Abschiebungen Keine Abschiebungen nach Afghanistan - Land warnt
Zehntausende suchen in Baden-Württemberg Asyl. Viele integrieren sich, andere werden kriminell. Teils könnten schwere Straftäter auch abgewiesen werden. Aber der Bund bremse ab, kritisiert das Land.
Viele von ihnen sitzen noch den Rest ihrer Haft ab, andere sind bereits wieder in Freiheit: Im Südwesten halten sich derzeit mehr als 90 schwere Straftäter aus Afghanistan und Syrien auf, die aus Sicht der baden-württembergischen Landesregierung eigentlich abgeschoben werden könnten.
"Sie sind ausreisepflichtig- und fähig, es liegen keine Verbote für sie vor, aber der Bund organisiert den entscheidenden Schritt nicht", sagte Staatssekretär Siegfried Lorek (CDU) in Stuttgart.
Einige dieser Menschen seien auch frei. "Wenn so einer eine Straftat begeht, dann fragen alle, warum haben wir den nicht in Abschiebehaft genommen?", sagte der CDU-Politiker. Eine solche Haft könne aber nur durchgesetzt werden, wenn es eine konkrete Perspektive dafür gebe, dass der Betroffene auch abgeschoben werden kann. Diese aber gebe es derzeit nicht.
Bislang scheiterten Abschiebeflüge nach Syrien und Afghanistan vor allem an Sicherheitsbedenken des Bundes. Bei den Dutzenden Intensivstraftätern im Südwesten habe das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) aber kein Verbot festgestellt, sagte der Staatssekretär.
Die mehr als 90 schweren Straftäter gehören zu den zahlreichen Fällen, um die sich der sogenannte Sonderstab Gefährliche Ausländer seit sieben Jahren in Baden-Württemberg kümmert. Insgesamt seien in dieser Zeit 496 Straftäter und andere Intensivtäter aus dem Ausland auf Betreiben der Experten aus Baden-Württemberg abgeschoben worden.
Allesamt wurden sie als ausreisepflichtig und gefährlich eingestuft, wie Lorek sagte. Er fügte hinzu: "Jede Abschiebung, jede Ausweisung und jede Identitätsklärung ist ein Gewinn für die Sicherheit in Baden-Württemberg."
Probleme mit der Identität
Der Sonderstab in Stuttgart prüft Ausweisungen und Abschiebungen von ausländischen Mehrfach- und Intensivstraftätern. Die meisten stammen aus Ländern wie Gambia, der Türkei und Pakistan, aber auch aus Syrien und dem Irak. Ebenfalls im Blick hat der Stab ausreisepflichtige Ausländer, die bewusst gegen Regeln verstoßen und sich hartnäckig als nicht integrierbar erwiesen haben.
Probleme mit der Identität und Staatsangehörigkeit der Betroffenen machen dem Sonderstab nach Angaben Loreks weiter schwer zu schaffen. Von den 23.487 Ausreisepflichtigen in Baden-Württemberg, bei denen die Abschiebung vorübergehend ausgesetzt sei, hätten 5.293 Menschen keine Ausweise, 2.278 weitere hätten bei ihrer Identität getäuscht oder weigerten sich, bei der Aufklärung zu helfen (Stichtag 31.12.2024). "Die ungeklärte Identität war somit in knapp einem Drittel der Fälle Grund für die vorübergehende Aussetzung der Abschiebung", teilte das Justizministerium mit.
Eine geklärte Identität sei aber die Voraussetzung für alle weiteren Schritte, sagte der Staatssekretär. Deshalb sei das Fallmanagement intensiv. Es gibt zahlreiche Gespräche, aufwendige Recherchen nach Ausweispapieren in teils entlegenen Staaten und zeitraubende Absprachen mit den Behörden des verantwortlichen Heimatlandes.
Vor allem Gambia weigere sich konsequent, Staatsbürger aufzunehmen, seitdem der Druck der EU auf das Land nachgelassen habe, sagte Lorek. Er forderte auch Rückführungsabkommen etwa mit Irak, Nigeria und mehreren nordafrikanischen Ländern.
Mit Abschiebungen allein könne der hohe Zugang an Asylsuchenden und Geflüchteten aber nicht aufgefangen werden, kritisierte Lorek. "Wir werden das Problem nicht allein über Abschiebungen lösen können", sagte er.
- Nachrichtenagentur dpa