Tschilp, tschilp Wo sind die Spatzen hin?
Für Stadtbewohner waren Spatzen von jeher tägliche Begleiter. Nun sieht man in vielen deutschen Städten fast keine mehr. Warum?
Sie leben in Kolonien, nisten in Häuserspalten und übernachten in Sträuchern: Wer in der Stadt lebt, lebt auch immer in der Nähe von Sperlingen. Zumindest war das so. Bis Hamburg, München und Nürnberg vor Kurzem meldeten, dass kaum noch Spatzen, wie die Vögel im Volksmund genannt werden, die Viertel bevölkern. Und auch in Berlin scheinen Haussperlinge von Krähen und Staren verdrängt zu werden. Aber wo sind die Spatzen hin?
Nahrung, Staubbäder, Nistplätze fehlen
Tatsächlich steht der Haussperling in Deutschland seit 2002 auf der Vorwarnstufe der Roten Liste, weil seine Bestände in den Städten und ländlichen Gegenden immer mehr zurückgehen. An dieser Situation hat sich kaum etwas verändert – und nicht nur in Deutschland. Auch in anderen europäischen Ländern und in Nordamerika schwinden die Populationen des Sparrow (englisch für Sperling).
Eine britische Studie führte das Insektensterben als Hauptgrund dafür an. Demnach hätten Sperlinge Schwierigkeiten, ausreichend Nahrung für sich und besonders für ihre Jungen zu finden, die auf eiweißreiches Weichfutter angewiesen sind.
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Und auch sogenannte Altvögel, die sich hauptsächlich von Früchten, Gräsern und Sämereien ernähren, fehlen die Nahrungsquellen, heißt es. Dies sei auf den Rückgang naturnaher Flächen und die naturferne Bewirtschaftung in Grünanlagen und Hausgärten zurückzuführen.
"Regelmäßiges Rasenmähen verhindert das Blühen und Fruchten von Gräsern und Stauden, die nicht nur Insekten, sondern auch Vögeln als Nahrung dienen. Zusätzlich findet der Spatz aufgrund von Gebäudesanierungen und der Abdichtung von Fassaden immer weniger Nistmöglichkeiten vor", heißt es in der Studie, die in der Fachzeitschrift "Urban Ecosystems" erschien.
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Die zunehmende Flächenversiegelung führt dabei nicht nur zu Nahrungsmangel, sondern verhindert auch Staubbäder, die der Spatz zur Gefiederpflege benötigt.
Info
Der Spatz gilt als sogenannter Kulturfolger. Das bedeutet, dass er sich dem Menschen schon vor 10.000 Jahren angeschlossen hat, als dieser sesshaft wurde. In der Folge begleiteten uns die Spatzen in unsere Dörfer und Städte. Also dorthin, wo es ausreichend Futter und Nistplätze gibt. Hier bleiben Sperlinge in der Regel ihr ganzes Leben lang, da sie ihren Geburtsort nur in Ausnahmefällen verlassen. Ihre bevorzugten Lebensräume sind landwirtschaftliche Betriebe, Kleingartenanlagen und Parks.
"Sorgenkind der Ornithologen"
Der Naturschutzbund Deutschland e. V. (Nabu) nennt besonders den Feldsperling "das Sorgenkind der Ornithologen". Im vergangenen Jahr sei zwar eine leichte Erholung bei den Populationen festgestellt worden, jedoch liege die Zahl der Sichtungen mit 35.000 nur drei Prozent über der des Vorjahreszeitraumes im Jahr 2021.
"Und es gibt auch keinen Grund zur Entwarnung für den kleinen Bruder des Haussperlings", warnt Nabu-Vogelexperte Martin Rümmler. Denn nach wie vor sei der Feldsperling auf das Futterangebot in ländlichen Räumen angewiesen. Rümmler: "Das ist gefährdet durch den Einsatz von Pestiziden und den Verlust von artenreichen Wiesen und Feldern." In den Städten konkurriere der Feldsperling außerdem mit dem etwas kräftigeren Haussperling. Für beide ist also kein Platz in den Häuserschluchten – hoffentlich in der Zukunft wenigstens für einen.
- link.springer.com: "Investigating temporal and spatial correlates of the sharp decline of an urban exploiter bird in a large European city" (englisch)
- krautundrueben.de: "Warum sich der Sperling rar macht"
- nabu.de: "Endergebnis der "Stunde der Gartenvögel" Die Resultate der NABU-Zählaktion im Überblick"