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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Schalkes emotionale Zweitligasaison "Was soll ich an der Bundesliga vermisst haben? Nix!"
Schalke 04 ist zurück im Fußball-Oberhaus – und krönt sich zum Saisonabschluss sogar zum Zweitligameister. Der Höhepunkt einer emotionalen Saison für viele Schalke-Fans. t-online begab sich auf Spurensuche.
Der FC Schalke 04 ist Meister. Nun, zumindest der 2. Bundesliga. Für die leidgeplagten Anhänger der Gelsenkirchener dennoch ein willkommener Grund zum Feiern. So strömten die königsblauen Fans zu Tausenden aufs Feld des Max-Morlock-Stadions. Ausgerechnet in der Heimstätte der guten Freunde vom 1. FC Nürnberg – die Schalker und Glubberer verbindet nach eigener Aussage die größte und älteste Fanfreundschaft Deutschlands – krönten die Knappen ihren emotionalen Ausflug in die Zweitklassigkeit.
Der 2:1-Auswärtserfolg gegen den FCN mit dem 58-Meter-Geniestreich von Rodrigo Zalazar und dem 30. Saisontreffer von Top-Torjäger Simon Terodde waren der gebührende Abschluss einer Spielzeit für die Geschichtsbücher. Ob das späte 1:0-Auswärtstor in Hannover vor rund 10.000 mitgereisten Blau-Weißen im vergangenen Oktober, die Rückkehr in die ausverkaufte Veltins-Arena oder die Abkehr vom kontroversen – und schlussendlich unhaltbaren – Hauptsponsor Gazprom: Die rund 20.000 Schalker, die nun zum Saisonabschluss den Weg nach Franken fanden, hatten auf dem Weg zurück in die Bundesliga viele neue Anekdoten dazugewonnen.
Ganz besonders im königsblauen Gedächtnis werden jedoch zwei Partien bleiben. t-online hat sich am Rande des Spiels beim "Glubb" auf Spurensuche begeben.
"Dat ist Schalke pur!"
"Sandhausen war das geilste Erlebnis der Saison", sagt Matteo Kogler. Dabei verfolgte der 22-Jährige, der mit seinem Fanklub "Blaue Weiße Liebe" extra aus dem österreichischen Fieberbrunn nach Nürnberg gereist ist, den 2:1-Last-Minute-Auswärtssieg nur am TV-Gerät mit. Dennoch schwärmt er von der Partie am Hardtwald. "Diese Schalker Fanmassen zu sehen, war sensationell. Sie haben aus einem Auswärts- ein Heimspiel gemacht und hatten damit einen Riesenanteil, dass Schalke am 32. Spieltag die Tabellenführung wieder übernahm."
Dem Schalker Anhang ist nämlich auch bewusst: ohne Sandhausen keine Aufstiegsfeier in der heimischen Veltins-Arena die Woche darauf. Das Spiel, an das sich Frank ewig zurückerinnern wird. "Wahnsinn! Diese Emotionen, dieser Jubel nach dem Abpfiff. Dat kann uns keiner mehr wechnehmen. Dat bleibt für immer", ist sich der 59-Jährige aus Dedinghausen sicher. Dabei lag Schalke trotz drückender Überlegenheit zur Halbzeit mit 0:2 hinten. Mit Wille und Einsatz und einem Gewaltschuss von Zalazar drehten die Knappen die Partie noch. 3:2 hieß es am Ende. Die vorzeitige Rückkehr ins Fußball-Oberhaus war besiegelt. "Den Aufstieg auf diese Weise klarzumachen, dat ist Schalke pur", schmunzelt Frank.
In der kommenden Saison werden die Gegner also wieder Bayern München, Eintracht Frankfurt und Borussia Mönchengladbach heißen. Ein besonderes Augenmerk liegt jedoch bereits jetzt auf dem Comeback der größten Rivalität im deutschen Fußball: Königsblau gegen Schwarz-Gelb, Herne-West gegen Lüdenscheid Nord, Schalke 04 gegen Borussia Dortmund.
Derby gegen den BVB? "Völlig überbewertet!"
"Da müssen wir nicht lange drum herumreden", sagt Matteo, "natürlich habe ich das Derby in dieser Zweitligasaison vermisst." Eine Aussage, die auf der Hand liegt, mag man meinen. Doch es gibt auch eine überraschend klar artikulierte Opposition. "Was soll ich an der Bundesliga vermisst haben? Nix!", stellt Hardy klar. Der 50-Jährige aus Hamburg wird deutlich: "Das Derby ist völlig überbewertet. Die Schwarz-Gelben sind uns doch in den vergangenen Jahren enteilt, ich hab' kein' Bock darauf, dass wir als Prügelknaben herhalten müssen. Klar, 2019 haben wir denen schön in die Suppe gespuckt und mit dem 4:2-Auswärtssieg kurz vor Saisonende ihre Meisterträume zerplatzen lassen. Aber dass ich nächste Saison wieder an sowas glaube? Nee, nicht unbedingt. Soll bloß keiner denken, ich hätte den BVB vermisst."
Für den gebürtigen Sauerländer zählt viel mehr das Hier und Jetzt – und das, was er da sieht, gefällt ihm sehr gut. "Ich habe allerhöchsten Respekt vor Rouven Schröder. Der hat den Schalker Schweinestall ordentlich ausgemistet." 50 Transferbewegungen musste der Sportdirektor der Königsblauen abwickeln, ehe der Zweitligakader stand. Eine Mammutaufgabe, die der 46-Jährige mit Bravour erledigte. Mehr noch: Ihm gelang es, eine Mannschaft zu schaffen, die den Schalker Anhang nach Jahren der Misere und Pleiten wieder mit Stolz erfüllt. Auch deshalb steht für Frank fest: "Der Rouven Schröder, dat is' Schalkes wahrer Königstransfer. Ohne den wäre dieser Aufstieg gar nicht möglich gewesen."
- Eigene Gespräche mit Schalke-Fans in Nürnberg