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Leipzig: Mussten Schüler verpflichtend an Klima-Streik teilnehmen?


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Projekt an Gymnasium
Wieso Schüler in Leipzig zur Klimastreik-Demo mussten


17.09.2023Lesedauer: 3 Min.
Klimastreik: Fridays for Future bejubelten bei der Demo in Leipzig mehr als 5.000 Teilnehmer. Nicht alle nahmen aber aus Überzeugung teil.Vergrößern des Bildes
Klimastreik: Fridays for Future bejubelten bei der Demo in Leipzig mehr als 5.000 Teilnehmer. Nicht alle nahmen aus Überzeugung teil. (Quelle: Screenshot Twitter/FFFLeipzig)
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Ein Leipziger Gymnasium verdonnert seine Schüler zur Teilnahme an der "Fridays for Future"-Demo? Ein im Netz verbreiteter Elternbrief suggeriert das – und ist dafür manipuliert worden.

Es muss rege Diskussionen gegeben haben am 11. September beim Elternabend einer 10. Klasse der Leipziger Gerda-Taro-Schule. "Wie in der DDR", sei das gewesen – Schüler, die zum Demonstrieren geschickt wurden, beklagte ein Vater. Der überwunden geglaubte Sozialismus halte nun im grünen Gleichschritt Einzug in die Schulen. Denn die Klasse ging am Freitag zum "Globalen Klimastreik" von "Fridays for Future".

Wenn bislang die Frage war, ob Schüler in der Unterrichtszeit zu Demonstrationen dürfen, geht es hier darum, ob sie mussten. Unter den nach Veranstalterangaben 5.000 Teilnehmern waren Schülerinnen und Schüler eines Gymnasiums, für die die Teilnahme beim Demozug dem Anschein nach Pflicht war. Der Schulleiter stellt das jedoch anders dar.

Was der verantwortliche Lehrer bei dem Elternabend zu der Demoteilnahme austeilte, zieht seit dem Wochenende große Kreise. Der Elternbrief wird verbreitet, und das offensichtlich, um gezielt Stimmung zu machen. Das beginnt bereits damit, dass Teile geschwärzt sind, die die Information in etwas anderes Licht rücken. t-online liegt der gesamte Brief vor. In dem im Netz kursierenden Schreiben fehlt zunächst die Information, dass er sich nur an die Eltern einer Klasse richtet und es gar nicht um die ganze Gerda-Taro-Schule ging.

Gerda-Taro-Schule: Projekttag zum Thema Nachhaltigkeit

Für neuntes und zehntes Schuljahr stand ein Projekttag zum Thema Nachhaltigkeit an. Eine zehnte Klasse hatte sich dabei "mehrheitlich für eine Teilnahme an der Demonstration 'Globaler Klimastreik' des Bündnisses 'Fridays for Future Leipzig' entschieden". Wer immer den Elternbrief weiterverbreitet hat, hat diese Information vorher unkenntlich gemacht.

t-online liegt auch das Abstimmungsergebnis vor: Alternativ waren Exkursionen zu einer Reparaturwerkstatt, einer Mülldeponie, einem Auwald-Erlebnispfad oder mit dem Fahrrad zum Leipziger Flughafen möglich. Der "Klimastreik" bekam mit einigem Vorsprung die meisten Stimmen.

Aber auch das hätte bedeutet, dass Schüler dieser Klasse zu einer politischen Kundgebung müssen, die nicht dorthin wollen. Nach Besuch von Infoständen und dem Zuhören bei Kundgebungen des Klimabündnisses war die "Teilnahme am Demonstrationszug" explizit verpflichtend vorgesehen.

Beim Elternabend erhitzte das die Gemüter, ein Elternteil soll sogar der verantwortlichen Lehrperson gesagt haben, sie dürfe im Staatsdienst gar nicht teilnehmen. Um sein Kind machte sich die Person aber keine Sorge: Der habe seinen eigenen Kopf. Schulleiter Uwe Schmidt zu t-online: "Wir reden ja hier auch von Zehntklässlern, die lassen sich nicht mal eben überrumpeln. Bei Fünftklässlern hätte man das auch noch einmal anders bewerten müssen."

Aus einer Power-Point-Präsentation des Lehrers geht hervor, dass die verantwortliche Lehrkraft durchaus auch mit kontroversen Meinungen rechnete: Zu den Verhaltensregeln gehörte es auch, andere Demonstrationsteilnehmer nicht zu provozieren. Es gebe keinerlei Verpflichtung, an Sprechchören oder anderen Aktionen während der Demonstration teilzunehmen. In der Präsentation heißt es auch: "Bewahrt eine kritische Distanz!" Von Anfang an habe der verantwortliche Kollege auch eine anschließende kritische Reflexion nach Ende der Demo vorgesehen.

"Anschauung darf nicht übergestülpt werden"

Schmidt dazu: "Uns ist doch sehr bewusst, dass man nach der Teilnahme die Veranstaltung und Eindrücke kritisch reflektieren muss. Es darf keine Anschauung übergestülpt werden." Ein Verbot einer derartigen Indoktrination ist einer der drei Kernpunkte des sogenannten Beutelsbacher Konsenses für politische Bildung. Neben diesem Überwältigungsverbot sind die weiteren Punkte, kontroverse Positionen in Wissenschaft und Politik zu beachten und und Schüler zu befähigen, in politischen Situationen ihre eigenen Interessen zu analysieren.

Nach Darstellung der Schule wurde beim Elternabend auch Bedenken berücksichtigt, dass Jugendliche sich mit der Sache der Demonstration nicht durch ein Mitlaufen am Demozug gemein machen wollten. Das Angebot, das deshalb gemacht worden sei: Wer nicht beim "Klimastreik" dabei sein wolle, könne stattdessen mit einer anderen Klasse zu einem anderen Projekt oder in der Schule bei den Achtklässlern mitbeschult werden. Davon habe aber niemand Gebrauch gemacht. Vielleicht war eine Beschulung unter völlig fremden Achtklässlern auch keine akzeptable Alternative.

Schüler krank mit Ankündigung

Der Vorschlag entstand möglicherweise auch erst angesichts der Proteste von Eltern: In der vorab vorbereiteten Elterninformation fehlt das Angebot. An dem Abend habe ein Elternteil angekündigt, sein Kind krankzumelden. Tatsächlich fehlten eine Schülerin und ein Schüler am Projekttag entschuldigt, heißt es von der Schule.

Schulleiter Schmidt zufolge hätte es auch die Möglichkeit gegeben, sich noch stärker abzugrenzen. In der Präsentation heißt es: "Wer sich im Lauf der Demonstration mit der Teilnahme unwohl fühle, könne sich bei einer der beiden begleiteten Lehrkräfte melden." Schmidt: "Man hätte dann eine Lösung finden können." Die Schüler dagegen bei dem Projekttag bei Beginn der Demo heimgehen zu lassen, sei wegen Aufsichtspflicht und Versicherungsfragen nicht möglich gewesen.

Verwendete Quellen
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