Leipzig Hochspannung vor Gerichtsentscheidung über Ostseetunnel
Mit gespannten Erwartungen blicken Politik, Wirtschaft und Naturschützer in Norddeutschland nach Leipzig: Dort entscheidet das Bundesverwaltungsgericht am Dienstag über den geplanten Bau eines Ostseetunnels von Fehmarn zur dänischen Insel Lolland. Das vom Königreich massiv vorangetriebene Milliardenprojekt wurde unter anderem von Naturschützern beklagt. Mit einem generellen Aus für den Tunnelbau rechnen offenkundig auch die Gegner nicht.
Die Richter in Leipzig hatten seit dem 22. September fünf Tage lang über die Klagen des Naturschutzbundes Nabu, des Aktionsbündnisses gegen eine feste Fehmarnbeltquerung und mehrerer Fährunternehmen (Az.: BVerwG 9 A 7.19 u.a.) verhandelt. Die Gegner zweifeln die Verkehrsprognosen für den Auto- und Eisenbahntunnel an und fürchten gravierende Umweltauswirkungen, zum Beispiel auf Riffe in der Meerenge und auf Schweinswale.
Der geplante 18 Kilometer lange Absenktunnel ist eines der größten Verkehrsvorhaben in Europa. Dänemark wird ihn auf eigene Kosten von geschätzt 7,1 Milliarden Euro planen, bauen und betreiben. Für die Kosten der Straßen- und Schienenanbindung auf deutscher Seite in Höhe von 3,5 Milliarden Euro (inklusive Risikopuffer von 1,1 Milliarden Euro) muss die Bundesrepublik aufkommen. Mehrere Gemeinden verlangen einen besseren Lärmschutz. In Dänemark besteht seit 2015 Baurecht.
Schleswig-Holsteins Verkehrsminister Bernd Buchholz (FDP) sagte der Deutschen Presse-Agentur mit Blick auf die Entscheidung, er gehe nach dem Verlauf der Verhandlung davon aus, dass das Gericht dem Projekt keine unüberwindbaren Hürden in den Weg legen wird. Er erwarte aber, dass die Richter den Planern in einzelnen Fragen Hausaufgaben mitgeben werden, die diese hoffentlich in überschaubarer Zeit abarbeiten können. Ziel sei ein möglichst baldiges Baurecht.
Aus Sicht des Nabu seien viele Fragen unter anderem zur Lärmbelastung für Schweinswale und zu den Riffen im Belt in der Verhandlung unzureichend beantwortet geblieben, sagte Sprecher Malte Siegert. Defizite in der Planung müssten aufgearbeitet werden. Offen geblieben sei auch die Frage, inwieweit die Prognosen der dänischen Planungsgesellschaft für den Straßenverkehr differenziert genug sind.
"Die norddeutsche Wirtschaft erwartet von dem Urteil einen klaren Fahrplan für eine zügige Realisierung des Jahrhundertprojektes", sagte der Präsident der Unternehmensverbände in Hamburg und Schleswig-Holstein, Uli Wachholtz. "Mit Abschluss der Verfahren sind dann sämtliche Einwendungen aller Betroffenen angemessen berücksichtigt und entschieden worden, sodass es in der Region wieder um die Sache gehen kann." Die Vorteile der festen Querung würden deutlich überwiegen, sagte Wachholtz.