Stuttgart Noch keine Bußgelder wegen Verstößen gegen Impfpflicht
Knapp zwei Monate nach Inkrafttreten der einrichtungsbezogenen Impfpflicht haben Behörden im Südwesten noch keine Bußgelder gegen ungeimpfte Beschäftigte im Gesundheitsbereich verhängt. Auch wenn sich bei den Gesundheitsämtern im Land Zehntausende Beschäftigte ohne Impfnachweis aus Kliniken oder Pflegeheimen gemeldet haben, dauern die Verfahren gegen sie noch an, wie Anfragen bei mehreren Kommunen zeigen.
Beim Gesundheitsamt in Karlsruhe haben sich bislang rund 1800 Beschäftigte gemeldet, die keinen Nachweis einer Impfung oder Genesung haben oder über ein Attest zur Befreiung von der Corona-Impfung verfügen. Bußgelder wurden deshalb aber noch keine verhängt, wie ein Sprecher mitteilte. Die Betroffenen seien bislang nur aufgefordert worden, den Nachweis nun zu erbringen. Mehrere Hundert Antwortschreiben muss die Behörde bereits auswerten.
Auch das Gesundheitsamt der Stadt Stuttgart hat noch keine Bußgelder verhängt. Dort wurden dem Amt bislang 2240 Beschäftigte ohne Nachweis gemeldet. Wie viele davon keine Impfung haben, lasse sich aber nicht sagen, teilte ein Sprecher mit. Die Verwaltungsverfahren dauerten an.
Ein ähnliches Bild zeigt sich in Konstanz, Mannheim, Reutlingen und beim Gesundheitsamt in Freiburg. Auch dort wurden bislang keine Bußgelder verhängt. Man nehme zunächst Kontakt mit den Betroffenen auf, teilte eine Sprecherin der Stadt Mannheim mit. Dabei versuchten sie, individuelle Lösungen zu finden, um den Schutz gefährdeter Gruppen zu gewährleisten. Dazu zählten etwa patientenferne Tätigkeiten oder besondere Hygienemaßnahmen für Beschäftigte, um Betretungsverbote zu vermeiden.
Seit Mitte März gilt in Baden-Württemberg die sogenannte einrichtungsbezogene Impfpflicht. Kliniken, Heime und Einrichtungen, Praxen und ambulante Dienste müssen seitdem Mitarbeitende beim Gesundheitsamt melden, die nicht geimpft oder genesen sind oder bei denen es Zweifel an der Echtheit der vorgelegten Nachweise gibt. Bis zum Ablauf einer zweiwöchigen Meldefrist Ende März wurden den Behörden nach Angaben des Sozialministeriums rund 32 000 ungeimpfte Beschäftigte gemeldet. Neuere Daten liegen dem Ministerium nicht vor.
Die Gesundheitsämter betrachten bei der Kontrolle der Impfpflicht jeden Fall einzeln. Zunächst wird versucht, die Betroffenen von der Maßnahme zu überzeugen. Ist kein Umdenken in Sicht, kann das Amt "innerhalb einer angemessenen Frist" das Betreten des Arbeitsplatzes und die dort ausgeübte Tätigkeit untersagen. Auch ein Bußgeld von bis zu 2500 Euro ist möglich.
Der gesundheitspolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Jochen Haußmann, sagte, Gesundheitsminister Manne Lucha (Grüne) müsse sicherstellen, dass Gesundheitsämter die Ermessensspielräume nutzten und die Vorgaben einheitlich umsetzten. "Wenn jetzt ein Flickenteppich durch unterschiedliche Handhabungen der einrichtungsbezogenen Impfpflicht entsteht, führt das verständlicherweise zu unnötigem Unmut bei den Beschäftigten und Arbeitgebern". Haußmann empfahl den Beschäftigten zugleich, sich impfen zu lassen.
Lucha erwiderte, dass es mit der einrichtungsbezogenen Impfpflicht zu keinen Versorgungsengpässen kommen werde. Die Frage der Versorgung sei Bestandteil des einzelfallbezogenen Verwaltungsverfahrens, das der Bundesgesetzgeber vorgesehen habe und das die Gesundheitsämter umsetzten. "Wenn ein Versorgungsengpass droht, können Gesundheitsämter ungeimpften Mitarbeitern zunächst befristet und unter Auflagen die weitere Tätigkeit gestatten." Auch eine Flickenteppich entstehe nicht. "Zur Umsetzung der einrichtungsbezogenen Impfpflicht haben wir nämlich zusammen mit den Gesundheitsämtern und den kommunalen Landesverbänden einen ausführlichen Handlungsleitfaden erarbeitet", sagte Lucha.