Abfall Macht Videoüberwachung gegen Müllsünder Schule?
Landauf und landab wird immer mehr Müll illegal irgendwo abgelegt. Die Städte müssen Altreifen, Bauschutt, Kühlschränke und giftige Stoffe entsorgen. Tettnang reagiert.
Wegen massenhaft illegal abgelegten Mülls bewacht Tettnang im Bodenseekreis seit Kurzem per Videokamera einen Glas- und Blechdosenabfallplatz. Dies sei eine Maßnahme gegen regelmäßige wilde Abfallablagerung, teilt eine Sprecherin der Stadt mit. Viele Kommunen im Umfeld hätten sich nach der Einführung erkundigt, was Tettnang da genau mache. Denn landauf landab beklagen Kommunen wilden Müll und bleiben meistens auf den Kosten für die Beseitigung hängen. Die Verursacher werden selten ermittelt.
Am 15. August 2024 startete die Stadt Ludwigshafen ein Pilotprojekt zur mobilen Videoüberwachung an ausgewählten Orten im Stadtgebiet gegen illegale Müllablagerungen. Im Laufe des sechsmonatigen Testzeitraums soll überprüft werden, ob die Videoüberwachung zu einem Rückgang der Müllverschmutzung führt und ob die von der Stadt Ludwigshafen ergriffenen Maßnahmen zum Schutz unbescholtener Bürgerinnen und Bürger greifen.
Macht das auch in Baden-Württemberg Schule?
Nach Auffassung der grün-schwarzen Landesregierung ist die Rechtslage in Rheinland-Pfalz nicht mit derjenigen in Baden-Württemberg vergleichbar. Denn dort sei die Videoüberwachung bereits zulässig, wenn dies unter anderem zur Wahrnehmung einer Aufgabe im öffentlichen Interesse sowie zum Schutz des Eigentums oder Besitzes erforderlich sei und keine Anhaltspunkte bestünden, dass überwiegende schutzwürdige Interessen der betroffenen Personen entgegenstehen. Das geht aus einer Landtagsanfrage der SPD-Fraktion an das Innenministerium hervor.
"Der Landkreistag Baden-Württemberg teilte in Abstimmung mit dem Städtetag Baden-Württemberg und dem Gemeindetag Baden-Württemberg mit, dass in Baden-Württemberg keine ähnlichen Projekte zur Bekämpfung von Müllsündern bekannt seien", schrieb das Innenministerium in seiner Antwort an die SPD-Fraktion. In den Landkreisen gebe es an Containerstandorten durchaus die Problematik der illegalen Müllablagerungen und es sei bereits teilweise mit den betroffenen Gemeinden über ähnliche Lösungen zur Bekämpfung von Müllsündern diskutiert worden.
In Tettnang sei in nicht nur Abfall, der in den in der Bahnhofstraße bereitstehenden Containern gesammelt werde, auf der Abfallinsel beim BayWa-Parkplatz entsorgt worden. "Auf der Fläche vor und neben den Containern wurden vom Kinderwagen bis hin zum Kühlschrank und Möbeln sowie Behälter mit giftigen Inhaltsstoffen abgelegt", sagt die Sprecherin der Stadt.
Die Installation des Videoüberwachungssystems, das der Gemeinderat im April beschlossen habe, soll nun Abhilfe schaffen. Wer beim illegalen Müllabladen erwischt werde, müsse mit hohen Strafen rechnen. Von bis zu 5.000 Euro ist die Rede.
Datenschutzrechtliche Bedenken
Wie das Stuttgarter Innenministerium weiter mitteilte, bestehen auch in Rheinland-Pfalz grundsätzlich datenschutzrechtliche Bedenken hinsichtlich der Videoüberwachung von Müllsündern. Der Datenschutzbeauftragte von Rheinland-Pfalz, Dieter Kugelmann, unterstütze das Pilotprojekt in Ludwigshafen. "Laut Aussage von Herrn Prof. Kugelmann haben andere Städte in Rheinland-Pfalz jedoch keine Zusage für vergleichbare Projekte erhalten." Überdies diene das Pilotprojekt vordergründig der Abschreckung und nicht der Überführung der Verursacher. In Ludwigshafen sei das Problem, dass nicht nur Sperrmüll wild abgelagert werde, sondern auch Hausmüll, wodurch Ratten angelockt würden. Hierdurch sei die Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger in Gefahr.
In Baden-Württemberg ist laut dem Innenministerium bislang kein vergleichbarer Fall bekannt. Unabhängig von der aktuellen datenschutzrechtlichen Lage sei eine Videoüberwachung von Müllsündern stets das letzte geeignete Mittel.
- Nachrichtenagentur dpa