Weniger Komfort und Sicherheit So schrumpfen Airlines die Flugzeugsitze
Um mehr Passagiere unterbringen zu können, verkleinern Fluggesellschaften zunehmend ihre Flugzeugsitze. Das bedeutet nicht nur weniger Komfort, sondern auch ein Sicherheitsrisiko.
In Europa oder den USA sind so gut wie alle Dinge bis ins Detail geregelt. Doch trotz zig Normen und DIN-Größen gibt es für eines keine Vorschrift: die Mindestgröße von Flugsitzen. Stattdessen gilt die weltumspannende Sicherheitsregel, dass ein Flugzeug im Notfall innerhalb von 90 Sekunden zu evakuieren ist. Solange das garantiert ist, dürfen Airlines und Flugzeugbauer über die Maße der Sitzgelegenheit bestimmen.
Wohlstand zeigt sich auch auf der Waage
In den Nachkriegsjahren war dies auch noch kein Problem. Doch bereits in den 1960er-Jahren sorgte das Wirtschaftswunder dafür, dass die Taillenumfänge zulegten. Seitdem wird der reiche Teil der Erde, der gerne reist, Jahr für Jahr gewichtiger. So zeigen Zahlen der US-Gesundheitsbehörde CDC, dass zwischen 1960 und 2002 sowohl Männer als auch Frauen fast elf Kilo zugelegt haben. Noch gravierender ist der Anteil der adipösen Bevölkerung mit einem BMI von 30. Demzufolge gelten 33 von 100 erwachsenen Amerikanern als stark übergewichtig.
In der Bundesrepublik bringen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung zufolge sieben von zehn Männern und fünf von zehn Frauen zu viele Kilos auf die Waage. Als adipös gelten 23 Prozent der Männer und 24 Prozent der Frauen.
Veraltete Normen für Sitzgröße
Die Industrie hat sich darauf eingestellt. Insbesondere Kleider- und Schuhgrößen wachsen mit der Bevölkerung. Nicht jedoch die Sitze an Bord der Flugzeuge. Ihre Größe hat abgenommen. Der US-Fluggastverband Flyersrights schreibt, dass moderne Sitze für Personen bis zu einer Größe von 1,79 Metern und einem Gewicht unter 81,65 Kilo ausgelegt sind. Die Normen stammen allerdings aus den frühen 60er-Jahren.
Ein First-Class-Sitz vor 1978 entspricht heutzutage einem Eco-Sitz. Wer über 100 Kilo wiegt, quillt in der Holzklasse über die Armlehnen hinaus. Im Schnitt ist laut Flyersrights der Sitzabstand von 88,90 auf 78,74 Zentimeter verkürzt worden. Eine Rückenlehne ist nur noch etwas über 40 statt 46 Zentimeter breit.
Verbraucherschützer zeigen sich alarmiert
Und es geht natürlich immer noch knapper. Vorzugsweise auf Kurzstrecken zeigt der Vergleich auf Seatguru.com, dass in Europa nicht nur Easyjet, sondern auch British Airways oder Condor Sitzabstände auf genau 73,66 Zentimeter stutzen, während Mitbewerber wie LH, Eurowings oder Ryanair mindestens 76,2 Zentimeter Platz anbieten.
Flyersrights kritisiert derzeit die Luftfahrtbehörde FAA, weil sie seit Jahren das Thema Mindestgröße bei Flugsitzen verschleppt. So hat der Kongress die Behörde bereits 2018 aufgefordert, einen entsprechenden Gesetzentwurf vorzulegen. Zwei wichtige Aspekte werden dem Verbraucherverband zufolge dabei jedoch übersehen. Zum einen geht es nicht nur um den Komfort von übergewichtigen Personen, sondern auch um ein erhöhtes Thromboserisiko, wenn sie stundenlang in ihren Stühlen eingezwängt verharren müssen.
Zu kleine Sitze können zum Sicherheitsrisiko werden
Zum anderen stellt sich besonders die Frage nach der Sicherheit angesichts einer zunehmend übergewichtigen Bevölkerung. Wenn diese Passagiere im Notfall nicht mehr schnell aus ihrem geschrumpften Gestühl herauskommen und in der Enge an Bord zum Hindernis werden, dann ist auch die Flugsicherheit nicht mehr garantiert.
"Die FAA definiert Sicherheit zu eng, nämlich nur für den Notfall. Sie vergessen, dass eine Notevakuierung auch von der Größe der Sitze beeinträchtigt werden kann", warnt der Flightrights-Vorsitzende Paul Hudson. Und: "Gesundheits- und Komfortthemen schließen sie ganz aus."
- Reiseagentur SRT