Bundesliga: Aufreger der Bundesligasaison 2011/12

Eine noch nie dagewesene Tat begeht ein Mitarbeiter von 1899 Hoffenheim. Um die Schmähgesänge der Gästefans aus Dortmund gegen TSG-Mäzen Dietmar Hopp am 2. Spieltag zu stören, hatte der Mann eigenmächtig eine selbstgebastelte Anlage auf den Gästeblock gerichtet und immer dann ein deutlich vernehmbares Piepsen ertönen lassen, wenn eben solche Fangesänge angestimmt worden waren.

Ein anderes Thema der Saison waren die vielen Gesichtsverletzungen. In der Bundesliga erlitt Subotic nach einem Ellbogencheck von Kyrgiakos einen Mittelgesichtsbruch (o.li.). Lauterns Christian Tiffert trug nach einem Check von Hamburgs Rajkovic eine schwere Platzwunde davon (o.re.). Teamkollege Kouemaha traf Prödl bei einem Fallrückzieher im Gesicht, der einen Oberkiefer- und Nasenbeinbruch erlitt (u.re.). Höwedes wurde von seinem eigenen Teamkollegen Höger getroffen. Die Folge: Jochbeinbruch (u.li.).

Auch Michael Ballack blieb nicht verschont. Der Ellbogen von Freiburgs Jan Rosenthal brach dem Ex-Capitano die Nase. Neben den genannten Profis erlitten Sebastian Kehl, Klaas-Jan Huntelaar und Sven Bender in anderen Wettbewerben schwere Verletzungen im Gesicht, die sie auch in der Bundesliga beeinträchtigten.

Der Einsatz von Pyrotechnik ist eine "Never-Ending-Story". Mittlerweile vom DFB eindeutig verboten, haben die geführten Gespräche zwischen dem Verband, der DFL und Fan-Vertretern nicht nur keinen Erfolg gebracht, sondern schwere Vorwürfe gegen den DFB zutage gefördert. Die Konsequenz: Die Fronten sind völlig verhärtet, beide Seiten bezichtigen die andere der Lüge - das Problem hingegen besteht weiterhin.

Der 1. FC Köln ist seinem Ruf als Chaos-Klub mal wieder mehr als gerecht geworden. Zuerst schmeißt Wolfgang Overath auf der Jahreshauptversammlung im November die Brocken hin und ist nicht mehr FC-Boss. Overath weht daraufhin eisiger Wind entgegen. Der Vorwurf: Er habe den FC im Stich gelassen, als der Verein gerade zur Ruhe kam. Alle Pläne waren dahin und der Verein führungslos.

Aber der FC wäre nicht der FC, wenn das schon alles gewesen wäre: Im März trennt sich der Verein vom umstrittenen Manager Volker Finke (li.), und einen Monat später ist auch für Coach Stale Solbakken Schluss. Mittlerweile ist Frank Schaefer wieder FC-Trainer und eine neue Führung mit Vize-Präsident Toni Schumacher wurde ebenfalls installiert.

Am 13. Spieltag führt in Freiburg eine schnell ausgeführte Ecke zum vermeintlichen 2:2-Ausgleich durch Stefan Reisinger gegen Hertha BSC. Doch in den euphorischen Jubel hinein pfeift der verunsicherte Markus Wingenbach die SC-Spieler wieder zurück - er war vom vierten Offiziellen darauf hingewiesen worden, dass er die Ecke nicht eindeutig freigegeben hatte. Trotzdem endet das Spiel schließlich 2:2, weil Reisinger in der Nachspielzeit erneut traf.

Ganz so leicht lässt sich jedoch Freiburgs Präsident Fritz Keller nicht besänftigen. Weil Herthas Manager Michael Preetz einer der treibenden Kräfte des nicht gegebenen Treffers war, tritt der SC-Boss dem Berliner mit erhobenem Mittelfinger entgegen. Das führt zu einem heftigen Krach beider Vereine, der durch ein Telefonat der beiden Protagonisten ausgeräumt werden kann.

Auch der FC Bayern hadert mit dem Schiedsrichter. Stein des Anstoßes ist jedoch nicht der Platzverweis gegen Jerome Boateng. Sondern dass Referee Manuel Gräfe nichts gegen Hannovers Sergio Pinto unternahm. Der tat sich gegen die Bayern vor allem durch Schauspielerei hervor. "Der gehört nach Los Angeles zur Oscar-Verleihung", schimpfte hinterher ein aufgebrachter Uli Hoeneß. "Das macht der schon seit Jahren, ich möchte wissen, wie der heute Nacht noch schlafen kann."

Pinto hatte sich nach einem Foul von Rafinha theatralisch auf dem Platz gewälzt, was zu einer Rudelbildung beider Mannschaften führte. In dieser gerieten Boateng und Christian Schulz aneinander. Ersterer erhielt die Rote, letzterer die Gelbe Karte. Karl-Heinz Rummenigge haderte hinterher mit Schiedsrichter Gräfe. "Man darf hier nicht Täter mit Opfer verwechseln, Täter ist eindeutig Pinto."

Tragisch stellt sich die Situation in Köln am 19. November dar: Schiedsrichter Babak Rafati unternimmt am Morgen vor dem Spiel des 1. FC Köln gegen Mainz 05 in einem Kölner Hotel einen Selbstmord-Versuch. Depressionen haben ihn in diese Situation getrieben. Der Umgang mit den Schiedsrichtern in der Bundesliga und auf internationalem Parkett wird fortan heftig diskutiert.

Ein anderes Thema beschäftigt den FC Bayern seit dem 20. September: Der Brasilianer Breno soll seine Villa in München angezündet haben. Nach mehreren Tagen in Untersuchungshaft kommt er gegen eine sechsstellige Kaution frei. Dennoch gilt er weiter als tatverdächtig, zum Zeitpunkt der Tat soll er betrunken gewesen sein. Im April erhebt die Staatsanwaltschaft München Anklage gegen Breno. Ihm drohen bis zu 15 Jahren Haft.

Nur zwei Tage nach dem Brand in München schockt Ralf Rangnick auf Schalke mit seinem Rücktritt: Burnout! Der Coach der Königsblauen geht mit seiner Krankheit an die Öffentlichkeit, sein Amt gibt er auf. Huub Stevens übernimmt für ihn. Im April erklärt Rangnick, dass er wieder bereit ist für einen Posten als Trainer. Angeblich gab es bereits Gespräche mit der Hertha aus Berlin.

Als Neu-Bayer Manuel Neuer am 6. Spieltag zum ersten Mal nach Schalke zurückkehrt, kochen die Emotionen über: Einige Fans feiern ihn, andere feinden ihn an. Am Ende siegt der FC Bayern mit 2:0.

Auch im Fall des Sky-Experten Markus Merk stehen die Schalker Fans im Mittelpunkt. Die Hauptrolle spielt aber eine Billardkugel. Diese wird nach Merk geworfen. Er war einst der Schiedsrichter, der den Schalkern 2001 den Meistertitel "verwehrte".

Das Foul des Jahres begeht HSV-Stürmer Paolo Guerrero. In einem Spiel, bei dem die Hanseaten saft- und kraftlos auftreten (0:4 gegen Stuttgart), sprintet der Peruaner plötzlich los und und tritt dem VfB-Keeper brutal von hinten in die Wade. Es ist der schnellste Sprint des gesamten Spiels. Guerrero wird daraufhin für acht Spiele gesperrt.

In der Rückrunde rutschen die Bayern in eine Auswärtskrise. Es läuft nicht auf fremden Plätzen. Dann bröckelt auch die Harmonie innerhalb der Mannschaft. Beim Spiel in Leverkusen brüllen sich Thomas Müller (Mi.) und Jerome Boateng (re.) auf dem Platz an. Später spielen sie die Szene herunter. "Wir sind doch keine Mädchen", sagt Boateng.

Es gab aber auch andere Zeiten beim FC Bayern in dieser Spielzeit. Am 26. Spieltag demütigen die Münchner die Hertha aus Berlin mit 6:0. In einem Anflug an Überheblichkeit spielen Franck Ribéry (li.), Arjen Robben (Mi.) und Toni Kroos Schnick-Schnack-Schnuck um das Recht einen Freistoß auszuführen. Ribéry gewinnt und vergibt die Chance.

Im Spiel des FSV Mainz 05 gegen den 1. FC Köln kommt es zu einer unschönen Szene. Als Lukas Podolski eine Ecke ausführen will, wird der Nationalstürmer von einem Ein-Cent-Stück unterhalb des Auges getroffen. Die Münze kommt aus dem Fanblock der Mainzer. In Podolskis Gesicht ist später deutlich zu sehen, wo das Geldstück auftrifft. Der Klub wird zu einer Geldstrafe von 40.000 Euro verurteilt. Der Täter ist bis heute nicht identifiziert.

Am 23. Spieltag gewinnt der FSV Mainz 05 das Derby gegen den 1. FC Kaiserslautern mit 4:0. Im Überschwang der Gefühle ließ sich Mohammed Zidan zu einer Dummheit hinreißen. In der Mainzer Kurve feiernd brüllte er gemeinsam mit den Fans "Scheiß Kaiserslautern". Das DFB-Sportgericht verurteilte den Stürmer zu einer Zahlung von 6000 Euro Strafe. Eigentlich hätte es Zidan besser wissen müssen. Denn erst vor einem Jahr wurde Michael Ballack wegen des gleichen Ausrufs gegenüber Köln-Fans zu 8000 Euro Strafe verdonnert.

Manuel Neuer, von dessen Verpflichtung nicht alle Münchner begeistert waren, trifft in seinem ersten Bundesliga-Spiel für die Bayern auf Borussia Mönchengladbach. Dabei unterläuft ihm ein schwerer Patzer. In der 62. Minute schlägt Roel Brouwers einen langen Ball in den Strafraum, Bayerns Nummer eins stürmt heraus und am Ball vorbei Igor de Camargo ist zur Stelle und köpft das einzige Tor des Spiels. Auch im Rückspiel zeigt Neuer Nerven. Unbedrängt spielt er Gladbachs Offensivspieler Marco Reus den Ball in den Fuß.

Die Saison 2011/12 hat auch eine neue Art von Fangewalt an den Tag gebracht. Leverkusens Michal Kadlec wird nach einem Disko-Besuch in Köln von FC-Hooligans angegriffen. Er bricht sich die Nase dabei. Ebenso ergeht es auch dem Kölner Profi Kevin Pezzoni an Karneval. Daneben gab es auch Übergriffe Kölner Anhänger auf Gladbacher Fans. Mehrfach bedrohten Chaoten die Fohlen-Fans auf Rastplätzen und versuchten sogar, sie auf der Autobahn von der Fahrbahn zu drängen.

Es war das Spiel, welches die Meisterschaft entschied: Der Gipfel zwischen dem Tabellenführer Borussia Dortmund und Verfolger FC Bayern München. Der Spielstand lautet 1:0 für den BVB, als Arjen Robben einen Elfmeter bekommt. Der Holländer tritt an und vergibt. Daraufhin stürmt Neven Subotic auf ihn zu und brüllt ihn an, für viele Fans eine große Unsportlichkeit. Subotic behauptet hinterher, er hätte Robben nicht beleidigt, sondern lediglich gesagt: "Ich habe keinen Bock auf Schwalben, irgendwas in der Art."