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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Wirtschaftsminister in Leipzig Habeck knetet Brot und gibt düstere Prognose ab
Wirtschaftsminister Robert Habeck ist auf Tour. In Leipzig geht es zum Auftakt um die Lage des Handwerks – inklusive Teig kneten.
Die Leipziger "Handwerksmesse" ist seit je her einer der wichtigsten Treffpunkte für das herstellende Gewerbe im Osten. Sie gilt als Gradmesser für die Stimmung in der Wirtschaft. In diesem Jahr hatte sich für die Podiumsdiskussion des handwerkpolitischen Forums Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck angekündigt. Für den Grünenpolitiker wahrlich kein leichter Gang. Als er gegen 14 Uhr in der Messehalle 5 ankam, wurde er nicht nur mit Applaus begrüßt. Vereinzelt waren Buh-Rufe in der Halle zu hören.
Neben Wirtschaftsminister Habeck saßen der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer, Jochen Schulte (Staatssekretär im Wirtschaftsministerium Mecklenburg-Vorpommern) sowie Jörg Dittrich (Chef des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks) und Luisa Kynast (Geschäftsführerin eines mittelständischen Unternehmens) auf dem Podium.
Kretschmer stellt kein gutes Zeugnis aus
Michael Kretschmer gab der Situation des Handwerks im Osten kein gutes Zeugnis. Gegenüber des Bundeswirtschaftsministers meinte er, man solle Gesetze und Verordnungen wie das deutsche Lieferkettengesetz auf den Prüfstand stellen und Bürokratie abbauen. Dafür erntete er Applaus.
Dem entgegnete Habeck, dass Kretschmer ebenso Teil des Staates sei. Ein ständiges Fordern nach Gesetzeslockerungen würde das Problem nicht lösen. Viele Dinge seien nicht erst seit 2023 auf dem Tisch. Sie seien in den vergangenen 30 Jahren schlicht übergangen worden, weil Energie und Rohstoffe günstig waren. Kretschmer zeigte sich wenig begeistert.
Gerade Kynast machte ihrem Unmut Luft. Sie fragte Kretschmer mehrfach, wieso es beispielsweise in jedem Bundesland eigene Bauvorschriften gäbe und keine einheitliche Bundesregelung. Der Ministerpräsident zeigte sich hier wenig souverän und versuchte ausweichend zu antworten.
Wirtschaftswachstum wird gesenkt
Moderator Robert Burdy führte durch die Veranstaltung und fragte Wirtschaftsminister Habeck, ob in der aktuellen Zeit nicht lieber Pragmatismus als Glaubenskriege an erster Stelle stehen sollte. Habeck gab anschließend einen Einblick in seine Arbeit. "Es kann sich in Deutschland nur etwas bewegen, wenn wir alle ein Stück weit von unseren Komfortplätzen wegkommen", berichtete er.
Ganz nebenbei gab Habeck bekannt, dass in der kommenden Woche der Wirtschaftsbericht für das Jahr 2023 vorgestellt wird. Dabei wird das erwartete Wirtschaftswachstum von 0,7 % auf 0,2 % gesenkt werden müssen. Grund hierfür ist das Haushaltsdefizit. "Das ist eine wahrlich schlechte Lage", sagte Habeck. Dennoch warb er dafür, dass das Handwerk nach vorn schauen müsse.
Habeck knetet Brotteig auf der Messe
Nach der Podiumsdiskussion ging es für den Minister über die Handwerksmesse. So bekam er bei einem örtlichen Bäckerbetrieb einen Kurs im Brotteig kneten. Bei einem metallverarbeitenden Betrieb gab es zudem Nachhilfe im Kupfer löten.
Am Abend ist der Minister bei einer Podiumsdiskussion der Leipziger Volkszeitung zu Gast. Vor dem Gebäude der Zeitung war im Vorfeld eine Demonstration mit bis zu 150 Personen angemeldet. Schlussendlich versammelten sich etwa 30 Personen.
- Reporter vor Ort