Bilanz Gefahr Straße: Mehr Verkehrstote im Südwesten
Es ist eine gemischte Bilanz, die der Innenminister präsentiert. Die Zahl der Schwerverletzten im Verkehr ist auf einem historischen Tiefstand. Aber wirklich sicherer sind die Straßen nicht geworden.
Die Woche ist noch jung, aber Unfälle passieren ständig. Manche gehen schlimm aus, andere eher glimpflich. Allein am Montag fährt eine 18-jährige Autofahrerin bei Erbach (Alb-Donau-Kreis) am Morgen gegen einen Baum und stirbt. Fünf Lastwagen kollidieren am selben Tag bei Glatteis auf der Autobahn 81 bei Geisingen (Kreis Tuttlingen).
845 Mal kracht es am Tag im Südwesten, 35 Mal in der Stunde. Die Verkehrsbilanz, die Innenminister Thomas Strobl (CDU) am Dienstag präsentiert, ist gemischt. Die wichtigsten Punkte der Statistik:
Weniger Schwerverletzte und mehr Tote
Nie wurden weniger Schwerverletzte im Straßenverkehr im Südwesten verzeichnet als im vergangenen Jahr. Das teilte das Innenministerium am Dienstag mit und verwies mit 6143 Fällen auf die niedrigste Zahl seit Einführung der Verkehrsunfallstatistik vor 70 Jahren. Dafür ist die Zahl der Unfälle im Jahr 2023 gestiegen - ebenso wie die Zahl der Verkehrstoten. Auf den Straßen Baden-Württembergs sind nicht nur mehr Autofahrer (+16,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahr), sondern auch mehr Motorradfahrer (+10,6 Prozent) und Fußgänger (+13 Prozent) ums Leben gekommen. "Bei den Getöteten sind wir in der langfristigen Entwicklung zwar auf einem guten Weg, im letzten Jahr mussten wir hier aber leider einen leichten Anstieg verzeichnen, was uns darin bestärkt: Wir dürfen in unseren Anstrengungen nicht nachlassen", betonte Innenminister Strobl.
Biker und Radler
4644 Motorradunfälle verzeichnete die Polizei im vergangenen Jahr, rund zwei Prozent mehr als im Vorjahr. 73 Biker kamen ums Leben, sieben mehr als 2022. 60 Prozent der Verkehrsunfälle mit Personenschaden hätten die Bikerinnen und Biker selbst verursacht, so das Innenministerium. Unter den Radfahrern gab es nicht nur weniger Schwerverletzte, sondern auch weniger Tote, ihre Zahl sank von 75 auf 62. Von den Getöteten waren 27 mit einem Pedelec unterwegs. 24 Radler verunglückten ohne Fremdbeteiligung. Über 80 Prozent der tödlichen Verkehrsunfälle hätten die Fahrradfahrerinnen und -fahrer selbst verursacht.
Mehr E-Scooter - deutlich mehr E-Scooter-Unfälle
Immer mehr Menschen nutzen E-Scooter - folglich bauen auch immer mehr Menschen damit Unfälle. Roller waren 2023 in 1098 Verkehrsunfälle verwickelt, knapp 23 Prozent mehr als im Vorjahr. Drei Menschen starben bei diesen Unfällen.
Die Ursachen der Unfälle
Vor allem kracht es im Südwesten, weil die Verkehrsteilnehmer zu schnell unterwegs seien, so Strobl. 152 Menschen seien deshalb im vergangenen Jahr auf den Straßen ums Leben gekommen. 35 Menschen starben, weil Alkohol oder Drogen im Spiel waren. Strobl warnte auch vor einer wachsenden Zahl an Unfällen wegen der bevorstehenden Legalisierung von Cannabis.
Strobl ruft zum Eigenschutz auf
Knapp ein Drittel der 2023 Getöteten, die einen Gurt hätten tragen müssen, hatten den Sicherheitsgurt nicht ordnungsgemäß angelegt. Über 60 Prozent der getöteten Radfahrerinnen und Radfahrer trugen der Statistik zufolge keinen Fahrradhelm. Strobl rief daher am Dienstag zum Eigenschutz auf. "Keine Frisur, kein knitterfreies Hemd ist einen solchen Schicksalsschlag wert", sagte er.
Erfolgreiche Politik? Die Gesamtbilanz des Ministers
Minister Strobl sieht das Land mit Blick auf die Unfallzahlen auf einem guten Weg. Er erinnert an die "Vision Zero" - das Land will bis 2030 die Zahl der Verletzten und Toten deutlich reduziert haben. Danach gefragt, wie er die eher positive Bewertung der Bilanz mit einer steigenden Zahl an Unfällen und Unfalltoten im vergangenen Jahr überein bringt, verweist Strobl auf die langen Linien. Sein Argument: Früher war alles viel schlimmer. In Baden-Württemberg habe es einst acht Verkehrstote am Tag gegeben, nun sei es noch einer, so Strobl.
Langfristig entwickelten sich die Zahlen in die richtige Richtung, so Strobl - auch wenn es immer wieder Ausreißer im positiven und negativen Sinne gebe. Die steigende Unfallzahl im vergangenen Jahr könne auch damit zusammenhängen, dass das Verkehrsaufkommen nach der Pandemie wieder deutlich zugelegt habe.
- Nachrichtenagentur dpa