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Winter im Spreewald: Von Zampern und Zapust


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Wintermärchen im Spreewald

Im Spreewald herrscht vor allem im Sommer Hochsaison. Dann erobern Ströme von Touristen die vielen Kanäle und Wasserstraßen. Doch auch im Winter besitzt die Gegend ihren ganz eigenen Reiz. Dann lässt es sich im Stoßschlitten über Schnee und Eis gleiten. Am Ziel locken Glühwein und Bratwurst. Ein Erlebnis sind auch die alten Bräuche wie das Zampern, mit dem der Winter vertrieben werden soll.

31.01.2012|Lesedauer: 4 Min.
Elke Sturmhoebel
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Seltsame Dinge geschehen im Spreewald. In Müschen sorgt die schöne Bürgermeisterin nebst ihren kostümierten Gehilfen für einen Verkehrsstau auf der Dorfstraße. Die strohblonden Zöpfe baumeln ihr bis zur Hüfte, die Bäckchen sind rot bemalt, die Wimpern angeklebt. Charmant fordert die Amtsträgerin den Autofahrer auf, das Seitenfenster herunterzukurbeln und bittet zur Kasse. Als Gegenleistung für ein paar Münzen wird ein Portionsfläschchen Likör überreicht. Zampern nennen die Bewohner diesen unverfrorenen Brauch der sorbischen Fastnacht, dem zwischen Mitte Januar bis Anfang März im Spreewald wieder gnadenlos gefrönt wird.

Den Winter beim Zampern austreiben

Zwei Dörfer weiter sind ebenfalls die Narren los. Ein Teil der Dorfjugend hat die Kreuzung besetzt und es auf Auswärtige abgesehen. Andere ziehen mit einer Blaskapelle lärmend von Haus zu Haus und sammeln Eier und Speck für den anstehenden Eierkuchenball. Dafür wird die freundliche Nachbarin zu einem Tänzchen aufgefordert, der Hausherr bekommt derweil einen Schnaps eingeschenkt. Das Zampern ist ein Heidenspaß und wurde ersonnen, um den Winter auszutreiben. Traditionell sind unter den Fantasiekostümen auch ein Bär und ein Storch dabei - Symbole für den abziehenden Winter und den bald beginnenden Frühling.

Mit dem Stoßschlitten über die Spree

Doch eigentlich lieben die Niederlausitzer die klirrende Kälte und sind glücklich, wenn sich die Wasserstraßen in spiegelglatte Eisbahnen verwandeln. Wenn es Stein und Bein friert, herrscht Volksfeststimmung im Spreewald. Nichts ist schöner, als auf Schlittschuhen das weit verzweigte Binnendelta der Spree zu erkunden und sich anschließend an den Buden mit Bratwurst und Glühwein zu stärken. Wer es lieber gemächlich hat, kann sich im Stoßschlitten mit Wolldecken und Wärmflasche im Rücken von Eisläufern die vier Kilometer lange Strecke von Burg bis Leipe schieben lassen. Das originelle Gefährt - vor hundert Jahren im Spreewald gang und gäbe - war schon fast in Vergessenheit geraten, bis Kahnfährunternehmer Hagen Conrad den Zweisitzer nachbauen ließ. Doch richtig strenge Winter sind im Spreewald selten geworden. Wenn es mit Väterchen Frost mal wieder nichts wird, muss man auf den üblichen Kahn ausweichen.

Bis Ostern Ruhe vor Touristen

Zwei Millionen Besucher kommen jährlich in den Spreewald, die meisten im Sommer, wenn die Spreewaldgurken geerntet werden (sagenhafte 40.000 Tonnen im vergangenen Sommer). Im Winter hingegen ist Sauregurkenzeit: Die Ausflugslokale haben geschlossen, die meisten Kähne liegen aufgebockt am Ufer, die Busparkplätze an den Spreehäfen sind wie leergefegt. Die zauberhafte Stimmung auf den nahezu unberührten Fließen hält bis Ostern an. Ab dann fallen wieder ganze Heerscharen in den Spreewald ein.

Übernachten im Feenzimmer

Das rund 1500 Kilometer lange Wassernetz im Biosphärenreservat Spreewald hat die Eiszeit geschaffen, doch der Legende nach ist der Teufel dafür verantwortlich. Er soll auf sein Ochsengespann so lange eingedroschen haben, bis die Tiere samt Pflug durchgingen und tiefe Furchen in das Land rissen, die sich nach und nach mit Wasser füllten. Der Sagenschatz des Spreewaldes wird gut gehütet und bisweilen mit Leben gefüllt. In Lübbenau zum Beispiel wurden elf Künstler aufgefordert, ihre Fantasie zum Thema Spreewald spielen zu lassen und elf Zimmer im ehemaligen Bahnhof frei zu gestalten. Besucher der "Pension Spreewelten" können daher unter anderem im Gemach des Wendenkönigs schlummern, sich im Feenzimmer oder am Lieblingsplatz des Schlangenkönigs einquartieren. Frühstück gibt es in der einstigen Mitropa-Gaststätte - am Abend der Lieblingsplatz der Jugend, um Cocktails zu schlürfen.

An Zapust wird viel getrunken

Eine Woche nach dem Zampern folgt der Zapust. An einem Samstagnachmittag feiern in Burg die Unverheirateten die sorbische Fastnacht und zweiundvierzig Paare stellen sich zum Umzug auf. Die jungen Frauen haben ihre kostbare Festtagstracht aus der Truhe geholt und viele tragen dazu die hoch aufgetürmte Haube. Es ist ein nasskalter Tag, mit den kurzen Blusenärmeln sind sie eindeutig zu dünn angezogen. Oft ragt aus den Anzugtaschen der Männer Hochprozentiges zum Aufwärmen. An Zapust wird viel getrunken. Mit viel Trara setzt sich der Trachtenumzug zur Blasmusik in Bewegung. Bis tief in die Nacht wird im Festzelt getanzt werden.

Nadelbewehrte Frauen

"Die Trachten der Frauen und die Blumenmotive sind in den Spreewaldorten unterschiedlich", sagt Dieter Dziumbla, der einmal Baggerführer war und seit der Wende mit seiner Frau Christa die Trachtenstickerei in der Burger Wendenkönigstraße betreibt. So variiere etwa die Rocklänge und die Größe der Hauben. In Burg, zum Beispiel, gebe es den kürzesten Rock und die größte Haube. Allein siebzig Nadeln steckten in dem Kopfputz. Und auch sonst seien reichlich Nadeln gesät, um die Tracht zusammenzuhalten. "Da muss man beim Tanzen schon wissen, wo man hinfasst", sagt Dziumbla und rät den Herren, die Hand unter das bestickte Schultertuch der Dame zu legen. Dort sei es gänzlich ungefährlich.

Weitere Informationen:

Termine der Veranstaltungen, auf denen die traditionellen Bräuche zu erleben sind, im Internet unter: www.protyka.sorben.com
Stoßschlitten fahren: Für zwei Personen 40 Euro pro Stunde. Infos und Anmeldung unter Tel. 035603/61839.
Schlafen und Essen:
Pension Spreewelten: Spezielle Winterangebote bis 31. März. Infos unter Tel. 03542/889977. www.pension.spreewelten.de
Kolonieschänke: Ältestes Gasthaus. Ringchaussee 136, Burg-Kolonie, Tel. 035603/6850. www.kolonieschaenke.de
Auskunft:
Tourismusverband Spreewald, Tel. 035433/72299. www.spreewald.de

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