Bundesliga: Aufreger der Hinrunde

Den skurrilsten Auftritt in der Hinrunde der Bundesliga legt ein Bertesgadener hin. Der "Flick-Flack-Flitzer" überschlägt sich im Spiel des FC Augsburg gegen Bayern München viermal splitterfasernackt und wird zu 3000 Euro Strafe verurteilt. Doch sein Auftritt hat Fans: Eine Spendenaktion soll ihm helfen, den Betrag zu begleichen.

Ganz anders verhält es sich auf Schalke: sky-Experte Markus Merk, einst der Schiedsrichter, der den Schalkern 2001 den Meistertitel "verwehrte", wird bei seiner Rückkehr nach Gelsenkirchen mit einer Billardkugel beworfen.

Doch auf Schalke ist noch mehr los in der Hinrunde 2011: Manuel Neuer hat S04 in Richtung München verlassen. Seine Rückkehr am 6. Spieltag zum Hinspiel der beiden Klubs wird zu einer zwiespältigen Veranstaltung. Einige Fans feiern ihn, andere feinden ihn an. Am Ende siegt der FC Bayern mit 2:0.

Ein anderes Thema beschäftigt den FC Bayern seit dem 20. September: Der Brasilianer Breno soll seine Villa in München angezündet haben. Nach mehreren Tagen in Untersuchungshaft kommt er gegen eine sechsstellige Kaution frei. Dennoch gilt er weiter als tatverdächtig, zudem als psychisch angeschlagen. Noch immer wird gegen ihn ermittelt.

Nur zwei Tage nach dem Brand in München schockt Ralf Rangnick auf Schalke mit seinem Rücktritt: Burnout! Der Coach der Königsblauen geht mit seiner Krankheit an die Öffentlichkeit, sein Amt jedoch gibt er auf. Huub Stevens übernimmt für ihn. Doch das Thema Burnout ist seitdem wieder im Blickpunkt.

Auch, weil gerade einmal zwei Wochen zuvor Markus Miller das gleiche Schicksal ereilt und auch er sich an die Öffentlichkeit wendet. Zwei Jahre nach dem Freitod von Robert Enke trifft es erneut einen Torhüter von Hannover 96. Doch Miller übersteht das emotionale Tief und kehrt im Dezember in der Europa League auf die Fußball-Bühne zurück.

Ganz anders stellt sich die Situation in Köln am 19. November dar: Schiedsrichter Babak Rafati unternimmt am Morgen vor dem Spiel des 1. FC Köln gegen Mainz 05 in einem Kölner Hotel einen Selbstmord-Versuch. Depressionen haben ihn in diese Situation getrieben. Der Umgang mit den Schiedsrichtern in der Bundesliga und auf internationalem Parkett wird fortan heftig diskutiert.

Immer wieder geben die Leistungen der Referees Anlass zur Kritik - die mitunter nicht zimperlich ausfällt. So findet Köln in Michael Weiner ein Feindbild, nachdem dieser in zwei Spielen (Köln gegen Nürnberg, Köln in Bremen) insgesamt drei Elfmeter und zwei Rote Karten gegen den FC ausspricht. Besonders hart: der Platzverweis gegen Sereno nach einer Notbremse. Elfmeter und Rote Karte - die zweifelhafte Doppelbestrafung ist schwer in der Kritik.

Auch der FC Bayern hadert mit dem Schiedsrichter. Stein des Anstoßes ist jedoch nicht der Platzverweis gegen Jerome Boateng. Sondern dass Referee Manuel Gräfe nichts gegen Hannovers Sergio Pinto unternahm. Der tat sich gegen die Bayern vor allem durch Schauspielerei hervor. "Der gehört nach Los Angeles zur Oscar-Verleihung", schimpfte hinterher ein aufgebrachter Uli Hoeneß. "Das macht der schon seit Jahren, ich möchte wissen, wie der heute Nacht noch schlafen kann."

Pinto hatte sich nach einem Foul von Rafinha theatralisch auf dem Platz gewälzt, was zu einer Rudelbildung beider Mannschaften führte. In dieser gerieten Boateng und Christian Schulz aneinander. Ersterer erhielt die Rote, letzterer die Gelbe Karte. Karl-Heinz Rummenigge haderte hinterher mit Schiedsrichter Gräfe. "Man darf hier nicht Täter mit Opfer verwechseln, Täter ist eindeutig Pinto."

Ein anderer Zweikampf erhitzt die Gemüter in Dortmund. Die Partie des BVB gegen Wolfsburg (5:1) wird vom Foul des VfL-Griechen Sotirios Kyrgiakos an Neven Subotic überschattet. Der schwarz-gelbe Verteidiger erleidet bei einem Ellenbogencheck seines Gegenspielers einen Mittelgesichtsbruch. Während Subotic monatelang ausfällt, kommt der Wolfsburger ohne Sperre davon.

Dem VfB Stuttgart wird das Auftreten von Guido Winkmann (li.) noch lange in Erinnerung bleiben. Beim Spiel des VfB bei Mainz 05 am 12. Spieltag machte der Referee die spielentscheidenden Fehler: Dem VfB verwehrte er einen Strafstoß, gab ihn dafür unberechtigt auf der anderen Seite. Und weil er auch in der 92. Minute nicht für Stuttgart auf den Punkt zeigte (Pospech hatte Gebhart gefoult) waren die Stuttgarter am Ende außer sich. Der "kicker" verlieh dem Schiedsrichter die Note 6.

Am 13. Spieltag überrascht Deniz Aytekin mit einer besonders harten Roten Karte. Im Spiel des VfL Wolfsburg gegen Hannover 96 erarbeitet sich der VfL einen Eckstoß. Um die Ausführung zu beschleunigen, nimmt Hannovers Didier Ya Konan den Ball im Strafraum auf, um ihn Richtung Eckfahne zu werfen. Auf dem Weg dorthin trifft der Ball jedoch den am Boden hockenden Makoto Hasebe am Kopf. Für dieses Vergehen fliegt Ya Konan vom Platz. Auf den ersten Blick korrekt, zeigen jedoch die Fernsehbilder, dass der Ivorer ein echter Kunstschütze hätte sein müssen, um Hasebe aus knapp zehn Metern absichtlich so präzise zu treffen.

Hannover zum Zweiten: Direkt der erste Spieltag sorgt für heftige Diskussionen, als Jan Schlaudraff gegen Hoffenheim mit einem direkt verwandelten Freistoß das 1:0 erzielt (Endergebnis 2:1). Das Skurrile: Nach dem Freistoß-Pfiff hatte Schiedsrichter Thorsten Kinhöfer den 96-Profi Schlaudraff gefragt, ob er die Hoffenheimer Mauer zurücksetzen solle. "Der Spieler Schlaudraff hat zu mir gesagt: Nein, er brauche keine Mauer. Daraufhin habe ich das Spiel freigegeben", berichtete Kinhöfer hinterher.

Eine ganz andere Diskussion hat das Tor von Patrick Owomoyela am 9. Spieltag gegen Bremen (Endergebnis 2:0 für Dortmund) ausgelöst. Bei seinem Schuss fühlte sich Werder-Keeper Sebastian Mielitz durch BVB-Stürmer Robert Lewandowski klar gestört. Der Treffer zählte trotzdem - nicht das einzige Mal in der Hinrunde. Und die Schiedsrichter sind machtlos. "Wir versuchen, uns damit zu arrangieren", sagt Schiri-Chef Herbert Fandel nur.

Nochmal zurück zum Ausführen von Freistößen - oder Eckbällen. In Freiburg führt eine schnell ausgeführte Ecke zum vermeintlichen 2:2-Ausgleich durch Stefan Reisinger gegen Hertha BSC am 13. Spieltag. Doch in den euphorischen Jubel hinein pfeift der verunsicherte Markus Wingenbach die SC-Spieler wieder zurück - er war vom vierten Offiziellen darauf hingewiesen worden, dass er die Ecke nicht eindeutig freigegeben hatte. Trotzdem endet das Spiel schließlich 2:2, weil Reisinger in der Nachspielzeit erneut traf.

Ganz so leicht lässt sich jedoch Freiburgs Präsident Fritz Keller nicht besänftigen. Weil Herthas Manager Michael Preetz einer der treibenden Kräfte des nicht gegebenen Treffers war, tritt der SC-Boss dem Berliner mit erhobenem Mittelfinger entgegen. Das führt zu einem heftigen Krach beider Vereine, der durch ein Telefonat der beiden Protagonisten ausgeräumt werden kann.

Ein anderer Präsident sorgt für einen nachhaltigeren Streit: Wolfgang Overath schmeißt beim 1. FC Köln auf der Jahreshauptversammlung im November die Brocken hin und ist nicht mehr FC-Boss. Overath weht daraufhin eisiger Wind entgegen. Der Vorwurf: Er habe den FC im Stich gelassen, als der Verein gerade zur Ruhe kam. Davon abgesehen führte er die minutiös geplante Mitgliederversammlung ad absurdum, alle Pläne waren dahin. Und der Verein führungslos.

Eine noch nie dagewesene Tat begeht ein Mitarbeiter von 1899 Hoffenheim. Um die Schmähgesänge der Gästefans aus Dortmund gegen TSG-Mäzen Dietmar Hopp am 2. Spieltag zu stören, hatte der Mann eigenmächtig eine selbstgebastelte Anlage auf den Gästeblock gerichtet und immer dann einen deutlich vernehmbares Piepsen ertönen lassen, wenn eben solche Fangesänge angestimmt worden waren.

Ein Dauerthema auch in der Hinrunde der Bundesliga 2011 ist der Einsatz von Pyrotechnik unter den Fans. Mittlerweile vom DFB eindeutig verboten, haben die geführten Gespräche zwischen dem Verband, der DFL und Fan-Vertretern nicht nur keinen Erfolg gebracht, sondern schwere Vorwürfe gegen den DFB zutage gefördert. Die Konsequenz: Die Fronten sind völlig verhärtet, beide Seiten bezichtigen die andere der Lüge - das Problem hingegen besteht weiterhin.