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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Nach Messerangriff an Grundschule Esslinger sind schockiert – und kritisieren die Stadt
Der Messerangriff an der Katharinenschule in Esslingen schockiert die ganze Stadt. Anwohner sind tief betroffen und Mütter überlegen, ihre Kinder von der Schule zu nehmen. Die Stadtverwaltung will jedoch erst mal abwarten.
Zwei Müttern aus Esslingen steht an diesem Freitagmittag der Schock ins Gesicht geschrieben. Mit zwei Kinderwagen stehen sie auf einem Gehweg und beobachten das Treiben hinter den Zäunen auf der anderen Straßenseite. Mehr als ein Dutzend Polizisten tummelt sich dort, sie durchsuchen die Hecke und das Gebäude – eine Grundschule. Wenige Stunden zuvor hat dort ein Mann eine 61-jährige Erzieherin und ein Schulkind angegriffen und mit einem Messer verletzt. Esslingen am Neckar liegt nur wenige Kilometer von Stuttgart entfernt.
Drei Kinder der beiden Frauen gehen ebenfalls auf die Katharinenschule in Esslingen, sie selbst wohnen nur wenige Meter entfernt. "Schlimm ist das, sehr schlimm", sagt eine der beiden. Ihre Namen wollen sie lieber nicht nennen. "Aber ganz ehrlich, das überrascht mich nicht", fährt sie fort. Dann erzählt sie von Trinkgelagen am Abend und regelmäßigen Prügeleien unter den Schülern – in den Pausen, auf dem Schulhof. Die Katharinenschule sei eine Problemschule, finden sie.
Die beiden Frauen haben jetzt große Angst. "Ich weiß gerade nicht, ob ich mein Kind noch auf diese Schule schicken möchte", sagt die eine Frau und ihre Freundin stimmt ihr mit heftigem Kopfschütteln zu. Von der Stadt fordern sie ein besseres Sicherheitskonzept, "mit Videoüberwachung, wie in Amerika".
Esslinger Stadtverwaltung will Ermittlungen abwarten
Für Nicole Amolsch, Pressesprecherin der Stadt Esslingen, kommen derlei Forderungen noch zu früh: "Wir sind alle sehr betroffen und in Gedanken bei den Verletzten und ihren Angehörigen, auch unser Oberbürgermeister Matthias Klopfer", sagt sie. Zur aktuellen Situation will sie aber noch nichts Genaueres sagen. "Wir sind erst einmal froh, dass keine Lebensgefahr besteht."
Auf mögliche Sicherheitsvorkehrungen angesprochen, sagt sie, dass man zunächst einmal abwarten müsse, was die genauen Hintergründe der Tat seien. Den Wunsch der Mütter nach mehr Maßnahmen könne sie zwar verstehen, gleichzeitig gebe es jedoch klare gesetzliche Vorgaben. Weitere Informationen will sie erst in der kommenden Woche bekannt geben. "Wir schauen uns das sehr genau an", sagt sie. Zuallererst solle jedoch die Polizei ihre Arbeit machen und die Tat aufklären.
Seniorin fassungslos: "Erst Berlin und jetzt hier"
Fassungslos ist auch eine 90-jährige Seniorin, die wenig später an den Tatort kommt und von den Umstehenden wissen will, was dort passiert sei, "ob das mit dem Angriff stimmt". Sie wohnt nur wenige Meter entfernt, kommt täglich beim Spazierengehen an der Schule vorbei, erzählt sie. So auch heute.
Die vielen Einsatzkräfte und Polizeifahrzeuge haben die Anwohnerin neugierig gemacht. Als ihr der bis dato bekannte Tathergang geschildert wird, schüttelt sie nur fassungslos den Kopf. "Erst in Berlin und jetzt hier bei uns. Hier in Esslingen!", sagt sie entsetzt. Auch sie hat jetzt große Angst; auch sie fühlt sich nicht mehr sicher.
Teenager beobachten Polizei bei der Arbeit
Für zwei Teeanger scheint es dagegen eher ein Abenteuer zu sein. Mit ihren Fahrrädern fahren sie die Umgebung ab. Lauschen den Aussagen des Polizeisprechers gegenüber den Journalisten. Beobachten die Suchtrupps auf ihren Streifzügen durch die Innenstadt und schauen der Kriminaltechnik bei der Spurensicherung zu.
Der Ältere der beiden erzählt, dass er bis vor fünf Jahren auch auf der Schule gewesen sei. Ihm habe es dort immer gefallen, verrät er. Probleme habe es natürlich auch ab und an gegeben, "aber nicht solche". Laut eigener Aussage ist er bei der Jugendfeuerwehr. Vielleicht auch deshalb interessiert ihn das ganze Drumherum so sehr. "Außerdem sind gerade ja Ferien."
Die Polizei hat inzwischen die Tatwaffe gefunden und alle Spuren rund um den Tatort und die Schule gesichert. Die Kriminaltechnik hat ihre Arbeit erledigt, die Beamten ziehen langsam ab – und mit ihnen auch die beiden Jungs und viele weitere Schaulustige. Das Entsetzen jedoch bleibt.
- Recherche vor Ort
- Telefoninterview mit der Pressestelle der Stadt Esslingen am Neckar