Nach Vierschanzentournee Sauna statt Karibik: DSV-Adler jagen weiter Kobayashi
Bischofshofen (dpa) - Markus Eisenbichler sehnt sich einfach nur nach Ruhe.
"Ich will mal relaxen und einen Gemütlichen machen - mal in die Sauna gehen", sagte der derzeit beste deutsche Skispringer, der sich bei der Vierschanzentournee mit Wucht in den Fokus der Öffentlichkeit katapultiert hatte und sich am Ende nur dem überlegenen japanischen Vierfach-Triumphator Ryoyu Kobayashi hatte geschlagen geben müssen. Statt dauerhaftem Reisestress und Interview-Marathons heißt es für ihn nun: "Zusammen sein mit den Spezln und der Family." Viel Zeit dafür hat Eisenbichler allerdings nicht.
Bis zum Saisonende am 23. März ist der Sprungkalender vollgepackt - darunter sind Highlights wie die WM in Seefeld, aber auch die Heim-Wettkämpfe in Oberstdorf und Willingen. Spätestens seit den starken Leistungen bei der Tournee können sich "Eisei" und der Gesamtdritte Stephan Leyhe nicht mehr hinter den großen Namen Andreas Wellinger oder Richard Freitag verstecken. Die Beiden sind plötzlich selbst die gefragten Männer und die Hoffnungsträger im DSV-Team, in dem sich die Kräfteverhältnisse in diesem Winter umgekehrt haben.
Statt den schwächelnden früheren Erfolgsgaranten, zu denen neben Olympiasieger Wellinger und Freitag auch der lange verletzte Severin Freund zählt, springen derzeit die beiden 27-Jährigen vorne mit. "Sie mussten sich oft hinten anstellen", sagte Bundestrainer Werner Schuster. "Für beide Springer ist es ein toller Erfolg." Der ganz große Triumph blieb aus, weil der 22-jährige Kobayashi auf allen vier Tournee-Schanzen nicht zu schlagen war.
Der 49 Jahre alte Schuster ist sportlich in einer beneidenswerten Situation: Seine DSV-Adler demonstrieren mannschaftliche Geschlossenheit und pushen sich gegenseitig. "Das ist kein Konkurrenzkampf, sondern mehr ein Miteinander", sagte Eisenbichler. Auch Leyhe betonte: "Wir können uns gegenseitig hochschieben."
Weil Eisenbichler, Leyhe und zwischendurch auch Engelberg-Sieger Karl Geiger starke Resultate liefern, lastet der Erfolgsdruck nicht ganz so schwer auf Wellinger und Freitag. "Wir haben eine tolle Substanz in unserem Team", sagte Schuster. Drei Athleten in den Top Ten der Weltcup-Gesamtwertung geben ihm recht. Wellinger und Freitag könnten sich so gut entwickeln, müssten dafür jedoch auch viel investieren. "Die Dinge sind richtig analysiert, sie müssen die Ärmel hochkrempeln", forderte Schuster, der im Verlauf der vergangenen Tage vor allem bei Freitag einen kleinen Aufwärtstrend erkennen konnte.
"Er spürt langsam wieder, wie es gehen kann", sagte der Bundestrainer. Er klingt zuversichtlich: "Ein bisschen Zeit ist noch, um die Form zu stabilisieren." Bei Wellinger, der in Oberstdorf und beim Neujahrsspringen in Garmisch-Partenkirchen bereits nach dem ersten Durchgang ausgeschieden war, müsse man dagegen "kleinere Brötchen backen". Die Formkrise scheint beim zuletzt oft ratlos wirkenden 23-Jährigen wie auch bei Freund, der im zweitklassigen Continental Cup nach einem Weg aus dem Tief sucht, fester zu sitzen. Für Wellinger sei derzeit jeder Top-15-Platz ein Erfolg, erklärte Schuster.
Wie Eisenbichler freut sich auch der Coach nach dem Tournee-Stress auf ein paar Stunden mit seiner Familie. So richtig Urlaub machen kann er allerdings nicht. "Es ist jetzt nicht so, dass ich zwei Tage in die Karibik fahren könnte", stellte er mit einem Grinsen im Gesicht klar. "Das geht sich nicht aus."
Schon mit dem Weltcup am kommenden Wochenende im italienischen Predazzo beginnt die DSV-Jagd auf Überflieger Kobayashi, der im Gesamtweltcup schon fast uneinholbar vorne liegt. Auch die WM in Seefeld in Tirol ab dem 19. Februar ist nicht mehr so weit weg. "Wir wollen auch beim nächsten großen Highlight wieder eine Medaille machen", sagte Schuster. Ob dann Eisenbichler, Leyhe oder doch wieder ein anderer seiner Adler jubeln darf, wird ihm relativ egal sein.