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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Moderne Großeltern Moderne Großeltern punkten mit altmodischen Qualitäten
Altwerden war gestern. Heute wird man zum Silver oder Golden Ager und so recht passt es nicht zusammen, das Bild des aktiven Seniors, der sich mit Yoga und Reisen fit hält und das der Großeltern, das wir noch in unseren Köpfen mit uns herumtragen. Die Rollen von Oma und Opa unterliegen einem Wandel - und bieten ihren Enkelkindern trotzdem und auch gerade deswegen eine Menge Qualitäten. Hier finden Sie zehn wichtige Tipps für die Großeltern von heute.
Viele Großeltern erleben, wie ihre Enkel erwachsen werden
Die Facette der heutigen Großeltern ist breit gefächert. Eines aber haben sie in der Regel alle gemeinsam: Sie bleiben länger gesund, werden älter und verbringen so mehr Zeit mit ihren Enkeln als all die Generationen vor ihnen. "Historisch gesehen ist das Besondere an den heutigen Großeltern, dass sie - aufgrund der gesunkenen Geburtenzahlen und der gestiegenen Lebenserwartung - vergleichsweise wenige Enkelkinder haben, mit diesen jedoch eine relativ lange gemeinsame Lebenszeit teilen können", erklärt Dr. Tanja Mühling im Gespräch mit der Elternredaktion von t-online.de. Sie forscht am Staatsinstitut für Familienforschung der Uni Bamberg und sieht einen entscheidenden Vorteil darin, dass Omas und Opas heutzutage ihre Enkel oft bis in deren Erwachsenenzeit hinein begleiten können. Wenn auch nicht immer aus direkter Nähe. "Daher haben Telefonate, E-Mails und SMS zwischen Großeltern und Enkeln heutzutage für das Kontakthalten zwischen den Generationen eine relativ große Bedeutung."
Die Großeltern des 21. Jahrhunderts
77 Prozent aller Großeltern betreuen ihre Enkelkinder, zumindest gelegentlich. Zwar leben nur noch sieben Prozent der Omas und Opas mit ihren Kindern in einem Haus, doch Zeit nehmen sich die meisten. Oft nehmen sie dafür auch lange Wege in Kauf. Doch wie passt das zum Bild der Großeltern des 21. Jahrhunderts? Zu all den hippen, schicken, modernen Menschen, denen man ihr Alter nicht ansieht? Die Handys und Smartphones nicht nur besitzen, sondern auch nutzen, im Internet surfen, viel ausgehen und verreisen und für ihre Enkel nur dann Zeit haben, wenn der volle Terminkalender es mal zulässt?
Die Feuerwehr der Familie greift ein, wenn Not am Mann ist
Großeltern von heute scheinen auf den ersten Blick so ganz anders als die Großeltern früherer Generationen. Doch auch wenn die Frau im Lehnstuhl mit dem grauen Dutt langsam ausstirbt - was sie ausgemacht hat, bleibt erhalten.
Rund ein Drittel aller Kinder unter sechs Jahren wird mindestens einmal wöchentlich von den Großeltern versorgt. Flexibler als jede offizielle Kinderbetreuung und meist ohne finanzielle Gegenleistung. "Feuerwehr der Familien", so nennt es der Altersforscher Heribert Engstler vom Deutschen Zentrum für Altersfragen in Berlin. Da werden nicht selten die eigenen Interessen hinten angestellt, um für die Enkel da zu sein und deren Eltern zu entlasten.
Enkelkinder wirken besser als jedes Serum
Vom engen Kontakt profitieren beide Seiten. Denn Enkelkinder halten gesund, fand der australische Biologe David Coall heraus. Ihre Lebendigkeit wirkt ansteckend. Sie gelten als Jungbrunnen, erhöhen erwiesenermaßen die Lebensfreude und damit auch die Lebensqualität. Bei gemeinsamen Ausflügen bewegt man sich an der frischen Luft, bei Gesprächen und dem Umgang mit den modernen Techniken hält man seinen Geist in Form. "Beschäftigen Sie sich statt mit Kreuzworträtseln und Sudoku öfter mit einem Ihrer Enkel. Und wenn Sie keinen haben, dann leihen Sie sich einfach einen aus", rät der Gehirnforscher Manfred Spitzer.
Das Kind im Manne kommt oft erst als Opa zum Vorschein
"Interessanterweise genießen es viele Großeltern, dass man im Umgang und beim Spielen mit den Enkelkindern selbst auch wieder etwas kindisch sein darf", erklärt Mühling. "Omas und Opas, die zum Beispiel den Enkelkindern zuliebe mit der Wii spielen oder ihrer Fantasie beim Legobauen freien Lauf lassen, empfinden diese Tätigkeiten und Erfahrungen, zu denen sie ohne Enkel keinen Zugang hätten, als Freude und als enorme Bereicherung." Gerade Männer, die früher sehr stark auf die Ernährerrolle beschränkt waren, holen als Opa oft nach, was sie als Vater versäumt haben.
Großeltern tun Kindern gut
Auch die Kinder profitieren nicht nur gesundheitlich von Oma und Opa, ganz egal, ob diese besonders modern oder eher altmodisch sind. Eine Studie hat gezeigt, dass Kinder, die Kontakt zu ihren Großeltern haben und von ihnen geliebt werden, sich sozialer verhalten. Eine andere Studie belegt, dass diese Kinder sich auch stärker für die Schule engagieren. Man konnte feststellen, dass die emotionale Unterstützung durch Oma beziehungsweise Opa hier ein wichtiger Faktor ist, besonders in Krisensituationen. Zudem erleichtert es die Beziehung, dass Großeltern meistens keinen Leistungsdruck ausüben und auch keinen Erziehungsauftrag haben.
Patchworkenkel sind heutzutage normal
Zweite oder dritte Ehen, Patchworkfamilien, Stiefkinder - all das verändert das Großelternsein. "Statistisch lässt sich belegen, dass Großeltern, die selbst geschieden sind, weniger Kontakt zu ihren Enkeln haben. Auch Scheidungen der mittleren Generation, also bei den erwachsenen Kindern der Großeltern führen dazu, dass die Intensität der Großeltern-Enkel-Beziehung abnimmt." Gibt es im klassischen Familienmodell bisweilen schon Konkurrenz, so wird es dann noch schwieriger. Auf welcher Stufe der Hierarchie steht man, welchen Platz füllt man aus, welche Rechte stehen einem zu und was kann man erwarten?
Oma und Opa haben Zeit zum Zuhören
"Wenn Rivalitäten entstehen, denken Sie daran, dass Ihr Enkelkind für alle gleich wichtig ist und sein Wohlergehen an erster Stelle steht", schreibt Dr. Miriam Stoppard in ihrem Buch "Großeltern - die ersten Jahre mit dem Enkelkind". Das Fazit der elffachen Oma: "Denken Sie immer daran: Das beste Geschenk für jedes Enkelkind ist Zeit." Denn das ist das, was die Eltern - viele von ihnen Doppelverdiener - immer weniger haben. Studien unterstreichen diese Aussage: 49 Prozent der Jugendlichen zwischen zwölf und 15 Jahren schätzen die Bedeutung ihrer Großeltern für die Familie als sehr hoch ein. Dabei steht die Erwartung im Vordergrund, dass die Großeltern einfach da sind, wenn man sie braucht. Zuhören und sich Zeit nehmen scheinen in unserer schnelllebigen Zeit wichtiger zu sein als Reden und Handeln.
Weise sind sie immer noch
Eines haben alle Großelterntypen gemeinsam: die Erfahrung des Alters. Die Ergebnisse der Bamberger Studie betonen die Rolle der Großeltern als Übermittler von "Familiengeschichte", sozusagen als Brücke in frühere Zeiten. Dabei ist das Verhältnis zwischen Enkel und Großeltern oft besonders emotional und nimmt eine Sonderstellung im Familiengefüge ein. "Großeltern sollen zwar 'da sein' für ihre Kinder und Enkel, sich aber möglichst nicht einmischen in die Kindererziehung und Lebensweise der jüngeren Generation - diese widersprüchlichen Anforderungen sind sowohl für moderne als auch für klassische Großeltern ein spannender Balanceakt", erklärt Mühling. "Kinder profitieren aber meines Erachtens von allen Formen von engagierten Großeltern, vorausgesetzt, dass diese es schaffen, für die Kinder zu Bezugs- und Vertrauenspersonen zu werden."
Großeltern heute haben auch ein eigenes Leben
Kinder vertrauen Oma und Opa nicht nur Geheimnisse an, sondern schätzen sie auch dafür, dass sie oft mehr Geduld haben als die Eltern. Was nicht zuletzt an der Möglichkeit liegt, die Enkel auch wieder abgeben zu können. So ging es schon den "Kindern aus der Krachmacherstraße", Figuren aus der Feder von Astrid Lindgren, mit ihrer Tante Berg, dem Oma-Ersatz von nebenan: "Tante Berg freut sich immer zweimal. Erst freut sie sich, wenn wir kommen. Und dann freut sie sich, wenn wir wieder gehen."