"Wer entscheidet hier eigentlich?" Italiens Renzi rechnet mit Berliner Sparpolitik ab
Deutschland ist schuld: Am zunehmenden Populismus in Europa, an der politischen Lähmung der EU und wahrscheinlich noch an einer Menge anderer Probleme. Das behauptet nicht die Athener Regierung oder Spaniens linker Shooting-Star Pablo Iglesias. Die Anklage kommt von Italiens Ministerpräsident Matteo Renzi.
Nachdem Renzi sich bereits am vergangenen Freitag auf dem EU-Gipfel auf die deutsche Bundesregierung eingeschossen hatte, legte er jetzt nach und beklagt eine Vorherrschaft Deutschlands in der EU.
"Ich schätze Angela sehr", gab Renzi in einem Interview mit der britischen "Financial Times" zu. Er und die Kanzlerin hätten persönlich ein ausgezeichnetes Verhältnis. Aber: Die Partner müssten ehrlich sein. "Europa muss allen 28 Staaten dienen, nicht nur einem."
Die von Merkel durchgesetzte Sparpolitik begünstige die Populisten, sagte er mit Blick auf das Wahlergebnis in Spanien. Dort hatte der konservative Ministerpräsident Mariano Rajoy am Sonntag die parlamentarische Mehrheit verloren. Die beiden Neugründungen "Podemos" und "Ciudadanos" erzielten starke Ergebnisse.
Auch Renzi könnte der Fluch des Populismus treffen
"Ich weiß nicht, was aus meinem Freund Mariano wird", so Renzi über Rajoy. "Aber ich weiß, dass diejenigen, die als treue Anhänger einer Sparpolitik ohne Wachstum in vorderster Front standen, ihre Jobs verloren haben." Das sei schon in Polen, Griechenland und Portugal so gewesen.
Auch Renzi könnte Rajoys Schicksal teilen: In Italien ist die populistische Fünf-Sterne-Bewegung Renzis sozialdemokratischer Partei PD in Umfragen dicht auf den Fersen.
Renzi kritisierte auch, dass die Ostsee-Gaspipeline Nord Stream zwischen Deutschland und Russland trotz Sanktionen ausgebaut werden solle, während die EU den Bau einer South-Stream-Pipeline, von der Italien profitiert hätte, verhindert habe. "Wer entscheidet hier eigentlich?", fragte Renzi.