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Angela Merkel spielt in der Flüchtlingskrise auf Zeit


Flüchtlingszahlen müssen sinken - aber wie?
Merkels stärkster Verbündeter ist der Winter

Von dpa, reuters, afp, t-online
Aktualisiert am 20.01.2016Lesedauer: 3 Min.
Hat die Kanzlerin in der Flüchtlingspolitik womöglich doch einen Plan B?Vergrößern des Bildes
Hat die Kanzlerin in der Flüchtlingspolitik womöglich doch einen Plan B? (Quelle: dpa-bilder)

Die Umfragewerte im Keller, immer schärfere Kritik aus den eigenen Reihen und keine europäische Einigung in Sicht: Die Flüchtlingspolitik ist zu einer Frage geworden, die über die Kanzlerschaft von Angela Merkel entscheiden kann. Vor allem an ihrem Versprechen, dass die Zahl der Flüchtlinge deutlich zurückgeht, muss sich die Kanzlerin messen lassen. Ihre Strategie: Zeit gewinnen.

Ende März werde eine Zwischenbilanz gezogen, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. "Und daraus folgt dann, wie es weitergehen muss." Gibt es also doch einen Plan B in Merkels Flüchtlingspolitik? Offen sprechen will im Umfeld der Kanzlerin darüber niemand. Würden jetzt schon Alternativen ausgebreitet, arbeite ja keiner mehr ernsthaft an Plan A, so das Kalkül.

Wendepunkt auf Vorstandsklausur

Ein Wendepunkt in Merkels Position in der Flüchtlingspolitik dürfte allerdings die CDU-Vorstandsklausur Anfang Januar in Mainz gewesen sein. Dort hieß es erstmals unzweideutig, die gerade etwas auf 2000 Menschen täglich gesunkenen Flüchtlingszahlen dürften nicht wieder hochgehen, wenn im März das Wetter in der Ägäis besser wird - sonst sei eine spürbare Reduzierung ohnehin illusorisch.

Was bleibt Merkel neben dem Hoffen auf einen strengen Winter aber sonst? Schon an diesem Freitag beginnen die ersten Regierungskonsultationen mit der Türkei. Die Regierung in Ankara soll mehr europäisches Geld für die Versorgung von Flüchtlingen in türkischen Lagern bekommen und mit dafür sorgen, dass nicht so viele Menschen in Richtung EU aufbrechen. Zudem verspricht die Türkei ihre See- und Landgrenzen strenger zu sichern.

Entscheidende Gipfel im Februar und März

Am 4. Februar folgt in London dann eine Geberkonferenz zur Bekämpfung von Fluchtursachen im Bürgerkriegsland Syrien. Und dann sind da natürlich die entscheidenden EU-Gipfel am 18./19. Februar und am 17./18. März, bei denen sich zeigen muss, ob es doch noch etwas wird mit dem Verteilen von Flüchtlingen auf mehrere EU-Mitgliedsstaaten.

Wie schwer eine europäische Einigung werden dürfte, wurde aber gerade in den vergangenen Tagen wieder mehr als deutlich. So lehnen die Visegrad-Länder - Polen, Tschechien, Ungarn und die Slowakei - einen dauerhaften Mechanismus zur Umverteilung von Flüchtlingen auf alle EU-Staaten nach wie vor ab und fordern stattdessen einen besseren Schutz der EU-Außengrenzen.

Auch Deutschland gehört zu den Ländern, die dafür eintreten, dass die Grenzschutzagentur Frontex zu einer europäischen Küsten- und Grenzschutzbehörde ausgebaut wird, die diesen Namen tatsächlich verdient. Dazu soll das Personal von zuletzt 400 auf 1000 aufgestockt werden. Zusätzlich sollen bei Bedarf mindestens 1500 Grenzbeamte aus den Mitgliedstaaten schnell zur Verfügung stehen.

Auf der anderen Seite kündigte Österreichs Außenminister Sebastian Kurz eine stärkere Sicherung der eigenen Grenzen an. Eine Initiative, die nach Jean-Claude Juncker auch EU-Ratspräsident Donald Tusk zu einem dramatischen Appell veranlasste. "Wir haben nur zwei Monate, um die Dinge in den Griff zu bekommen", sagte Tusk vor dem Europaparlament in Straßburg. Wenn dies bis zum nächsten EU-Gipfel im März nicht gelinge, "droht ein Ende des Schengen-Systems".

Mit der Geduld am Ende?

Bei Merkel zeigt sich derweil immer deutlicher, dass es für sie wohl doch eine spezielle Obergrenze gibt. Zwar nicht wie von der CSU gefordert für die Zahl der ins Land kommenden Flüchtlinge. Aber doch bei ihrer Geduld mit sperrigen EU-Partnern. Wenn hier nach den ersten drei Monaten 2016 alles Reden nicht geholfen hat, werde man über Alternativen nachdenken müssen, wurde schon bei der Vorstandsklausur in Mainz signalisiert.

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