Mehr als 150 Journalistinnen und Journalisten berichten rund um die Uhr für Sie über das Geschehen in Deutschland und der Welt.
Zum journalistischen Leitbild von t-online.Wunsch von CDU und Grünen Warum Wuppertal Kulturhauptstadt 2040 werden könnte
Im Jahr 2040 stellt Deutschland wieder eine Kulturhauptstadt. Wuppertal könnte diese Chance nutzen – wenn es nach dem Ratsbündnis von Christdemokraten und Grünen geht.
Als die Kultusministerkonferenz am 11. Januar 2021 die ehemalige Karl-Marx-Stadt endgültig zur Kulturhauptstadt 2025 ernannte, soll der Jubel in Chemnitz "frenetisch" gewesen sein. Zwar war die Jury-Entscheidung bis zuletzt nicht ganz unumstritten und beim heimlichen Favoriten in Nürnberg trug man Trauer, aber egal: Die Stadt habe "einen Millionen-Jackpot geknackt" war sich die "Süddeutsche Zeitung“ sicher. "Ein Konjunkturprogramm für die wirtschaftliche Zukunft der Stadt." Man habe nach den Sternen greifen wollen, wird Chemnitz' Oberbürgermeisterin Barbara Ludwig später zitiert.
Eine ähnliche Aufbruchsstimmung wünscht sich das Ratsbündnis aus Christdemokraten und Grünen 2040 auch für Wuppertal. Denn: "Wir wollen eine breite bürgerschaftliche Kulturbewegung initiieren und begleiten, die eine Bewerbung als europäische Kulturhauptstadt 2040 vorbereiten soll", heißt es in ihrem Zukunftsprogramm, dass die beiden Parteien am 11. März 2021 der Öffentlichkeit präsentierten.
Breite Bürgerbewegung
Für die Stadtentwicklung brauche es Leuchttürme, ist sich der Vorsitzende des Kulturausschusses, der Wuppertaler CDU-Chef Rolf Köster im Gespräch mit t-online sicher. "Wenn das Chemnitz geschafft hat, warum nicht auch wir?" Schließlich gehe es bei einer solchen Bewerbung um mehr "als nur darum, viele kleine Theater zu präsentieren".
In Wuppertal habe die Wiege der Industrialisierung in Deutschland gestanden. "Unsere Stadt symbolisiert wie keine andere den Wandel einer alten Industrieregion in eine digitale und nachhaltige Zukunft", beschreibt Köster die Entwicklung. Vom Bleicherprivileg über das Bayer Gründerwerk bis hin zum Standort moderner Automobilzulieferer spannt Köster den Bogen. Eine Stadt, über die der Strukturwandel hinweggefegt sei. Aber: "Die sich immer wieder neu erschaffen hat".
Auch jetzt entwickele sich neue Urbanität und in manchen Bereichen sogar Kiezmentalität. Diese Chancen gelte es zu nutzen. "Wir sind dabei, uns wieder einmal neu zu erfinden." Eine sinnvolle Symbiose aus Umwelt und wirtschaftlichem Fortschritt. Köster: "Diese historischen Prozesse darzustellen, wäre ein durchaus probates Thema für eine Kulturhauptstadt 2040". Dazu sei es wichtig frühzeitig eine "breite bürgerschaftliche Bewegung" zu initiieren, "um die Menschen in Wuppertal für die Idee einer Kulturhauptstadt zu begeistern."
Teilnahme würde der Stadt guttun
Auf Vorschlag der damaligen griechischen Kulturministerin Melina Mercouri (1920 – 1994) wird seit 1985 jedes Jahr eine Stadt gekürt. Seit 1999 sogar meist zwei Städte. Bisher ging der Titel an über 60 Städte quer durch Europa. Ziel ist es, die kulturelle Vielfalt aufzuzeigen, die Kulturszene der ausgewählten Städte ins Rampenlicht zu rücken und Impulse für deren langfristige Entwicklung auszulösen. In der Anfangszeit waren es meist Metropolen. Doch in den letzten Jahren hat sich der Fokus der Expertenjury beträchtlich verschoben.
2040 ist Deutschland wieder an der Reihe. "Schon allein die Teilnahme an einem so herausragenden Wettbewerb würde der Stadt sehr guttun", ist sich Köster sicher. Als einen "Stadtfindungsprozess" will er das alles verstanden wissen.
Die politische Konkurrenz nennt die Überlegungen "Nebelkerzen". So fordert zum Beispiel Ingrid Pfeiffer, kulturpolitische Sprecherin der FDP-Ratsfraktion und Mitglied des Aufsichtsrates der Wuppertaler Bühnen, "die CDU auf, seriöse Kulturpolitik zu betreiben und keine fixen Ideen in den Raum zu werfen". Das aber ficht Köster, der nun in der dritten Ratsperiode den Vorsitz im Kulturausschuss führt, wenig an: "Wenn man nicht träumen kann, dann kann man auch keine moderne Stadt bauen".
- Eigene Recherchen
- Gespräch mit Dr. Rolf Köster
- Pressemitteilung der FDP-Ratsfraktion vom 10. August 2020