DFB-Einzelkritik: Deutschland glänzt – doch nur ein Spieler bekommt die Eins
Generalprobe geglückt: Für Bundestrainer Joachim Löw und seine DFB-Auswahl gab es im letzten Test vor der EM viel Grund zur Freude. 7:1 schlug seine Elf Außenseiter Lettland. Viele Spieler zeigten eine gute Partie, doch das Prädikat "sehr gut" bekam nur einer. Die t-online-Einzelkritik.
Manuel Neuer: Hatte bei seinem 100. Länderspiel nichts zu tun und hätte in der ersten Halbzeit die Partie auch vom Sofa aus verfolgen können. Im zweiten Durchgang dann ähnlich beschäftigungslos. Beim Gegentor chancenlos. Note 3.
Robin Gosens: In den Anfangsminuten noch wenig zu sehen, machte sich der Linksverteidiger nach zehn Minuten mit einer scharfen Flanke bemerkbar. Gute zehn Minuten später dann stark vorgerückt, als er nach schöner Vorarbeit von Havertz sein erstes Länderspieltor erzielte. Auch sonst umtriebiger und wichtiger Aktivposten. Glänzte bei Müllers 3:0 als Vorbereiter. Defensiv dagegen kaum gefordert. Dürfte nun eindeutig in der Pole Position sein, was den Startelfplatz auf der linken Seite angeht. Note 1.
Antonio Rüdiger: Agierte auf der linken Innenverteidigerposition und fühlte sich dort wohl. War der aufgrund fehlender Spielpraxis unsicher agierende Chelsea-Verteidiger im Herbst noch ein großer Risikofaktor, strahlt er mittlerweile die nötige Ruhe aus. Allerdings gegen harmlose Letten auch kaum in Nöten. Traute sich nach der deutlichen 3:0-Führung auch mehr nach vorne (31.). Note 3.
Mats Hummels: Spielte gegen Lettland anstelle von Süle (auf der Bank) als zentraler Innenverteidiger in der Fünferkette. Schlug viele lange Diagonalbälle, von denen allerdings nicht jeder ankam. Suchte immer wieder den Zug nach vorne, so auch bei seinem Traumpass auf Gnabry (45.), der zum 5:0 führte. Gab zudem viele Anweisungen und dirigierte den Abwehrverbund. Note 2.
Matthias Ginter: Schöner Steckpass auf Müller nach wenigen Sekunden. Defensiv kaum gefordert, darum immer wieder ins Kombinationsspiel nach vorne mit eingebunden. Löw nannte den Gladbacher jüngst verlässlich. Bestätigte diese Verlässlichkeit gegen Lettland. Mehr aber auch nicht. Note 3.
Joshua Kimmich: Nach langer Zeit nahm der Bayern-Stratege gegen Lettland wieder die Position als rechter Verteidiger ein. Erledigte auch dort seinen Job mit voller Leidenschaft. Hätte sich zudem beinahe in die Torschützenliste eingetragen (26.), sein Schuss küsste den Pfosten. Die große Frage bleibt: Spielt Kimmich auch gegen Frankreich auf rechts? So oder so: Wäre Löw Louis van Gaal, müsste er sagen: "Kimmich spielt immer." Note 2.
Toni Kroos: Der Real-Star agierte auf der defensiven Sechserposition gewohnt schleppend wie souverän. Erfüllte seinen Job als Ballverteiler solide, bei seinen Pässen aber zuweilen schlampig. In Summe trotzdem ein befriedigender Auftritt. Note 3.
Ilkay Gündogan: Der Mittelfeldstratege von Manchester City gehörte wie so oft nicht zu den auffälligsten Akteuren. Bot sich aber immer wieder bei seinen Mitspielern an und forderte Bälle. Toller Abschluss beim 2:0 (21.), als er erst mit dem Gegner Doppelpass spielte und die Kugel dann ins linke obere Eck zimmerte. Auch sonst gute Raumbesetzung. Note 2.
Serge Gnabry: Verpasste jeweils knapp nach Flanken von Gosens (11.) und Ginter (14.) die Führung. Schlampig sein Pass auf Müller (33.), auch sonst lange unglücklich im Abschluss, ehe er kurz vor dem Pausentee doch sein 16. Länderspieltor im 22. Spiel erzielte. Tolle Quote. Machte nach 45 Minuten Platz für Sané. Note 3.
Kai Havertz: Erste Offensivaktion schon in der 2. Minute, sein Flachschuss ging aber knapp rechts vorbei. Der Champions-League-Sieger zeigte sich als umtriebiger Passgeber, so auch in der 19. Minute, als seine Vorarbeit zum 2:0 führte. Tolles Solo kurz vor der Pause (39.), das er mit einem eigenen Treffer belohnte. Sauberer Auftritt des "Helden von Porto". Zur Pause ausgewechselt. Note 2.
Thomas Müller: Hatte die erste Chance der Partie (1.), kam aber aus spitzem Winkel nicht an Keeper Ozols vorbei. Eine knappe Viertelstunde danach hatte der Münchner erneut die Chance auf den Führungstreffer, verzog allerdings knapp. (17.). Zehn Minuten später gelang dem 31-Jährigen dann endlich sein Comebacktor, als er konsequent in den Sechzehnmeterraum preschte. Dazu immer griffig und eklig in den Zweikämpfen. Gute Vorstellung des Rückkehrers, der noch nie bei einer EM ein Tor erzielte. Note 2.
Timo Werner (ab 46. für Havertz): Der dritte Chelsea-Star ersetzte seinen Londoner Kollegen zur Pause – und war prompt erfolgreich. Dieses Tor wird dem zuletzt unglücklich agierenden Angreifer Selbstvertrauen geben. Hatte nach einer Stunde die Chance, per Kopf auf 7:0 zu stellen. Note 2.
Leroy Sané (ab 46. Für Gnabry): Startete auf der rechten Offensivseite, war mit zunehmender Spieldauer aber vermehrt in der Zentrale zu finden. Blieb dort zunächst blass. Das Spiel war nach den ersten 45 Minuten allerdings schon entschieden. Vergab eine Großchance (65.) im Strafraum, machte es elf Minuten später besser, als er überlegt zum 7:1 ins linke Eck einschob. Note 3.
Niklas Süle (ab 60. Minute für Rüdiger): Übernahm nicht Rüdigers Position, sondern die von Hummels als zentraler Verteidiger. Erledigte diese Aufgabe bei bereits hoher Führung gewissenhaft. Note 3.
Christian Günter (ab 60. Minute für Gosens): Der Freiburger zeigte ein paar hübsche Kombinationen mit Werner und Müller auf der linken Seite. Sein dritter Länderspieleinsatz blieb am Ende aber ein unspektakulärer. Note 3.
Emre Can (ab 60. Minute für Gündogan): Lief den Gegner stark an und gewann seine Zweikämpfe. Beim Stand von 6:0 aber auch nicht mehr in großen Stresssituationen. Note 3.
Jamal Musiala (ab 76. Minute für Müller): Kam zu spät für eine Bewertung. Ohne Note.