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Pisa-Studie 2023 zeigt Bildungskatastrophe: Was muss sich nun ändern?


Meinung
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Gefahr für Deutschlands Zukunft
Wir müssen 100 Milliarden Euro investieren

MeinungEine Kolumne von Bob Blume

Aktualisiert am 06.12.2023Lesedauer: 3 Min.
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Pisa-Studie (Symbolbild): Schüler verzweifeln immer häufiger an den Aufgaben. (Quelle: Sven Simon/imago-images-bilder)
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Die jüngste Pisa-Studie zeigt: Wir brauchen eine bildungspolitische Kehrtwende, sonst ist Deutschlands Fundament in Gefahr.

Noch bevor die niederschmetternden Ergebnisse der aktuellen Pisa-Studie bekannt wurden, hatte der deutsche Soziologe Aladin El-Mafaalani die Lage in etwa so erklärt: Während schon klar ist, dass das Auto vor die Wand knallt, sind wir noch dabei, den Bremsweg auszurechnen. An anderer Stelle sprach er vom größten innenpolitischen Problem, das Deutschland habe.

Diese beiden Aussagen eines renommierten Bildungsforschers, der für seine Arbeit jüngst das Bundesverdienstkreuz erhalten hat, sollen vorangestellt werden, um deutlich zu machen: Hier geht es nicht darum, ob Schüler nicht ganz so gut schreiben oder rechnen können. Hier geht es um die Zukunft von Deutschland.

Bob Blume ist Lehrer und Autor.
Bob Blume ist Lehrer und Autor. (Quelle: privat)

Bob Blume

... ist Lehrer, Blogger und Podcaster. Er schreibt Bücher zur Bildung im 21. Jahrhundert und macht in den sozialen Medien auf Bildungsthemen aufmerksam. In seiner Kolumne für t-online kommentiert er aktuelle Bildungsthemen mit spitzer Feder. Man findet Blume auch auf Twitter und auf Instagram, wo ihm mehr als 100.000 Menschen folgen. Sein Buch "10 Dinge, die ich an der Schule hasse" ist im Handel erhältlich.
Hier geht's zu Blumes Instagram-Auftritt.

Erschreckende Leistungen der Schüler

Hätte Georg Picht nicht schon vor fast 60 Jahren die "Bildungskatastrophe" ausgerufen, man müsste das Wort aufgrund der jüngsten Pisa-Ergebnisse neu erfinden. Auch damals ging es um Nachteile Deutschlands im internationalen Vergleich. Auch damals wurde die Gefährdung der Demokratie ausgerufen. Auch damals ging es um einen "Bildungsnotstand". Und genau mit einem solchen haben wir es jetzt zu tun.

Die Leistungen der Schülerinnen und Schüler in Deutschland sind in vielen Bereichen erschreckend: In den Bereichen Mathematik und Lesekompetenz liegen sie nahe am OECD-Durchschnitt, nur in den Naturwissenschaften leicht darüber. Die Entwicklung geht nach unten. Noch vor fünf Jahren lag Deutschland in all diesen Bereichen über dem Durchschnitt. Im Fach Mathematik haben sich deutsche Schülerinnen und Schüler deutlich stärker verschlechtert als der OECD-Durchschnitt. Im Bereich der Lesekompetenz erreichen 75 Prozent der 15-Jährigen das Mindestniveau.

Grundfertigkeiten nur im Ansatz beherrscht

Lassen Sie uns dies vergegenwärtigen: in einer Zeit der Informationsflut, der Fake News und Lügen in den sozialen Medien. In einer Zeit, in der KI-generierte Texte das Netz fluten und zugleich Deutschland darüber diskutiert, ob Kinder digital mündig werden sollten oder lieber mit Federhalter schreiben. In dieser Zeit werden die Grundfertigkeiten nur im Ansatz beherrscht. Und dabei reden wir nicht einmal davon, dass ein Viertel der Schülerinnen und Schüler das Mindestniveau verfehlen.

Wenn die Präsidentin der Kultusministerkonferenz die Ergebnisse "besorgniserregend" nennt und darauf verweist, dass die Heterogenität der Schülerschaft eine "Herausforderung" darstelle, ist das zwar richtig, aber dennoch eine Standardreaktion. Wir hören sie, seit die ersten IGLU-Studien und IQB-Bildungstrends 2001 herauskamen, und seitdem alle Jahre wieder, wenn die jüngsten Ergebnisse dieser Kompetenz- und Leistungsvergleiche veröffentlicht werden. Nur: Was sind die Lösungsstrategien?

Wir brauchen eine echte Bildungswende

Längst ist allen Beteiligten klar, dass selbst gut gemeinte Projekte wie das Startchancenprogramm, das im nächsten Jahr kommt, angesichts der Situation allenfalls ein Tropfen auf dem heißen Stein sind. Was wir brauchen, ist eine echte Bildungswende und nicht nur ein paar Milliarden Euro, mit denen gerade einmal all jene Defizite ausgeglichen werden sollen, die so frappierend sind, dass sie sich nicht mehr ignorieren lassen. Dass jüngst in Marburg ein Dach von einem Hörsaal einstürzte, ist ein trauriges, aber passendes Bild für die Situation, in der wir uns befinden.

Die Kurzschlussreflexe, die aus der Ecke der populistischen Parteien und jener, die ihnen nacheifern, zu erwarten sind, greifen viel zu kurz. Denn, und das ist die kürzeste aller Wahrheiten: Wir brauchen alle, jede einzelne Schülerin, jeden einzelnen Schüler! Denn es ist völlig utopisch, dass wir jene 1,5 Millionen Fachkräfte, die uns schon jetzt fehlen, in einer Art Schnellverfahren importieren.

Wir brauchen die jungen Menschen, weil der Fachkräftemangel sich ab 2028 weiter verschärfen wird, wenn die Boomer-Generation in Rente geht. Und natürlich brauchen wir junge Leute, die in der Lage sind, in einer Informationsgesellschaft zu leben, sich in ihr zu orientieren und die Demokratie als Grundlage unseres Zusammenlebens wertzuschätzen.

 
 
 
 
 
 
 

Bildung ist das Fundament der Gesellschaft

Die Wahrheit ist: Ohne eine massive Kehrtwende der Bundesregierung, ohne mindestens 100 Milliarden Euro Investitionen in Bildung, für die die schwarze Null infrage gestellt oder zumindest ein verfassungskonformes Sondervermögen ausgehoben wird, ohne einen Bildungsgipfel aller Beteiligten, zu dem der Bundeskanzler einlädt, weil er das Thema endlich zur Chefsache macht – kurz: Ohne Maßnahmen fundamentaler Natur wird uns in einigen Jahren diese zweite, diese Pisa-Katastrophe 2.0 daran erinnern, wie gut wir es hatten, als wir noch handeln konnten.

Dann werden wir nicht mehr von Pisa sprechen oder vom Bildungsschock. Sondern davon, wie wir es so fahrlässig unterlassen konnten, das Fundament zu stärken, auf dem unsere Gesellschaft aufbaut.

Verwendete Quellen
  • Eigene Meinung
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