Mainz Sieben Stunden Betreuung und Sozialarbeit: Kita-Gesetz
Ein Rechtsanspruch auf sieben Stunden Betreuung samt Mittagessen, ein extra Budget für Sozialarbeit und mehr Mitwirkungsmöglichkeiten für Eltern mit dem neuen Kita-Beirat: Das sind drei Schwerpunkte des neuen Kita-Gesetzes in Rheinland-Pfalz, das an diesem Donnerstag vollständig in Kraft tritt. Für die Kita-Träger - Städte und Landkreise, Kirchen und Wohlfahrtsverbände - gibt es ein neues System zur Personalberechnung mit landesweit einheitlichen und transparenten Standards. Ein webbasiertes Monitoringsystem soll die Verwaltung erleichtern.
"Wir haben nicht die Erwartung, das am Donnerstag in allen 2650 Kitas alle Anforderungen umgesetzt und alle Regeln erfüllt sind", sagte Bildungsministerin Stefanie Hubig (SPD) am Montag in Mainz. "Viele sind schon da, wo sie sein sollen." Wo notwendig gebe es aber lange Übergangsfristen, beim Mittagessen sogar bis 2028. Die Gewerkschaft GEW befürchtet dagegen "deutliche Probleme bei der Umsetzung des neuen Kita-Gesetzes" und will sich dazu an diesem Mittwoch äußern - einen Tag vor Inkrafttreten des Gesetzes, das seinen 30 Jahre alten Vorgänger ablöst.
Alle Kitas müssen dafür bis 30. Juni eine neue Betriebserlaubnis beantragen, eine einstellige Prozentzahl habe dies noch nicht gemacht, sagte der Präsident des Landesamts für Soziales, Jugend und Versorgung, Detlef Placzek.
Hubig und Placzek rechnen landesweit mit mehr Personal, wenn das Gesetz umgesetzt wird. Wichtig seien landesweit einheitliche Standards, sagte Hubig. Noch 2019 habe es deutliche Unterschiede gegeben, von einer Fachkraft auf 11,5 Kinder in Pirmasens und 6,6 Kindern im Kreis Germersheim. Nach Einschätzung der CDU-Landtagsfraktion stehen künftig zahlreiche Einrichtungen mit beim Personalschlüssel schlechter da als vorher.
Da Erzieherinnen und Erzieher nicht überall leicht zu finden sind, könnten auch bis zu 30 Prozent andere Fachkräfte in den Kitas arbeiten, um den Übergang zu erleichtern. Musiker und Schreiner nannte die Ministerin als Beispiele für sogenannte multipfrofessionelle Teams. Hauswirtschaftskräfte könnten etwa beim Tisch decken und abräumen helfen, ergänzte der Vorsitzende des Landeselternausschusses Andreas Winheller.
Um mehr Erzieher zu gewinnen, plant Hubig eine Fachkräfte-Offensive. Die Deckelung von nur einem Azubi pro Einrichtung falle zudem weg, und es gebe extra Zeit für die Kitaleitungen, um Azubis und Studierende anzuleiten. Die Personalberechnung orientiert sich jetzt nicht mehr an Gruppen, sondern an Plätzen, wobei drei Alterskategorien unterschieden werden: unter zwei Jahren, zwei Jahre bis Schuleintritt und Schulkinder bis 14 Jahren. Die angekündigte Offensive kommt nach Ansicht der CDU-Landtagsfraktion viel zu spät.
Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf und der wachsende Bedarf nach Ganztagsbetreuung würden mit dem Gesetz unterstützt, sagte der Sozialdezernent der Stadt Mainz, Eckart Lensch (SPD). Die Elternbeteiligung werde gestärkt und die Trägervielfalt der Einrichtungen erhalten.
"Das Gesetz schafft endlich Transparenz und nachvollziehbare klare Strukturen", lobte Elternvertreter Winnheller. "Es darf nicht vom Verhandlungsgeschick einzelner Träger abhängen, wo es zusätzliches Personal gibt." Die Verantwortlichkeiten seien jetzt klar geregelt. Das Geld für die Einrichtung von Küchen - 13,5 Millionen Euro plus 48 Millionen Euro Investitionen in die Einrichtungen - reiche zwar nicht, sei aber eben auch nur der Landeszuschuss.
Winnheller lobte auch das sogenannte Sozialraumbudget, das nicht nach dem Gießkannenprinzip, sondern nach inhaltlich nachvollziehbaren Kriterien vergeben werden müsse - und zwar an die Kitas, die es am dringendsten brauchten. Das Budget bemisst sich an der Zahl der Kinder aus Hartz-IV-Haushalten und der unter Siebenjährigen. Es Budget beträgt zunächst 50 Millionen Euro und steigt jährlich um 2,5 Prozent.