Die Weltmeister von 1990: Mehr Fluch als Segen
Gestatten: Lothar Matthäus - Rekordnationalspieler. Unvergessen ist sein Sololauf zum 3:1 gegen Jugoslawien, oder sein spielentscheidender Elfer gegen die Tschechoslowakei. Insgesamt vier Treffer steuerte er zum WM-Titel bei.
Doch der Glanz der aktiven Karriere ist womöglich bei niemandem so sehr verblasst wie bei Matthäus: Fällt der Name "Loddar" als Trainerkandidat, gehen die Bundesliga-Fans auf die Barrikaden. Sein Privatleben füllt seit je her die Klatschspalten, als Trainer ist er ein Weltenbummler. In Österreich, Serbien, Ungarn, Brasilien, Israel und Bulgarien arbeitete er bereits - meist ohne durchschlagenden Erfolg.
Andreas Brehme sicherte sich mit seinem verwandelten Elfmeter im WM-Finale gegen Argentinien einen Platz in den Geschichtsbüchern. Insgesamt erzielte er in Italien drei Tore.
Nachdem seine Trainerkarriere in Kaiserslautern vielversprechend startete, scheiterte er später beim Zweitligisten SpVgg Unterhaching. Auch als Co-Trainer in Stuttgart hatte er kein Glück. Mittlerweile ist er DFB-Botschafter.
Thomas "Icke" Hässler, der kleine Mittelfeldmann von Juventus Turin, zauberte in den Stadien Italiens wie ein ganz Großer.
Zuletzt war Hässler Techniktrainer beim 1. FC Köln, doch als er in die Jugendmannschaft abgeschoben werden sollte, verließ er den Klub, bei dem er sportlich durchstartete. Stale Solbakken hatte keine Verwendung mehr für den ehemaligen Weltklasse-Dribbler.
Klaus Augenthaler hatte ein Jahr vor der WM das "Tor des Jahrzehnts" geschossen, in Italien gehörte zu den Stammkräften. Mit dem WM-Titel verabschiedete er sich aus der Nationalmannschaft.
Beim Grazer AK saß Augenthaler zum ersten Mal als Cheftrainer auf der Bank. Trotz zwischenzeitlicher Hochs waren seine Gastspiele beim 1.FC Nürnberg, Bayer Leverkusen, dem VfL Wolfsburg und letztlich der SpVgg Unterhaching nicht vom ganz großen Erfolg gekrönt. Als Trainer ist er auf dem Abstellgleis gelandet.
Der zurückhaltende Uwe Bein galt unter Experten als einer der besten deutschen Mittelfeldspieler überhaupt. Er stand in allen Vorrundenspielen und im Viertelfinale auf dem Platz.
Im Profibereich hat Bein nach der aktiven Zeit kein Glück gehabt. Sein Engagement als Manager der Kickers Offenbach 2005 endete nach nicht einmal einem halben Jahr. In seiner Fußballschule bringt er heute Kindern seine besten Tricks bei.
Thomas Berthold, der meinungsfreudige Abwehrmann des AS Rom, gehörte mit sieben WM-Einsätzen 1990 zu den Säulen des deutschen Teams.
Heute tut Berthold seine Meinung hauptsächlich in Zeitungskolumnen und als Botschafter eines Internet-Wettanbieters kund. Im deutschen Profifußball hört man seit seiner Zeit als Manager von Fortuna Düsseldorf vor einigen Jahren nichts mehr von ihm.
Guido Buchwald verdiente sich mit seinem berühmten Übersteiger gegen Argentinien den Spitznamen "Diego". Er nahm Superstar Maradona aus dem Spiel.
In Japan bei den Urawa Red Diamonds wurde Buchwald zum Trainer des Jahres 2006. In Deutschland hat es bis heute nicht geklappt. Bei Alemannia Aachen war nach nur wenigen Monaten wieder Schluss. Heute ist er beim Viertligisten Stuttgarter Kickers tätig.
Bodo Illgner hielt im Elfmeterschießen des WM-Halbfinals den Schuss von Stuart Pearce und ebnete so den Weg ins Finale.
"Alles. Ein fiktiver Tatsachenroman": Heute ist vor allem Illgners Biographie, zusammen mit Ehefrau Bianca verfasst, in Erinnerung geblieben. Von Zeit zu Zeit ist er als Co-Kommentator im Bezahl-Fernsehen zu hören.
Im WM-Achtelfinale gegen Holland revanchierte sich Jürgen Klinsmann mit seinem Tor zum 1:0 für die Rote Karte gegen seinen Sturmpartner Rudi Völler.
Heute ist er einer der wenigen, die im Fußballgeschäft abseits des Rasens Erfolge feierten. So leitete er eine Trend-Wende in der deutschen Nationalmannschaft ein, die letztlich das Sommermärchens 2006 möglich machte. Obwohl er beim FC Bayern scheiterte, ist er nun Nationaltrainer seines Wahlheimatlandes USA.
Jürgen Kohler schaltete im WM-Achtelfinale Hollands Superstar Marco van Basten aus. Der "Kokser" stand beim Turnier in Italien in vier von sieben Spielen auf dem Platz.
Kohlers fiel mit jeder seiner Station als Trainer und Manager im Profifußball ein kleines bisschen tiefer: Erst scheiterte er als U21-Coach beim DFB, dann als Sportdirektor bei Bayer Leverkusen, dann in der zweiten Liga bei Duisburg, und schließlich beim Drittligisten VfR Aalen. Immerhin: Seit Anfang 2011 steht er dem Frauenfußball-Bundesligisten Bad Neuenahr beratend zur Seite.
Die O-Beine des kleinen Superdribblers Pierre Littbarski sind mittlerweile legendär. Bei der WM 1990 war der Kölner Franz Beckenbauers Edeljoker. Im Gruppenspiel gegen Kolumbien traf "Litti" in der 89. Minute zur Führung für Deutschland.
Wie Guido Buchwald fand Littbarski sein Glück zunächst in Japan. Obwohl seine Trainerlaufbahn bei Yokohama FC vielversprechend begann, versprüht seine Vita insgesamt nur wenig Glamour. Beispiele? Sydney FC, Avispa Fukuoka, Saipa Teheran oder der FC Vaduz. Heute darf er als Co-Trainer in Wolfsburg für Felix Magath die Trainings-Hütchen aufstellen.
Der Antritt von Stefan Reuter war bei seinen Gegenspielern gefürchtet. Der Mann mit dem Spitznamen "Turbo" wurde im Finale eingewechselt, insgesamt stehen sechs Einsätze bei der WM 1990 zu Buche.
Reuter arbeitete von 2006 bis 2009 als Manager bei 1860 München. Seit er die Löwen in Unfrieden verließ, ist es still geworden um ihn. Als Sportlicher Leiter ist er momentan nicht gefragt.
Der Name Karl-Heinz Riedle ist für immer mit dem Spitznamen "Air" verbunden. Trotz seiner geringen Körpergröße war der Stürmer als Kopfballspezialist gefürchtet. Im WM-Halbfinale gegen England behielt der Joker im Elfmeterschießen die Nerven.
Der Fußball-Manager Riedle ist im heutigen Profifußball jedoch nicht mehr als eine Randnotiz: In der Schweiz war er von 2005 bis 2007 Sportchef bei den Grasshoppers Zürich. Ein Geschäftsmann ist er aber dennoch: Riedle besitzt ein Hotel, ein Fußball-Camp für Kinder (beides im Allgäu) sowie ein Sportmanagement-Unternehmen.
Obwohl Olaf Thon "nur" zwei Spiele bei der Endrunde in Italien bestritt, trug er sich trotzdem in die Geschichtsbücher ein. Im denkwürdigen Elfmeterschießen gegen England verwandelte er den entscheidenden Ball zum 5:4. Damit machte er den Einzug ins Finale perfekt, denn der Engländer Waddle zeigte Nerven und verschoss.
"Professor" Thon konnte als Trainer oder Manager bisher nicht mit seiner Kompetenz glänzen. Bei seinem Herzensklub Schalke war er zwar Aufsichtsratsmitglied und Marketing-Mann, doch man baute nie wirklich auf ihn. Beim Oberligisten VfB Hüls sollte seine Trainerlaufbahn behutsam beginnen, doch nach knapp anderthalb Jahren warf Thon wegen "unüberbrückbarer Differenzen" mit einigen Spielern das Handtuch.
Rudi Völler gehörte in Italien zu den absoluten Stammkäften. Neben seinen drei Treffern steht ein Platzverweis gegen Holland zu Buche, als ihn Frank Rijkaard anspuckte. Im Finale holte er den später von Brehme verwandelten Strafstoß heraus.
"Es gibt nur ein' Rudi Völler!" Der Mann mit der unverwechselbaren Frisur ist im Kreis der gescheiterten WM-Helden eine große Ausnahme. Als Nationaltrainer wurde der Publikumsliebling mit dem DFB-Team sensationell Vizeweltmeister. Nach einem Intermezzo als Teamchef beim AS Rom wurde er Sportdirektor bei Bayer Leverkusen und ist dies bis heute.