Beschluss bei Gipfel EU will härter auf "böswillige" Handlungen Russlands reagieren
Die EU verschärft ihre Gangart gegenüber Russland. Mit der Androhung neuer Wirtschaftssanktionen wird künftig verstärkt auf Abschreckung gesetzt. Zu einem Treffen mit Präsident Putin aber gibt es keine Einigung.
Die EU-Staaten wollen künftig deutlich härter auf "böswillige" Handlungen Russlands reagieren. Nach einem Beschluss der Staats- und Regierungschefs aus der Nacht zum Freitag soll dafür ein Plan für Strafmaßnahmen erstellt werden, der auch Wirtschaftssanktionen umfasst.
Es gebe "die Notwendigkeit einer entschlossenen und koordinierten Reaktion der EU und ihrer Mitgliedstaaten auf jede weitere böswillige, rechtswidrige und disruptive Aktivität Russlands", heißt es in der Gipfelerklärung. Die EU müsse deswegen die ihr zur Verfügung stehenden Instrumente in vollem Umfang nutzen.
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Zu böswilligen und rechtswidrigen Handlungen, die künftig deutlich härter beantwortet werden können sollen, zählen zum Beispiel Hackerangriffe und Operationen russischer Geheimdienste in EU-Staaten. Auch eine deutlichere und schnellere Antwort auf Fälle wie den des zunächst vergifteten und dann inhaftierten Kremlgegners Alexej Nawalny soll aber möglich sein.
Ihren Vorschlag für ein EU-Spitzentreffen mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin konnte Bundeskanzlerin Angela Merkel jedoch nicht durchsetzen. "Man konnte sich nicht darauf einigen, dass wir auf Leitungsebene, also auf Chefebene uns sofort treffen", sagte die CDU-Politikerin am frühen Freitagmorgen in Brüssel. Doch werde nun an Formaten und Bedingungen für einen Dialog mit Russland gearbeitet. "Ich persönlich hätte mir hier einen mutigeren Schritt gewünscht", fügte Merkel hinzu.
Fälle aus der Vergangenheit sollen sich nicht wiederholen
Als Beispiele für von Russland verantwortete Aktivitäten innerhalb der EU gelten in Brüssel der mutmaßliche Auftragsmord an einem Georgier tschetschenischer Abstammung im Berliner Tiergarten oder die massive Cyber-Attacke auf den Bundestag 2015. Zuletzt beschuldigte zudem Tschechien russische Dienste, für Explosionen in einem Munitionslager im Jahr 2014 verantwortlich zu sein. Dabei waren zwei Menschen gestorben.
Reaktionen auf solche Fälle fielen bislang vergleichsweise zurückhaltend aus. So wurden zum Beispiel russische Diplomaten ausgewiesen oder eher symbolische Sanktionen gegen Funktionäre oder staatliche Stellen erlassen.
Weitreichende Wirtschaftssanktionen gegen Russland waren zuletzt 2014 im Zuge des Ukraine-Konflikts nach dem Absturz eines malaysischen Flugzeugs mit 298 Menschen verhängt worden. Es wurde Ermittlungen zufolge von prorussischen Separatisten über der Ostukraine abgeschossen.
Die Sanktionen sind heute noch gültig. Eine Änderung der EU-Position gegenüber Russland soll es nach der neuen Gipfelerklärung der Staats- und Regierungschefs erst dann geben können, wenn Russland den notwendigen Beitrag für die vollständige Umsetzung des Minsker Friedensabkommens für den Ukraine-Konflikt leistet.
Merkel bestätigte zum Ende des ersten Gipfeltages zudem eine "kontroverse, aber sehr ehrliche Diskussion" mit Ministerpräsident Viktor Orban über das neue ungarische Gesetz zur Beschränkung von Informationen über Homosexualität. "Wir haben hier alle deutlich gemacht, welche grundlegenden Werte wir verfolgen", sagte die Kanzlerin. Die EU-Kommission werde sich mit dem ungarischen Gesetz weiter beschäftigen. Solche Gespräche würden häufiger gebraucht, denn es zeigten sich unterschiedliche Vorstellungen über die Zukunft Europas, nicht nur mit Ungarn, sagte Merkel. "Das heißt, diese Diskussion muss fortgesetzt werden."
- Nachrichtenagentur dpa