Sicherheit Politisch motivierte Kriminalität steigt sprunghaft an
Abgerissene Wahlplakate, israelfeindliche Graffitis, Beleidigungen, Drohungen: Die politisch motivierte Kriminalität im Südwesten ist enorm gewachsen. Das hat Gründe.
Die politisch motivierte Kriminalität in Baden-Württemberg ist zuletzt sprunghaft angewachsen. Die Straftaten in dem Bereich sind in den ersten drei Quartalen 2024 gegenüber dem Vorjahreszeitraum um fast 2.000 auf insgesamt 4.675 Fälle angestiegen - ein Zuwachs um rund 75 Prozent.
Der Anstieg betreffe alle Phänomenbereiche, heißt es aus dem Innenministerium - also sowohl Straftaten von rechts, von links oder etwa Taten, die aus religiöser oder ausländischer Ideologie heraus begangen werden. Zahlen für das Gesamtjahr liegen noch nicht vor.
Das Ministerium erklärt diese Entwicklung vor allem mit den Europa- und Kommunalwahlen im Juni 2024. Erfasst worden seien vor allem Sachbeschädigungs- und Diebstahlsdelikte, insbesondere das Entfernen und die Beschädigung von Wahlplakaten. Aber: Auch politisch motivierte Gewaltdelikte haben deutlich zugenommen in den ersten drei Quartalen des vergangenen Jahres, und zwar um 19 Prozent auf 141 Fälle.
Strobl: Demokratie unter Druck
Der anhaltende Nahostkonflikt und die damit verbundenen Auseinandersetzungen in Deutschland trügen zu den steigenden Fallzahlen bei, so das Innenministerium.
"Die Demokratie ist unter Druck - von innen wie von außen - und das spiegelt sich auch in den Zahlen wider", betonte Innenminister Thomas Strobl (CDU). Die Europa- und Kommunalwahlen seien aber nur ein Faktor. "Wir alle haben einen Auftrag: Wir müssen die Grundpfeiler unserer Demokratie schützen und jeglicher Form von Extremismus gemeinsam entschlossen entgegentreten. Eine Demokratie ohne hinreichend aktive Demokraten wird nicht überleben."
Besonders rechte Gewalt wächst
Das Spektrum der Taten ist groß und liegt zwischen abgerissenen Plakaten und tödlicher Gewalt. In Mannheim etwa attackierte im vergangenen Jahr ein Islamist den Polizisten Rouven Laur auf dem Marktplatz mit einem Messer, der Beamte starb später an seinen Verletzungen - den Fall rechnen die Behörden dem Phänomenbereich religiöse Ideologie zu. Die Straftaten in dem Bereich sind mehr als doppelt so hoch wie im Vorjahreszeitraum.
Insbesondere die politisch motivierte Kriminalität aus dem rechten politischen Spektrum steigt an. Die Fallzahlen wuchsen in den ersten drei Quartalen 2024 um 78 Prozent auf 1.756. Vor allem Propagandadelikte und Fälle von Volksverhetzung nehmen zu. "Mögliche Erklärungsansätze ergeben sich aus der durch Zuwanderung, Wahlkampf und Nahostkonflikt geprägten politischen Lage", schreibt das Innenministerium. Die Anzahl rechter Gewalttaten stieg in den drei ersten Quartalen 2024 um 38 Prozent.
Die Delikte aus dem linken und linksextremistischen Bereich stiegen in dem Zeitraum leicht. Gewaltdelikte in dem Bereich gingen zurück.
- Nachrichtenagentur dpa