshabers auf Angriffe gefährdet seine Präsidentschaft", heißt es dort beispielsweise.

Ab wann befinden sich die USA im Krieg?

Fakt ist: Jetzt ist etwas passiert. Amerikanische Soldaten sind gestorben. Seit den tausendfachen Morden von Hamas-Terroristen, verübt an israelischen Zivilisten, wurden die US-Streitkräfte vor Ort im Nahen Osten schon mehr als 150-mal durch vom Iran unterstützte Gruppen im Irak und in Syrien angegriffen. Hinzu kommen die Huthi-Rebellen im Jemen, die regelmäßig Handelsschiffe in der Region angreifen und ebenfalls den Rückhalt Teherans genießen.

Bislang hielten die Vereinigten Staaten trotzdem offiziell an ihrer Linie fest, dass man sich in der Region nicht selbst im Krieg befinden würde. Angesichts der tödlichen Angriffe auf die eigenen Truppen wird es aber zunehmend schwerer, dieses Bild aufrechtzuerhalten. Wenn US-Soldaten sterben, ist das immer schlecht für einen amerikanischen Präsidenten. Bis heute muss Biden sich vorhalten lassen, dass 13 Soldaten beim Abzug aus Afghanistan im Jahr 2021 getötet wurden.

Eine extrem heikle Lage für den Präsidenten

"Zweifeln Sie nicht", sagte Joe Biden in einem Statement am Sonntag, als er gerade noch mitten in South Carolina auf Wahlkampftour war: "Wir werden alle Verantwortlichen zu einem Zeitpunkt und auf eine Weise unserer Wahl zur Rechenschaft ziehen". Sein Verteidigungsminister Lloyd Austin schloss sich dieser Wortwahl an und ergänzte in einer Pressemitteilung des Pentagon: "Der Präsident und ich werden keine Angriffe auf amerikanische Streitkräfte dulden, und wir werden alle notwendigen Maßnahmen ergreifen, um die Vereinigten Staaten, unsere Truppen und unsere Interessen zu verteidigen."

Noch halten sich der US-Präsident und sein Verteidigungsminister bedeckt, wie genau ihre Reaktion aussehen wird. Dass sie kommen wird, daran zweifelt in Washington zur Stunde aber kaum jemand. Im Wahljahr 2024 wirkt Bidens Entscheidung aber besonders heikel. Einerseits braucht er jetzt eigentlich ein öffentliches, deutliches Signal, um Stärke zu zeigen. Andererseits kann jede Aktion den Ölpreis und damit auch die Inflationssorgen von Amerikanern empfindlich steigen lassen.

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