Wie geht es in dem Fall jetzt weiter? Sängerin Stehfest vergewaltigt – verurteilter Täter offenbar abgetaucht
Max H. wurde als Vergewaltiger von Edith Stehfest verurteilt. Aber obwohl er nicht zur Berufungsverhandlung auftauchte und die Justiz keine Ahnung hat, wo er sich befindet, wird er nicht per Haftbefehl gesucht. Warum nicht?
Das Amtsgericht Leipzig war im vergangenen Dezember überzeugt: Vor neun Jahren hat Max H. die damals 17-jährige Edith Stehfest mit K.o.-Tropfen betäubt und vergewaltigt. Die Richterin verurteilte den Mann zu drei Jahren und vier Monaten Gefängnis.
Doch seine Strafe hat er noch immer nicht angetreten. Er legte Berufung ein, am 18. Oktober sollte darum eigentlich am Landgericht Leipzig neu verhandelt werden. Max H. blieb dem Termin allerdings unentschuldigt fern.
Nicht einmal sein Anwalt konnte sagen, wo sich sein Mandant aufhält. Und auch aktuell weiß die Justiz nicht, wo der Beschuldigte steckt. Einen Haftbefehl gegen ihn gibt es trotzdem nicht.
Landgericht Leipzig: Sprecherin erklärt, warum H. nicht per Haftbefehl gesucht wird
Richterin Katrin Seidel, Sprecherin am Landgericht, erklärt t-online die Zusammenhänge und das weitere Prozedere: Zwar sei nach dem unentschuldigten Fernbleiben H.s Berufung verworfen worden, aber er habe noch immer Zeit, dagegen Rechtsmittel einzulegen. Ab erfolgter Zustellung der Entscheidung blieben ihm dazu sieben Tage – und die seien im Moment noch nicht abgelaufen.
Die Frist wird Angeklagten eingeräumt, weil es denkbar ist, dass sie eine Verhandlung unentschuldigt verpassen, ohne etwas dafür zu können. Zum Beispiel wegen eines Unfalls, von dem das Gericht nichts weiß.
So geht es jetzt in dem Fall weiter
Laufen die sieben Tage im konkreten Fall ab, ohne dass H. reagiert, gebe es zwei Möglichkeiten, erklärt Richterin Seidel: Entweder die Staatsanwaltschaft widerruft die Berufung, die sie ihrerseits eingelegt hatte. Dann würde das Urteil des Amtsgerichtes rechtskräftig.
Oder die Staatsanwaltschaft besteht weiter auf Berufung, um eine noch höhere Strafe zu erreichen. In diesem Fall müsste neu verhandelt werden.
Es würde ein neuer Termin festgelegt – und wenn der Beschuldigte auch zu diesem nicht erschiene, könnte versucht werden, ihn noch am selben Tag polizeilich vorführen zu lassen. Alternativ wäre auch ein Ungehorsamshaftbefehl möglich, um den Prozess zu einem späteren Zeitpunkt zu erzwingen.
Aber auch nach einem Urteil am Landgericht wäre der Fall nicht zwangsläufig abgeschlossen: H. stünde immer noch frei, Revision einzulegen. Das Oberlandesgericht Dresden müsste dann das Urteil auf mögliche Rechts- oder Sachfehler prüfen. Dies allerdings ohne erneute Beweisaufnahme.
Nach rechtskräftiger Verurteilung: Haftantritt
Ins Gefängnis käme H. erst nach einer rechtskräftigen Verurteilung. Die Staatsanwaltschaft würde ihm dann zeitnah eine Ladung zum baldigen Strafantritt schicken. Wahrscheinlich ginge es für H., der bisher noch nie im Gefängnis war, in die JVA Waldheim.
Landgericht-Sprecherin Katrin Seidel: "Dort sollte er besser zum angegebenen Termin erscheinen. Ansonsten wird ein Vollstreckungshaftbefehl erlassen. Und dann wird es schwierig, wenn er später vorzeitig auf Bewährung raus will."
Die Vorgeschichte: Täter hatte den Missbrauch gefilmt
Stehfest war 2012 in der Badewanne ihres Bekannten Max H. zu sich gekommen, wie mehrere Medien berichteten. Der Drogendealer duschte sie in seiner Leipziger Wohnung ab und schrie sie dabei an. Sie hatte keine Ahnung, warum sie keine Unterwäsche trug. Ihre Erinnerung an die vergangenen Stunden war wie ausgelöscht.
Erst als die Polizei der Sängerin Jahre später ein Video zeigte, wurde ihr klar, was in der Zeit ihrer Bewusstlosigkeit passiert sein musste. Die Beamten spielten ihr einen Clip vor, der sich zusammen mit Kinderpornografie auf einem USB-Stick von H. befand – und der nur durch eine Verwechselung in die Hände einer Krankenschwester gelangt war, die sich daraufhin an die Polizei wandte.
In dem Video hatte der Täter selbst den Missbrauch an Edith Stehfest gefilmt. Ende 2020 räumte H. seine Taten vor Gericht weitgehend ein.
Der Mann von Edith Stehfest, der ehemalige "Gute Zeiten, schlechte Zeiten"-Schauspieler Eric Stehfest, zeigte sich Mitte Oktober nach dem Berufungstermin, zu dem der Angeklagte nicht erschien, überzeugt: "Er wird seine Strafe bekommen."
- Telefonat mit Landgericht-Sprecherin Katrin Seidel
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