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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Stammtisch-Wissen zur Heim-EM Handball: Ist das nicht alles Foul?
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"Wäre Handball einfach, wäre es Fußball", sagen Handballer gerne. Tatsächlich ist der Sport an sich leicht zu durchschauen. Mit der einen oder anderen besonderen Information kann man aber beim Public Viewing punkten.
- Einbahnstraße beim Videobeweis: Beim Fußball ist VAR (Video Assistent Referee) hochumstritten. Beim Handball dagegen ist VR (Video Replay) Normalität, weil er sehr transparent geregelt ist. Die beiden Feldschiedsrichter (und nur sie) haben die Möglichkeit, sich strittige Situationen auf einem Bildschirm noch einmal anzuschauen und gegebenenfalls neu zu bewerten.
Wann sie das tun, ist, für jeden nachlesbar, vom Europäischen Handballverband geregelt. Es gibt nicht den aus der Fußballbundesliga berüchtigten "Kölner Keller", der sich manchmal meldet und manchmal nicht. Einzige Ausnahme: die beiden sogenannten Delegierten (Zeitnehmer und Sekretär), die während der Partie an einem Tisch zwischen den beiden Auswechselbänken sitzen. Sie dürfen auf grobe Regelverstöße abseits des Spielgeschehens hinweisen. Auch dann konsultieren die Schiedsrichter die Video-Zeitlupe. Die Entscheidung liegt am Ende immer bei ihnen. Trainer haben keine Möglichkeit, eine Überprüfung zu verlangen.
- Blau ist das "rötere" Rot: Die schärfste Strafe beim Handball ist nicht die Rote Karte. Die bekommt man schnell. Erhält ein Spieler seine dritte Zwei-Minuten-Zeitstrafe, zieht das automatisch die Rote Karte nach sich. Die Partie ist für diesen Spieler beendet; sein Team allerdings darf nach zwei Minuten wieder "auffüllen".
Direkt "Rot" gibt es bei "gesundheitsgefährdenden" Fouls: Wer den Gegenspieler schubst und um seine Körperkontrolle bringt, während er springt, der fliegt direkt vom Platz. Dasselbe gilt für Aktionen gegen Kopf, Gesicht und Hals. Allerdings droht Handballern nach einer Roten Karte keine Sperre für weitere Spiele.
Länger zusehen muss man nur bei der noch schwerwiegenderen Blauen Karte, die 2016 eingeführt wurde. Sie wird verhängt bei Tätlichkeiten, Beleidigungen und besonders brutalen Fouls. Für alle diese unterschiedlichen Platzverweise gilt aber: Es sind persönliche Strafen. Das Team darf sich nach zwei Minuten wieder vervollständigen.
- "Foul" oder nicht "Foul", das ist hier die Frage: Außenstehenden kommt Handball oft ruppig vor, fast so, als sei eigentlich alles erlaubt. Das stimmt nicht ganz, allerdings lässt das Regelwerk relativ viel Körperkontakt zu. Dem Gegner den Weg versperren, seinen Laufweg mit den Händen an seinem Körper begleiten – all das ist erlaubt, solange man den Gegner nicht mit seinen Armen einklammert, ihn stößt oder schubst. Gegnerkontakt mit angewinkelten Armen ist eher erlaubt als mit ausgestreckten. Kontakt am Boden ist weniger strafbar, als einen Gegner in der Luft anzugreifen. Generell sind Fouls zwar Regelverstöße, aber durchaus Teil des Spiels: Den Gegner umklammernd "festmachen", ist technisch gesehen ein Foul, macht aber keinen Handballer wütend.
- "Schnelle Mitte" statt Anwurf: Beim Fußball ist nach einem Gegentor ordentlich Zeit zum Schimpfen, Lamentieren und Trauern. Handballer haben dafür keine Zeit. Denn nach einem erfolgreichen Torwurf des Gegners stehen alle Zeichen sofort auf Angriff. Wieder angeworfen werden darf bereits, bevor alle Gegner wieder in ihre eigene Spielhälfte zurückgefunden haben. Der Ball muss lediglich schnell aus dem eigenen Tor wieder raus und in den Mittelkreis (hier sind die Torhüter in der Pflicht) und darf von dort sofort weitergespielt werden. Wer sich schnell vom Gegentor erholt, ist also klar im Vorteil.
- "Abgestanden" – ein ewiger Streit: Den Sechsmeter-Halbkreis rund um die Tore darf kein Spieler betreten. Erlaubt ist aber der Sprungwurf in den Kreis, solange der Wurf noch in der Luft erfolgt. Das Problem: Nicht immer ist in der Dynamik des Spiels exakt auszumachen, ob der Ball die Hand schon verlassen hat, bevor der Spieler den Boden wieder berührt.
Im letzteren Fall wäre der Wurf "abgestanden", ein Tor ungültig und die Partie ginge mit Freiwurf für den Gegner weiter. Tatsächlich wird die Regel nicht immer konsequent angewandt, vor allem im Profibereich: Das Spiel ist schnell, lebt von Toren und spektakulären Sprüngen. Ein Angreifer muss schon sehr deutlich nach dem Sprungwurf im Kreis stehen, damit die Schiedsrichter hier eingreifen.
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