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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Wohnungssuche Wohnungssuche: Wohnungsanzeigen richtig deuten
Die Wohnungssuche ist vor allem in größeren Städten eine schwierige Angelegenheit. Um aus den unzähligen Wohnungsangeboten eine gute Vorauswahl herauszufiltern, greift man in der Regel auf Wohnungsanzeigen in Zeitungen, Anzeigenblättern oder auch im Internet zurück. Doch was bedeuten beliebte Formulierungen wie "zentrale Lage", "aufstrebendes Umfeld" oder "charmante Altbauwohnung" überhaupt? Und kann man den blumigen Umschreibungen vertrauen? Experten von Renego, einer Metasuchmaschine für Immobilien, haben zehn beliebte Codes aus Wohnungsanzeigen entschlüsselt.
"Dank des Internets war die Immobiliensuche noch nie so einfach wie heute", schwärmt Nikolay Nikolov, Gründer und Geschäftsführer von Renego. "Allerdings bedeutet das auch, das man oft hunderte von Anzeigen lesen muss, bis man das Passende gefunden hat."
Bei Wohnungsanzeigen die Spreu vom Weizen trennen
Groß und hell soll sie sein, ruhig und trotzdem möglichst zentral gelegen: An einer klaren Vorstellung, wie die neue Traumwohnung ausgestattet und beschaffen sein soll, mangelt es den meisten Wohnungssuchenden nicht. Um bei Durchsicht all der Inserate aber schon einmal die Spreu vom Weizen trennen zu können, ist es hilfreich, wenn Wohnungssuchende einschätzen können, was sich hinter den beliebten Phrasen wie tatsächlich verbirgt, die man in den Wohnungsanzeigen zu sehen bekommt. Denn ganz realistisch sind die blumigen Beschreibungen oftmals nicht.
Populäre Maklerphrasen in Wohnungsanzeigen
"Beim Lesen von Immobilienangeboten braucht man Gefühl für das, was einem begegnet", sagt Stefan Walter, Geschäftsführer des Eigentümerverbandes Haus & Grund. Ein angepriesenes "Liebhaberobjekt" könne zwar auf den ersten Blick ein Schnäppchen sein, sich aber nach genauerer Prüfung als stark renovierungsbedürftig erweisen. "Hier muss der Käufer noch einiges an Eigenleistung hineinstecken." Das Gleiche gilt für eine Immobilie, die "gut erhalten" ist. Auch diese wurde nicht erst kürzlich saniert, übersetzt Walter die häufig verwendete Maklerphrase.
Renoviert wurde sicherlich bei einer "aufwendigen und luxuriösen Sanierung". Nach Aussagen des Eigentümerverbandes liegt hier eine Wohnung im gehobenen Standard vor, der sich in der Miete widerspiegeln wird. "Preisbestimmend ist vor allem die Lage", erklärt Walter. Daher werde oft von "zentraler, schöner Lage" gesprochen – was allerdings nicht selten auch viel Verkehrslärm bedeuten könne.
Populär sind auch Wohnungen, die in "gefragter Lage" oder in einem "aufstrebenden Viertel" liegen. Hier soll sich eine bislang unbeliebte Gegend in Kürze in ein Szeneviertel wandeln. "Garantieren kann man das aber in der Regel nicht", sagt der Experte.
Grundsätzlich müssen Wohnungssuchende bei der Bewertung von Wohnungsanzeigen bedenken, dass es dem Verfasser der Anzeige in erster Linie darum geht, ein bestimmtes Objekt an den Mann zu bringen. Da wird dann auch schnell mal der soziale Brennpunkt voller unsanierter Plattenbauten zum "aufstrebenden Wohnumfeld" erklärt". Geschütz sind solche Begriffe nämlich nicht.
Wohnungsanzeigen kritisch lesen
"Man sollte jeder Werbeaussage mit einer Portion Skepsis gegenübertreten", empfiehlt deshalb auch Ulrich Ropertz, Geschäftsführer des Deutschen Mieterbundes (DMB). Denn in erster Linie sollen Anzeigen neugierig auf die Wohnung machen. Dazu dienen Schlüsselbegriffe, die sich an den Wünschen der Wohnungssuchenden orientieren. Eine "gute Verkehrsanbindung" ist für viele Menschen wichtig. Dies könne aber bedeuten, dass die Wohnung an einer Haupt- oder Durchgangsstraße liegt, sagt Ropertz. Zumindest sollte sich die Haltestelle für den öffentlichen Nahverkehr in Hausnähe befinden.
Zu den Klassikern im Maklerdeutsch gehört auch "lichtdurchflutet". Diese Beschreibung kann für jeden Raum genutzt werden, der nicht stockfinster ist. In der Regel sind aber große Fenster und überdurchschnittlich helle Räume gemeint. Ropertz geht von 16 Stunden Sonneneinstrahlung am Tag aus. In den Sommermonaten bei 30 Grad und mehr sei es in solchen Räumen dann nicht mehr auszuhalten. "Großzügig" und "gut geschnitten" ist fast jede Wohnung, nach den Aussagen mancher Makler auch das nur 20 Quadratmeter große Ein-Personen-Appartement.
Wer aufmerksam ist, kann aber Widersprüche und falsche Versprechen in Anzeigen leicht erkennen, meint Ropertz: "Eine Wohnung, die ruhig und zentral liegt, schließt sich aus." Und ein "Schallschutz nach DIN" sei nichts Besonderes, sondern Standard.
Auf Wohnungssuche zählen vor allem harte Zahlen und Fakten
Die Floskeln der Wohnungsanzeigen und Exposés klingen oft sehr ähnlich. Wie ein brancheneigener Sprachcode, den es zu entschlüsseln gilt. Doch Jürgen Schick, Vizepräsident des Immobilienverbandes Deutschland (IVD), beteuert: "Es gibt keine eigene Maklersprache. Hier werden ähnliche Formulierungen gewählt, weil es sich immer um den selben Sachverhalt handelt." Entscheidend seien vor allem die Zahlen, Daten und Fakten.
Aus diesem Grund rät der IVD seinen Mitgliedern, möglichst sachlich zu schreiben und eventuelle Wohnungsmängel bereits im Vorfeld zu nennen. "Es macht keinen Sinn, den Kunden zu täuschen", sagt Schick. "Er soll schon vor dem Besichtigungstermin wissen, welche Immobilie ihn erwartet." Doch ganz ohne Werbung und Verkäufersprache komme auch ein seriöser Makler nicht aus, gesteht Schick ein.
Falschangaben in Wohnungsanzeigen entlarven
"Getäuscht ist man sicherlich, wenn man statt eines klassischen Altbaus, der eine Wohnung um die Jahrhundertwende mit hohen Decken und Fenstern suggeriert, einen Bau aus den 70ern vorfindet", findet Stefan Walter von Haus & Grund. Da im Maklerwesen aber nicht definiert ist, was bestimmte Werbebotschaften bedeuten müssen, könne man hier rechtlich wenig tun.
Eine Ausnahme stelle lediglich der unlautere Wettbewerb dar. So dürfe heute nicht mehr mit der Aussage "keine zusätzliche Maklerprovision" geworben werden. "Hier wird nicht deutlich, ob eine versteckte Provision auf den Käufer zukommt."
Hilfreich ist es, wenn sich Wohnungssuchende über das Wohnumfeld und die Lage einer Immobilie vorab selbst informieren, empfehlen der Eigentümerverband Haus & Grund sowie der DMB in seltener Eintracht – entweder über Karten im Internet oder auch bei einem Spaziergang durch das Viertel. So stelle man schnell fest, ob bestimmte Aussagen in der Anzeige auch tatsächlich zutreffen. Sind Einkaufsmöglichkeiten und S-Bahn-Haltestelle tatsächlich zu Fuß erreichbar? Solche Informationen helfen, die beworbene Wohnung richtig einzustufen und sich auf den anschließenden Termin mit dem Makler vorzubereiten.
Stimmt die in der Wohnungsanzeige angegebene Wohnfläche?
Ein Grundriss der Wohnung kann helfen, die tatsächliche Nutzfläche festzustellen, sagt DMB-Geschäftsführer Ropertz. Wie die Stiftung Warentest in einer Untersuchung für ihre Zeitschrift Finanztest im Oktober 2012 herausfand, wird bei der Wohnungsgröße recht häufig getrickst und einfach mehr Wohnfläche angegeben, als dem Mieter tatsächlich zur Verfügung steht.
Bei Zweifeln, was die Wohnungsgröße angeht, sollte man am besten nachmessen. Wie genau man die Wohnfläche einer Mietwohnung errechnen kann, ist in der Wohnflächenverordnung gesetzlich festgeschrieben – beispielsweise zu welchem Anteil man die Grundfläche unter Dachschrägen mit in die Gesamtwohnfläche einrechnen darf.
Stellt sich heraus, dass die Immobilie von den Beschreibungen in der Anzeige deutlich abweicht oder sie sich in einem schlechteren Zustand befindet als angenommen, gibt es laut Walter zwei Möglichkeiten: Entweder von dem Angebot absehen oder Miete, Kaufpreis und Provision mit dem Makler neu verhandeln. Beträgt die Abweichung der tatsächlichen von der im Mietvertrag angegebenen Wohnfläche über zehn Prozent kann die Miete laut Finanztest anteilig gekürzt werden, sobald dies auffällt. Bei geringeren Abweichungen gehe der Mieter aber leer aus.
Wohnungssuche: Bei Kaufabsicht den Fachmann mitnehmen
Wer eine Immobilie kaufen will, sollte blumigen Versprechungen natürlich besonders vorsichtig gegenübertreten. "Bei der Besichtigung sollte man einen Architekten, Bauingenieur oder Sachverständigen mitnehmen, der die Substanz des Gebäudes überprüft", rät IVD-Vize Walter allen Immobilienkäufern – egal ob man eine Wohnung kaufen will oder ob es um einen Hauskauf geht. Hier sollte man nicht am falschen Ende sparen und sich fachmännische Unterstützung sichern. Als Laie sei es kaum möglich die Gebäudesubstanz fundiert zu einzuschätzen, warnt Walter.